FC Bayern vor Chelsea: Jetzt! Erst! Recht!
BERLIN In der Niederlage muss man enger zusammenrücken. Zur Not jemanden auf der Rückbank auf den Schoß nehmen. Um 2.25 Uhr am Sonntagmorgen ließen sich die Bayern-Bosse Rummenigge, Hoeneß, Hopfner und Jung vom Fahrservice zurück ins Hotel „Regent” bringen. Ernüchtert, nüchtern. Mit den Gedanken an die Party vor zwei Jahren an selber Stelle. Da hatte man freudetrunken um fünf Uhr früh noch eine Runde Spiegeleier bestellt.
Diesmal verlief der Abend gesünder. Okay, das war der einzige Vorteil der 2:5-Packung, die ihnen die Dortmunder im Pokalfinale verabreicht hatten. Der als große Siegerparty geplante Empfang in der Telekom-Hauptstadtrepräsentanz geriet zur Trauerfeier. Die Verdauung hatte schon vor dem Essen (Beelitzer Stangenspargel, Kalbsrücken, wellige Mini-Kalbsschnitzel, Lachsfilets, Garnelen) begonnen.
Köstlichkeiten zu bitteren Mienen. Alles war misslungen. Die Feier wie die Generalprobe für Chelsea, für das Grande Finale der Saison, das Lebenswerk-Spiel einer Generation am Samstag. Schon im Stadion war das Entsetzen groß. Immer wieder Dortmund. Nicht bloß Angstgegner, ein überlegener Gegner. Und schon wieder kein Gegengift. „Peinlich”, nannte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer die Pleite, „wenn man so spielt wird man die Champions League nicht gewinnen.” Ex-Kapitän Stefan Effenberg meinte ob der BVB-Vorführung am Sky-Mikrofon: „Ich kann's nicht glauben, jetzt wird’s eine Verarschung.” Und: „So kenne ich meinen FC Bayern nicht.”
Vielleicht war Philipp Lahm noch ein wenig schwindlig, als er sagte: „Wir waren über 90 Minuten die bessere Mannschaft.” Wenigstens der Zusatz klang geerdet: „Gegen Chelsea dürfen wir uns solche Fehler nicht erlauben.” Im Spiel wie in der Beurteilung.
Das trichterte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den Spielern mit seiner Bankettrede ins Gewissen: „Ich glaube, dass wir aus diesem Spiel die richtigen Lehren ziehen müssen. Wenn man 2:5 verliert ist das kein Zufall, dann ist das auch nicht Pech. Das war eine Blamage, die wir erlebt haben. Jedes Tor der Dortmunder ist dann wie eine Watschn. Wir müssen uns heute kritisch hinterfragen, und wir müssen am nächsten Samstag sofort korrigieren, was wir uns eingebrockt haben.” Der kleinere der Pötte ist in Dortmunder Hand, der größere, wichtigere wartet – Jetzt! Erst! Recht!
Wäre nicht Chelsea und diese einmalige Chance im „Finale dahoam” – die Tristesse wäre unübertroffen. So regierten Trotz und Hoffnung. „Jetzt kommt ein viel größeres Spiel, da können, da wollen wir erfolgreich sein”, meinte Toni Kroos. Ein Spiel zwischen Himmel und Hölle. Größtmöglicher Triumph oder der landesweite Spott als Vizebayern.
„Ich bin fest davon überzeugt: Wir können das schaffen”, sagte Vizekapitän Bastian Schweinsteiger trotzig und fügte hinzu: „Wenn nicht im eigenen Stadion – wann dann!?!”