Heftige Kritik nach dem Leverkusen-Debakel: Wird es für Thomas Tuchel beim FC Bayern jetzt eng?
München – Satz mit X(abi)! Der FC Bayern hat ein Wochenende zum Vergessen hinter sich. Beim Münchner Leblos-Auftritt in Leverkusen gab es eine 0:3-Demontage. Seit dem 2:5 im Pokalfinale gegen Jürgen Klopps Dortmunder dürfte der Rekordmeister gegen einen direkten Konkurrenten nicht mehr so hoffnungslos unterlegen gewesen sein.
Aus zwei Zählern Rückstand auf die Tabellenspitze wurden fünf. War die Gefahr groß, die mittlerweile 3.965 Tage andauernde Meisterserie bereits nach dem 33. Spieltag, der 1:3-Heimblamage gegen RB Leipzig in der Vorsaison, beendet zu haben, ist sie aktuell realer denn je. Nur wenig deutet darauf hin, dass irgendeiner der 17 anderen Bundesligisten in der Lage scheint, diese Leverkusener Mannschaft bezwingen zu können. Ganz im Gegenteil: Der Klassenprimus wurde am Samstagabend über 90 Minuten zum Nachhilfeschüler degradiert.
FC Bayern noch in der Champions League aussichtsreich vertreten
Aufgrund seiner Aufstellung und der fragwürdigen Rotation steht nun Thomas Tuchel massiv in der Kritik. "Intern wird bestimmt diskutiert. Muss es sogar. Alles andere wäre nicht Bayern-like", vermutete Lothar Matthäus in seiner "Sky"-Kolumne. Noch zeichnet sich allerdings kein Trainerwechsel ab – aus mehreren Gründen.
Chance in der Champions League: Nach dem Kracher ist vor dem Kracher. Gleich am Mittwochabend geht es für den FC Bayern in der Champions League weiter, mit einem Auswärtsspiel bei Lazio. Dass Tuchel die Königsklasse beherrscht, bewies der Cheftrainer in der Vergangenheit zur Genüge. 2021 führte Tuchel Chelsea wider allen Erwartungen zum Titel und bezwang auf dem Weg dorthin beide Madrider Teams. Im Finale fügte Tuchel Pep Guardiola seine erst zweite Niederlage in einem großen Endspiel zu. Außerdem: Ein Trainer-Wechsel vor dem wichtigen Achtelfinal-Hinspiel birgt wohl noch größerer Gefahren.
Schlechte Erfahrungen der Vorsaison: Die Partie am Samstag endete mit einem Knall. Das 2:1 der Leverkusener gegen den FC Bayern in der vergangenen Spielzeit mit einem noch lauteren. Kurz und trocken trennte sich der Rekordmeister von Julian Nagelsmann, der am Wochenende als Bundestrainer auf der Tribüne saß. "Herbert Hainer wurde als Aufsichtsratsvorsitzender viel zu spät informiert. Und so etwas geht einfach nicht. Am Mittwoch vor der endgültigen Trennung stand Hasan (Salihamidzic, d. Red.) bei mir vor der Tür und hat gesagt: Wir wollen das machen, und eigentlich haben wir das auch schon entschieden", erläuterte Uli Hoeneß die Vorgänge der Trennung in der "Süddeutschen Zeitung".

Durch den kurzfristigen Trainerwechsel bekam eine Saison, in der der FC Bayern noch in allen Wettbewerben aussichtsreich vertreten war, massiv Schlagseite. Tuchel hatte kaum Zeit, die Mannschaft richtig kennenzulernen und adäquat auf die K.o.-Spiele einzustellen. Die Folge: Zweimal das Viertelfinal-Aus, im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg (1:2) sowie international gegen Manchester City (0:3, 1:1). Auch die Meisterschaft war zu großen Teilen ein Geschenk der Dortmunder. Wollen die Münchner ihre Außenseiterchance im Titelrennen noch nutzen und sich auch in der Champions League einigermaßen aussichtsreich positionieren, braucht es in allererster Linie eines...
Uli Hoeneß: Häufige Trainerwechsel beim FC Bayern "grundsätzlich kein gutes Zeichen"
Ruhe und Stabilität: Egal, wen man an der Säbener Straße fragt, ob Hoeneß, Herbert Hainer oder Jan-Christian Dreesen, alle wünschen sich mehr Kontinuität auf der Trainerposition. Pep Guardiola war der letzte Übungsleiter, der nicht nach weniger als zwei Jahren ging oder gegangen wurde. Bayerns letzter Trainer, der seinen Vertrag verlängerte war Ottmar Hitzfeld, zuerst 2003 und später nochmal in seiner zweiten Amtszeit 2007. Jamal Musiala oder Mathys Tel lernten damals gerade erst das Alphabet. Trotz des Desasters in Leverkusen bekam Tuchel Rückendeckung von Hoeneß: "Wir sind ein Verein, der Konstanz will, der Stabilität will", verriet Bayerns Ehrenpräsident der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
"Wenn wir mal länger mit einem Trainer zusammengearbeitet haben, dann war das immer gut: Mit Pep Guardiola, mit Jupp Heynckes, mit Ottmar Hitzfeld, mit Udo Lattek." Bayerns häufige Trainerwechsel seit 2013 seien "grundsätzlich kein gutes Zeichen". Zudem ist längst auch den Bayern-Bossen aufgefallen, dass dieses Team schwer zu führen ist. Trotz der zahlreichen Trainer-Wechsel sind die Probleme seit Jahren dieselben. Der zukünftige Sportvorstand Max Eberl wird den Kader einer genauen Prüfung unterziehen. Ein großer Umbruch im Sommer ist keinesfalls ausgeschlossen.

Mangel an Alternativen: Vergangene Saison konnte der FC Bayern den drastischen Schritt gehen und Nagelsmann vor die Tür setzen, weil mit Tuchel eine passende Alternative auf Topniveau bereitstand und willens war, zu übernehmen. Für Tuchel selbst gibt es jedoch keinen Tuchel. Der Name Hansi Flick wurde laut "Bild" zuletzt diskutiert. Dass dem Coach, der fast auf den Tag genau vor drei Jahren das historische "Sextuple" gewann, an der Säbener Straße alle Türen offen stehen, ist selbsterklärend. Flick selbst unterzog sich jedoch vergangenen Herbst einer Hüft-OP und will angeblich die Zeit bis Sommer zur Erholung mit seiner Familie nutzen.
Danach soll Flick besonders interessiert sein, Nachfolger des scheidenden Xavi in Barcelona zu werden. Oliver Glasner oder José Mourinho gehören zu den weiteren Namen, die zuletzt genannt wurden. Letzterer lerne derzeit sogar Deutsch, berichtet die "Bild".
Heißt es bald in München: "Guten Tag, ich bin 'der Spezielle'"? Wohl eher nicht. Beide, Mourinho und Glasner, dürften im Zweifelsfall kaum als Interimstrainer zur Verfügung stehen. Sollte das Projekt Tuchel doch nicht aufgehen, will es der FC Bayern, wenn dann bei dem Trainer versuchen, der sie vergangenes Wochenende noch demontierte: Xabi Alonso.
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