FC Bayern: Taktik-Experte erklärt das größte Problem nach Verletzungen

München - "Gestern wurde noch geschrieben, dass unser Kader viel zu groß wäre, und heute sollen wir plötzlich Personalprobleme haben. Hören Sie auf, Ihre Meinung immer innerhalb eines Tages zu ändern", polterte Präsident Uli Hoeneß im Anschluss an den 3:1-Sieg am Samstag gegen Bayer 04 Leverkusen auf die Frage, wie er denn die Lage nach den neuerlichen Verletzungen von Corentin Tolisso (Kreuzband- und Meniskusriss) und Rafinha (Teilabriss des Innenbandes) beim FC Bayern einschätze. "
Dünne Personaldecke beim FC Bayern
Hoeneß meinte weiter: "Unser Kader ist groß genug, wir spielen immerhin mit elf Leuten."
Dass die Personaldecke vor allem auf den Außen mittlerweile bedrohlich dünn wird, lässt sich dennoch nicht abstreiten. In der Defensive sind nur noch David Alaba und Joshua Kimmich übrig, auf den offensiven Außen in Franck Ribéry, Arjen Robben und Serge Gnabry drei durchaus verletzungsanfällige Angreifer.
Fünf Spieler für vier Positionen - viel passieren darf nicht mehr! Doch welche Auswirkungen haben die jüngsten Ausfälle taktisch? (Lesen Sie hier den AZ-Kommentar: Bayern-Treter - Traurig, diese Hilflosigkeit!)
Große Belastung für Ribéry und Robben
Für das eigentliche System des Rekordmeisters stellen die Verletzungen kein größeres Problem dar, meint Constantin Eckner, Taktik-Experte des Fachportals "spielverlagerung.de". "Rafinha, Tolisso und Coman haben bei den Bayern taktisch keine wirklich tragenden Rollen eingenommen, für sie gibt es gute Alternativen", sagt Eckner im Gespräch mit der AZ. Noten für die Roten: Viel Mittelmaß und drei Musterschüler
Eine große Problematik bringt die dünnere Personaldecke dennoch mit sich, erklärt Eckner weiter: "Klar ist natürlich, dass jetzt vor allem auf den Flügeln, sowohl defensiv als auch offensiv, nichts mehr passieren sollte. Das größte Problem ist, dass Arjen Robben und Franck Ribéry jetzt in Abwechslung mit Serge Gnabry bis zur Rückkehr von Coman durchspielen müssen. Das war im Vorfeld der Saison so nicht vorgesehen."
Rächt sich nun der Bernat-Verkauf?
Um einen etwaigen Ausfall eines weiteren Außenverteidigers kompensieren zu können, wurde medial in den vergangenen Tagen über eine Umstellung auf ein System mit Dreierkette spekuliert. Eine Variante, an die der Taktik-Experte jedoch nicht glaubt.
"Bei einem System mit Dreierkette braucht man auf beiden Seiten einen Flügelspieler, der auch defensiv agieren kann. Sollten Alaba oder Kimmich ausfallen, hätten die Bayern auf der jeweiligen Seite keinen Spieler mehr, der diese Voraussetzung erfüllt", erklärt Eckner. Juan Bernat, der eine solche Rolle hätte einnehmen können, wurde am letzten Tag der Transferperiode schließlich an Paris Saint-Germain abgegeben.

Viel mehr glaubt der Analyst daran, dass Bayern-Coach Niko Kovac auch im Falle einer weiteren Verletzung an seinem System festhalten würde. "Das 4-3-3, das Bayern momentan spielt, ist gut auf die Stärken der Spieler zugeschnitten. Ich denke, dass Kovac im Zweifel eher überlegen würde, wen er in diesem Fall aushilfsweise als Außenverteidiger aufstellen könnte, als dass er das System umstellen würde", sagt der Taktik-Experte.
Straffes Programm: Kovac schlägt Alarm
Den Bayern steht nun ein straffes Programm bevor: In den nächsten 19 Tagen stehen sechs weitere Spiele auf dem Programm, darunter der Champions-League-Auftakt in Lissabon (Mittwoch, 21 Uhr, im AZ-Liveticker) und die beiden Top-Spiele gegen den kriselnden FC Schalke sowie das erstarkte Borussia Mönchengladbach.
Mia san wieder weg: Bayern-Abschiede nach nur einem Jahr
Kovac äußerte sich angesichts der anstehenden Aufgaben durchaus besorgt. "Wir haben einen sehr kleinen Kader, jetzt schon zwei Schwerverletzte (Tolisso und Kingsley Coman, Anm. d. Red.) und mit Rafinha einen weiteren Verletzten", sagte der Kroate im Interview mit "Goal" und "Spox" und kündigte an: "Jetzt muss ich zusehen, dass ich die Vielzahl der anstehenden Partien mit einer verminderten Anzahl an Spielern absolviere. Das ist natürlich ärgerlich."
Der Experte sieht den 46-jährigen Trainer indes allemal für diese schwierige Herausforderung gewappnet.
Lesen Sie hier: Das sagen die Experten zur Treter-Debatte beim FC Bayern