FC Bayern München gegen Köln am Samstag

AZ: Herr Bosbach, Sie sitzen im Verwaltungsrat des 1. FC Köln und sind Mitglied des Köln-Fanklubs im Bundestag. Zurzeit muss es als Köln-Fan schön sein, wenn man auf die Tabelle blickt.
WOLFGANG BOSBACH: (lacht) Da haben Sie Recht! Nach einer langen Durststrecke befindet sich der 1. FC Köln endlich wieder dort, wo er früher regelmäßig war – in der Tabelle weit oben. Einige Stunden waren wir sogar Tabellenführer, aber nur, weil wir ein Spiel mehr hatten als der FC Bayern. Realistisch betrachtet, müssen wir allerdings damit rechnen, dass die Tabelle am Saisonende etwas anders aussehen wird als jetzt – mit Ausnahme des Tabellenführers.
Wie ist denn die Stimmung in Köln gerade? Verfrühte Karnevalsstimmung?
So kann man das sagen, wir haben den 11. 11. quasi vorgezogen. Der Kölner neigt ja dazu, von einem Extrem ins andere zu verfallen. Gewinnen wir zweimal hintereinander, träumen wir von der Champions League. Verlieren wir zweimal hintereinander, haben wir schon den nächsten Abstieg vor Augen. Wer schon einmal in unserem Stadion war, der weiß, dass die Vereinshymne nicht nur von einigen Tausend Fans gesungen wird, sondern von knapp 50 000 und das mit großer Inbrunst.
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Auch von Ihnen?
Und ob! Ich leide körperlich, wenn ich bei der Anfahrt im Stau stecke und die Befürchtung habe, den Anpfiff zu verpassen, weil ich dann die Hymne nicht mitsingen kann.
Sind Sie oft im Stadion?
In dieser Saison konnte ich bis jetzt jedes Heimspiel sehen. Ab und zu gelingt es mir sogar, auch zu einem Auswärtsspiel zu fahren.
Seit wann schlägt Ihr Herz für den FC?
Seit Kindesbeinen. Ich habe ja noch Hans Schäfer spielen gesehen, den Weltmeister von 1954. Später dann Fußballkünstler wie Wolfgang Overath, Heinz Flohe, Bernd Schuster, Pierre Littbarski, Thomas Häßler. Der 1. FC Köln war ja einmal für den deutschen Fußball in den 70er Jahren das, was heute der FC Bayern ist.
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Haben Sie auch Autogramme gesammelt?
Ja, sicher! Wir Kinder waren mächtig stolz, wenn wir von unseren Idolen ein Autogramm bekamen. Das einzige, was es damals noch nicht gab, waren Selfies.
Die hätten Sie dann mit wem gemacht?
Natürlich mit Wolfgang Overath, heute mit Thomas Müller, den finde ich auf und neben dem Platz herzerfrischend.
Tragen Sie auch mal ein Köln-Trikot?
Im Parlament natürlich nicht, da gäbe es sofort einen berechtigten Anpfiff des Präsidenten. Meine FC-Trikots sind alle zu Hause. Aber immerhin darf ich mich im Büro austoben. Dort steht ein kleiner Geißbock und spätestens beim Fan-Schal erkennt man, dass ich FC-Fan bin.
Wird in einer Sitzung auch mal über das Bundesliga-Wochenende diskutiert?
Jeden Montag spielt das Thema Bundesliga auf den Fluren eine große Rolle. Als Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages hatte ich wirklich sechs schwere Jahre. Der Chef des Ausschuss-Sekretariates trägt nicht durch Zufall den Namen Dr. Heynckes, er ist auch über mehrere Ecken mit Jupp Heynckes verwandt. So wie ich FC-Fan bin, ist Dr. Heynckes Gladbach-Fan. Und in diesen sechs Jahren hat der 1. FC Köln nur ein einziges Mal gegen Mönchengladbach gewonnen. Was glauben Sie, wie schwer es montags für mich war, nach einer Kölner Niederlage wieder ins Büro zu kommen.
Bleiben wir bei Trainern: Wie erleben Sie Carlo Ancelotti – im Vergleich zu Pep Guardiola?
Er hat doch schon bei vielen Vereinen bewiesen, dass er ein herausragender Trainer ist. Und was mir zurzeit beim FC Bayern besonders gut gefällt: Ballbesitz ist nicht mehr Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Torchancen zu kreieren. Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass der FC Bayern unter Ancelotti mehr Zug zum Tor hat als früher unter Guardiola.
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Passt er auch besser in die Bayern-Familie?
Ich habe noch keinen Bayern-Trainer gesehen, der nicht mit Lederhose bewaffnet und der Maß in der Hand auf der Wiesn Bella Figura gemacht hat. Aber vielleicht fühlt sich Ancelotti da wohler als Guardiola. Bei dem guten Pep hatte ich immer das Gefühl, dass er in erster Linie aus Zuneigung zum Verein auf die Wiesn gegangen ist. Ob er sich in der Lederhose richtig wohlgefühlt hat? Ich weiß es nicht.
Wie wird die Rückkehr von Uli Hoeneß?
Uli Hoeneß hat seine Strafe bekommen und er hat sie abgesessen. Alles andere ist jetzt ausschließlich Sache des FC Bayern. Mittlerweile hat sich ja fast jeder Bundesbürger zum Thema Hoeneß geäußert, da muss ich nicht auch noch meinen Senf dazugeben. Und wir Politiker sollten uns nicht auch noch in vereinsinterne Entscheidungen beim FC Bayern einmischen.
Zum Spiel: Wie kann Köln die Bayern bezwingen?
Ganz einfach: Timo Horn hält jeden Ball und vorne trifft Modeste (lacht). Man soll der Gnade des Herrn keine Grenzen setzen, aber dass wir in München hoch gewinnen, halte ich für eher unwahrscheinlich. Der 1. FC Köln hat zwar eine stabile Abwehr, was man auch daran erkennt, dass wir in dieser Saison nur ein Gegentor kassiert haben. Aber der Angriff der Bayern ist bärenstark trotz der Torflaute in Madrid. Kurzum: Ein Unentschieden wäre ein großer Erfolg. Aber auch, wenn die Besucher der Arena unabhängig vom Ergebnis mit dem Gefühl nach Hause gehen: Donnerwetter, Köln war ein starker Gegner.
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Wie verfolgen Sie das Spiel?
Erinnern Sie mich nicht daran! Leider kann ich das Spiel nicht sehen, weil ich mich zu diesem Zeitpunkt auf der Autobahn befinde. Aber Sie können ganz sicher sein, dass ich mir die Übertragung im Radio anhören werde, zum Leidwesen meiner Frau (lacht).
Die dafür Verständnis hat?
Meine Frau ist kein Fußballfan, aber immerhin war sie schon einmal mit mir im Stadion. Aber der größte Fan meiner Damen ist unsere 20-jährige Tochter Viktoria, die zu fast jedem Spiel mitfährt. Ich erinnere mich noch genau an ihren ersten Stadionbesuch, für den sie sich besonders schick gemacht hatte. Dann hat sie sich auf der Tribüne neben mich gesetzt und ernsthaft gefragt: „Papa, meinst du, ich lenke die Spieler ab?“ (lacht) Ich habe ihr nur gesagt: „Viktoria, da musst Du Dir wirklich keine Sorgen machen!"