Hoeneß mit Hass in die Haft: "Ich komme wieder"

Uli Hoeneß sucht bei der Mitgliederversammlung noch einmal die große Bühne. Den Fans verspricht er: „Wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht
zur Ruhe setzen. Das war’s noch nicht!“
München - Es waren zwölf Minuten, also nicht mal eine Pause lang, die es in sich hatten. Kein Pausenfüller, eher Hauptprogramm, auch wenn das Schild vor ihm keinen Namen trug. Zwölf Minuten voller Emotionen: Andacht bis Jubel, Wut und sogar Hass, Hoffnungen wie Drohungen. Nur die Tränen fehlten diesmal – beim vorerst letzten großen Auftritt von Uli Hoeneß beim FC Bayern. Die hat er sich fürs Comeback aufgehoben.
Zwei Minuten vor Beginn der außerordentlichen Mitgliederversammlung kommt er. Okay, findet ja seinetwegen statt. Ulrich Hoeneß, wegen Steuerhinterziehung verurteilt, will kurz vor dem Haftantritt Abschied nehmen. Um 18.58 Uhr sucht Hoeneß noch einmal die große Bühne im Audi Dome, da ist die Zelle von Landsberg noch weit weg. Vorneweg, wie ein Gladiator zieht er ein. „Uuuuliiii", brüllt es aus dem Auditorium, und auch (man ist ja schließlich nicht im Justizpalast): „Du bist der beste Mann!“ Sie singen, zwei lange Minuten, bis Karl Hopfner, der treue Ulianer, die Versammlung eröffnet: „Mir persönlich wäre es lieber gewesen, er würde hier sprechen: Herzlich willkommen, Uli Hoeneß“, sagt der Nachfolger, der später mit nur fünf Gegenstimmen zum Präsidenten gewählt wird. Sein Wahlprogramm: dem Vorgänger den Platz frei halten. „Uli Hoeneß ist Kopf, oft Bauch, stets Herz und immer Seele von Bayern München“, sagt er. Es folgen Medien- und Politikerschelte, der Ruf nach „Menschenwürde“ und dann die Absolution, der Aufruf zum Comeback: „Für die nun folgende schwere Zeit wünschen wir Dir viel Kraft. Du kannst in aller Ruhe entscheiden, was Du danach machen möchtest.“
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Nun liegt der Ball bei Hoeneß. Leicht fällt es ihm, den aufzunehmen, auch wenn er sagt, das werde „nun eine schwere Rede“. Hoeneß beherrscht dieses Spiel, das Seelenstreicheln wie die Attacke. Zu Hopfner: „Deine Worte haben mir gut getan.“ An seine Frau und die Kinder, denen er die Anteile an seiner Firma überschrieben hat („damit ich mit dem Rücken frei ins Gefängnis gehen kann“) gewandt: „Die Familie ist ein Bollwerk. Ich bin unendlich dankbar.“ Und an die Fans: „Ihr seid das dritte Standbein. Ihr seid ein Traum.
Die Welt da draußen aber, die ist ein Alptraum. Zumal für einen schwer belehrbaren Straftäter, der jetzt erklärt, warum er das Urteil angenommen hat und nicht in Revision ging: „Diese Häme! Was da auf mich eingeprasselt ist! Ich hätte das nicht weiter ertragen können!“, klagt er, nicht jammernd, sondern voller Schärfe. „Ich gehe diesen schweren Gang“, sagt er, „und versuche, über meine Gefühle nachzudenken.“ Und dann schreit er sie hinaus: „Ich habe in den letzten Monaten Hass empfunden", er brüllt die vier Buchstaben raus: „HASS!“ Als einer, der sich einst auf der guten Seite wähnen durfte, weiß er: „Hass ist kein guter Ratgeber, kein guter Wegbegleiter.“ Aber: „Was mir und meiner Familie angetan wurde, das ist frevelhaft!“ Mehr noch: „Plötzlich war ich ein Arschloch! Ein Schwein! Einer, der den Leuten das Geld aus der Tasche zieht!“ Dabei, diese Legende pflegt er, will er doch gar nichts verdient haben an seiner Steuerhinterziehung. Hoeneß spricht von drei Millionen Verlust „mit meiner Spekuliererei“ und hält 30 bis 35 Millionen dagegen, „die ich jetzt ans Finanzamt zahlen werde“. Am Ende ist er in seiner Wahrheitsfindung wohl auch noch ein Wohltäter.
Es ist eine ganz eigene Welt, die des FC Bayern, die des Uli Hoeneß. Und so lassen seine Schlussworte die Halle toben vor Begeisterung, gerade weil er sie donnernd ausspricht, auf dass es wie eine Drohung klingt: „Wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen! Das war’s noch nicht!“
Demütig tritt er den Gang nach Landsberg gewiss nicht an. Wie er wohl dereinst zurückkehren wird, aus der JVA in den Audi Dome, wo 2016 die nächste JHV stattfinden wird? Der „Hias“ Hammerl, folkloristisches Mitglied mit angewachsener Tracht, Gams und Kuhglocke, hat’s unter „Wortmeldungen“ ins Protokoll diktiert: „Uli, du kimmst wieda zruck zu uns. 2016 bist wieder unser Präsident. Vergelt's Gott!“ Dem (und auch dem FC Bayern) ist alles zuzutrauen. Und Hoeneß sowieso.