Generation Kimmich unter Druck: Warum die WM 2026 besonders wichtig für die 95er um den Bayern-Star ist
München - Die fantastische Stimmung in den Stadien, die Euphorie allerorten. Die Leichtigkeit, die freudvolle Abwechslung namens Nationalmannschaft. Der 5:1-Kantersieg zum Auftakt gegen die sangeslustigen Schotten. Das Last-Minute-Tor durch Niclas Füllkrug zum 1:1 gegen die Schweiz. Der Blitz- und Donner-Erfolg von Dortmund, das 2:0 gegen Dänemark. Es sind diese Bilder, die den Fans im Rückblick auf die Heim-EM vor dem geistigen Auge erscheinen. Aber nicht nur.
Ebenso dieser hohe Luftstand von Mikel Merion, dem Spanier, der in der 119. Minute wuchtig zum 2:1 gegen das DFB-Team einköpfte. Das späte, tragische Aus im Viertelfinale. Diese Erinnerungen tun weh, samt Phantomschmerzen an der linken Hand als wäre diese von einem Musiala-Schuss getroffen worden.
Nagelsmann mit Ansage nach EM-Aus: Zwei Jahre bis zum Weltmeistertitel
Was noch hängengeblieben ist? Der traurige, trotzige Bundestrainer. Tränen in den Augen, eine Vision im Kopf. "Dass man zwei Jahre warten muss, dass man Weltmeister wird, tut weh", hatte Julian Nagelsmann gesagt. Damals, vor rund zwei Monaten, in der Pressekonferenz nach dem Aus im EM-Viertelfinale. Als die Journalisten erst große Ohren, dann noch größere Augen bekamen, legte Nagelsmann forsch nach: "Was soll ich sagen, dass wir in der Vorrunde ausscheiden? Natürlich wollen wir Weltmeister werden, das will jede Mannschaft." Sagt aber kaum einer. Aus Gründen. Der Erwartungsdruck und so.
Erst Cucurella, dann Kokolores? Das Handspiel und die Aussage sind nicht strafbar. Jeweils Ansichtssache. Beides macht Sinn.
Weg des DFB-Teams: Sieg in der Nations League und dann Weltmeister?
Auf dem Weg zum nächsten Turnier, der WM 2026 in Nordamerika, spielt die Nationalelf als Durchgangsstation die allseits nicht sooo beliebte Nations League. Aber lieber sechs Gruppenspiele gegen drei Gegner (Ungarn, Niederlande, Bosnien-Herzegowina) mit kompetitivem Charakter als nur Freundschaftskicks. Einen Pokal gibt es auch, bei positivem Ausgang den berühmten Flow und eine Menge Selbstvertrauen gratis dazu. Siehe die Argentinier. Erst gewannen sie 2021 ihr kontinentales Turnier, die Copa América, ein Jahr darauf krönten sie sich vollgepumpt mit Stolz und Selbstsicherheit in Katar zum Weltmeister.
Oder siehe die Spanier. "Sie haben zuerst die Nations League gewonnen (im Sommer 2023, die Redaktion) und wurden dann Europameister", betonte der Bundestrainer. Seine Schlussfolgerung: "Jeder Sieg hilft!"
"Keinen mehr dabei im Kader, der Weltmeister geworden ist": Generation Kimmich will einen Titel
Losgetreten werden soll die Serie am besten diesen Samstag in Düsseldorf (20.45 Uhr, ZDF) gegen Ungarn, das man bei der EM im zweiten Gruppenspiel mit 2:0 bezwungen hatte. Der personelle Umbruch nach der Rücktrittswelle mit den Abschieden von Spielmacher Toni Kroos, Kapitän Ilkay Gündogan, Mentalitätsminister Thomas Müller und Torhüter Manuel Neuer braucht eine Initialzündung, einen Startpunkt von etwas Großem.
Ein Titel soll her, der erste seit dem WM-Triumph 2014. Die Erinnerung daran nehmen Neuer, Müller & Kroos in ihre DFB-Rente mit. "Wir haben keinen mehr dabei im Kader, der Weltmeister geworden ist", sagte Joshua Kimmich. Der neue Kapitän stellte fest: "Wir haben noch ein paar Confed-Cup-Sieger dabei. Aber es kann keiner sagen, dass er schon einmal einen Titel für Deutschland gewonnen hat."
"Haben nichts zu verschenken": Kimmich-Generation noch ohne großen Titel im DFB-Dress
2017 holte eine Perspektiv-Mannschaft unter Bundestrainer Joachim Löw in Russland den mittlerweile abgeschafften Pokal, der dem WM-Gastgeber zur Generalprobe diente. Außer Kimmich von damals heute noch im DFB-Kader: die neue Nummer eins, Marc-André ter Stegen, Benjamin Henrichs, Antonio Rüdiger, Emre Can und Sandro Wagner, nun Nagelsmanns Assistent.
Also kam Kimmich zur Titel-Erkenntnis nach dem Motto: Jetzt oder nie! "Jeder, der im Kader ist, sollte dieses Ziel im Hinterkopf haben. Wir wollen jedes Spiel, jede Chance und jeden Titel nutzen und damit in der Nations League anfangen. Wir – und vor allem meine Generation – haben nichts zu verschenken." Einst war mit der Kimmich-Generation vor allem der Jahrgang 1995/96 gemeint. Mit Leon Goretzka, Serge Gnabry, Niklas Süle und Leroy Sané, sortiert von alt nach jung. Bei Bayern haben sie 2020 das Triple geholt, in einem Jahr insgesamt sechs Titel abgeräumt. Doch im DFB-Trikot sind sie (bislang zumindest) die Unvollendeten. Sané fehlt aktuell, weil er sich nach einer Leisten-OP wieder herankämpft. Er dürfte wie der zuletzt formstarke Gnabry im Oktober wieder dabei sein.
Aber Münchens Goretzka und der Dortmunder Süle? Sag' niemals nie.