"Intern wird bestimmt diskutiert": Wird Lazio Rom zum Endspiel für Thomas Tuchel beim FC Bayern?
München - Touristen fragen sich vor einer Reise nach Rom: Kann man im Tiber baden? Nun ja, nicht zu empfehlen. Das Ufer ist meist dreckig, teils gar verwahrlost, die Wasserqualität miserabel. Einen Vergleich mit der Isar hält der Tiber nicht stand...
FC-Bayern-Sportboss Christoph Freund über Tuchel: "Thomas zweifelt nicht an seiner Arbeit"
Und damit zu Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Kann er am Tiber baden gehen? Werden die Münchner am Mittwoch im Achtelfinalfinal-Hinspiel der Champions League von Lazio Rom (21 Uhr, DAZN und im AZ-Liveticker) nassgemacht, wird es noch unruhiger an der Säbener Straße.
Das deftige 0:3 vom Samstag bei Tabellenführer Bayer Leverkusen war schon mehr eine eiskalte Dusche. Zeigte sich Tuchel nach seinem allerersten Champions-League-Spiel als Bayern-Trainer im April letzten Jahres trotz des 0:3 im Viertelfinal-Hinspiel bei Manchester City noch "schockverliebt" in seine neue Mannschaft, ist die Stimmung rund um den 50-Jährigen aktuell eher schockgefrostet.
Für Sky-Experte und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, wäre es kein "Wunder", wenn Tuchels Job in Gefahr geriete. Denn, so Matthäus, der gute Drähte in den Säbener-Kosmos hat: "Intern wird bestimmt diskutiert. Muss es sogar. Alles andere wäre nicht Bayern-like." Den Spekulationen setzte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen folgenden Satz entgegen: "An der Trainerfrage ändert sich gar nichts."
Auch von Sportdirektor Christoph Freund gab es vor dem Abflug nach Rom Rückendeckung: "Thomas zweifelt nicht an seiner Arbeit. Er hatte schon viele Momente in seiner Karriere, wo man es gemeinsam mit der Mannschaft nicht so umgesetzt bekommen hat, wie man es sich vorgestellt hat. Aber Thomas ist sehr ehrgeizig und versucht, in Lösungen zu denken."
FC Bayern gegen Villareal: Julian Nagelsmanns Viertelfinalpleite als Ursünde
Doch was, wenn die Lösungen nicht greifen? Wird Lazio unter Umständen bereits zu Tuchels Endspiel und letzten Partie im Amt? Nur dann, wenn es unweit des Kolosseums kolossal schiefgeht und die Verantwortlichen keine Hoffnung auf eine Wende im Rückspiel (6. März) sähen. Tuchel gibt sich öffentlich weiterhin tiefenentspannt. In Rom am Dienstagabend sagte er: "Ich spüre keinen wachsenden Druck, das habe ich noch nie anders empfunden. Je stärker die Geräusche werden, desto wichtiger ist es, ruhig zu bleiben." Noch mehr demonstrative Gelassenheit gefällig? "Selbst, wenn Bayern München verliert, geht wieder die Sonne auf – auch wenn man das manchmal nicht glauben mag", sagte Tuchel mit einem deutlichen Schmunzeln.
Trotzdem: Fegen Lazio, den unsteten Tabellenachten der Serie A, Kategorie C in Europa, ist ein Weiterkommen Pflicht – Mindestziel Viertelfinale. So weit war man in den letzten drei Jahren gekommen. 2021 scheiterte Bayern unter Hansi Flick als Titelverteidiger hauchdünn an Paris St.-Germain, 2022 unter Julian Nagelsmann blamabel am FC Villarreal. Das Aus gegen den spanischen Underdog trug er als Makel und Ursünde mit sich herum – bis zu seiner Entlassung im März 2023.

Da die Meisterschaft angesichts von nun fünf Punkten Rückstand auf Leverkusen 13 Spieltage vor Schluss so gut wie weg scheint – und man in Runde zwei im DFB-Pokal bei Drittligist Saarbrücken rausflog, könnte lediglich ein passables Abschneiden in der Königsklasse (Aus im Viertelfinale gegen einen Großen wie City oder Real Madrid bzw. das Erreichen des Halbfinales oder gar mehr) einen sanften Abschied von Tuchel am Saisonende ermöglichen.
Tuchels Vor-Vorgänger Hansi Flick wäre frei
Trotz seines Vertrages bis 2025? Ja. Erstens erscheint fraglich, ob sich die Spannungen mit Spielern wie Joshua Kimmich und Leon Goretzka, deren Führungsrolle im Team Tuchel kritisch sieht, sowie Matthijs de Ligt (trotz ansprechender Leistungen in Leverkusen in der Innenverteidiger-Hierarchie zurückgestuft und auf die Bank gesetzt) beheben lassen. Tuchel habe das Trio, so sein Chefkritiker Didi Hamann, "demontiert". Zuletzt verfestigte sich der Eindruck, dass nahezu jeder in der Kabine am meisten mit sich selbst beschäftigt ist, dadurch als Leader kaum Einfluss aufs Team nehmen kann.
Zweitens, das könnte Tuchels Job kurz- bis mittelfristig retten, wird der Trainermarkt stets von der Frage nach einer Alternative bestimmt. Siehe Tuchels Einstellung vor elf Monaten. Er war frei. "Mir kommt Thomas Tuchel in der Öffentlichkeit zu schlecht weg", sagte Klubpatron Uli Hoeneß der "FAZ". Der Verein brauche da "mehr Kontinuität".
Der letzte Trainer, der mehr als zwei komplette Spielzeiten durchhielt? Pep Guardiola (2013-16). Carlo Ancelotti, Niko Kovac, Flick und Nagelsmann gelang dies allen nicht. Einer aus diesem Quartett wäre Kandidat für eine Rettungsmission im Frühling: Flick, bis September noch Bundestrainer. Der Sieben-Titel-Coach der Jahre 2020/21 wäre frei.