Julian Nagelsmann stärkt Konkurrenz: Droht Manuel Neuer vom FC Bayern nun das Kahn-Schicksal?
München – Beim 4:0 des FC Bayern im DFB-Pokal am Dienstagabend gab es viele Lichtblicke. Für einen weiteren sorgte Christoph Freund nach der Partie: "Es ist nicht mehr weit. Es kann sich nur noch um Tage handeln", hielt der Sportdirektor fest, als er auf ein Comeback von Manuel Neuer angesprochen wurde. Bereits nächste Woche erwartet der Österreicher den Keeper zurück im Training.
Am 10. Dezember des vergangenen Jahres verkündete Neuer die Schock-Nachricht mit einem Bild von sich aus dem Krankenhaus, das rechte Bein dick eingegipst. Seitdem war der eigentliche Kapitän mal näher dran, mal weiter weg vom Team. Über allem schwebten zwischenzeitlich zwei Fragen: Kommt er überhaupt nochmal zurück und wenn ja: In welchem Zustand?
Thomas Tuchel dürfte wieder auf Manuel Neuer setzen – Julian Nagelsmann nicht
Erstere Frage lässt sich inzwischen mit "Ja" beantworten. Neuers Leidenszeit steht vor einem baldigen Ende. Die Zweite ist noch offen. Was Hoffnung macht: Bereits nach seinem Mittelfußbruch im Jahr 2017 fand Neuer zu alter Stärke zurück. Sein zweiter Anlauf könnte jedoch mit wesentlich mehr Geräuschen verbunden sein.
Selbst wenn Thomas Tuchel, in den Fällen von Joshua Kimmich oder Matthijs de Ligt, bewiesen hat, auch vor Führungsspielern nicht zurückzuschrecken, dürfte er höchstwahrscheinlich auf Neuer setzen – als Stammtorhüter wie Kapitän. Sven Ulreich und Neuzugang Daniel Peretz würden sich dann wieder hinter ihm einordnen.
"Wir suchen jemanden, der das Potenzial und die Persönlichkeit hat, Stammtorhüter beim FC Bayern zu sein. Aber auch jemanden, der bereit ist, Manu als Nummer eins zu akzeptieren, wenn er wieder fit ist", betonte Tuchel vor dem Supercup gegen RB Leipzig und der Verpflichtung von Peretz.
Julian Nagelsmann hatte beim FC Bayern Neuer-Spezl Toni Tapalovic abgesägt
Eine andere Situation ergibt sich in der Nationalmannschaft. Seit der Entlassung seines engen Freundes und Torwarttrainers Toni Tapalovic beim FC Bayern ist Neuer überhaupt nicht gut auf seinen ehemaligen Vereinscoach Julian Nagelsmann zu sprechen. Der neue Bundestrainer selbst machte bei seiner Vorstellung vergangene Woche seinerseits auch keine größeren Anstalten, auf Neuer zuzugehen.
"Wir haben das große Glück, nicht nur die beiden (Neuer und ter Stegen; d. Red.) Keeper zu haben, wir haben ja noch ein paar mehr herausragende Torhüter – und damit Zugriff auf Weltklassetorhüter", erklärte Nagelsmann die Neuer-Situation. Bereits vor der vergangenen Länderspielpause betonte ter Stegen, nun Stammtorhüter zu sein. Nagelsmann könnte ihm diese Position auch etwas länger freihalten. Zudem stärkte der 36-Jährige den kürzlich von Hansi Flick ins Kapitänsamt berufenen Ilkay Gündogan.
Jürgen Klinsmann stärkt Oliver Kahn – und ersetzt ihn in der Nationalmannschaft dennoch
Klingt alles nicht zwingend nach einem Sommermärchen für Neuer. Richtiges Stichwort. Vor der WM 2006 ergab sich eine ähnliche Situation mit Oliver Kahn und Jens Lehmann. Bei der WM 2002 sorgte Oliver Kahn mit seinen Paraden fast im Alleingang für den Finaleinzug und wurde, als erster Torhüter überhaupt, zum Spieler des Turniers gewählt.
Zwei Jahre später übernahm Jürgen Klinsmann als Bundestrainer und betonte, noch ein Jahr vor dem Turnier: "Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, Oliver ein langes Leistungstief haben sollte oder eine Verletzung dazwischenkommt, dann hat er die besten Karten zu spielen." Zwar etwas weniger offensichtlich als Nagelsmann nun begann auch Klinsmann an seinem Keeper-Denkmal zu sägen. Sepp Maier wurde als Torwarttrainer durch Andreas Köpke ersetzt und damals schon ein Mittelfeldspieler zum Kapitän gemacht: Michael Ballack.

Natürlich kämpfte der FC Bayern verbissen darum, Kahn die Heim-WM zu ermöglichen. Klinsmann blieb jedoch bei seiner Entscheidung pro Jens Lehmann. Ausraster oder dergleichen gab es vom temperamentvollen Kahn nicht. Stattdessen stellte er sich komplett in den Dienst der Mannschaft. Sinnbildlich dafür sein Spickzettel für den eigentlichen Erzrivalen im Tor vor dem Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Argentinien (5:3 n.E.).
Beim FC Bayern durfte Kahn noch zwei Jahre weitermachen. 2008 verabschiedete er sich unter Ottmar Hitzfeld mit dem Double. Drei Jahre später begann die Ära von Manuel Neuer. Im Alter von mittlerweile 37 Jahren könnte diese – wie schon bei Oliver Kahn – zu einem jähen Ende führen.