FC Bayern: Drei Erkenntnisse zum Fußball von Niko Kovac

Stuttgart/München - Niko Kovac war darum bemüht von der eigenen Leistung abzulenken und auf den Verdienst seiner Mannschaft hinzuweisen.
"Ich bin sehr zufrieden, die vier Pflichtspiele bisher waren gut. Wir hatten 12:0-Ecken, viel Ballbesitz und haben gute Chancen herausgespielt. Das sah richtig gut aus und dazu möchte ich der Mannschaft gratulieren", sagte der Kroate nach dem bemerkenswert souveränen 3:0 (1:0) beim VfB Stuttgart.
Der FC Bayern zeigt sich zu einem frühen Zeitpunkt der Saison in der Bundesliga in prächtiger Frühform – dank Kovac und dessen Fußball. Doch woran hat der Neue mit der Mannschaft gearbeitet? Worauf legt er wert? Eine Analyse.
1. Ballsicherheit statt Dauer-Ballbesitz
Kovac verlangt von seiner Mannschaft eine große Ballsicherheit und verzichtet gerne mal auf Ballbesitzphasen. Dass sich beides nicht ausschließt, bewiesen die Bayern gegen - zugegeben mutlose und zahme - Schwaben. Denn: Unter Kovac wagen die Bayern-Stars oft den riskanten, auch mal schnellen Pass in die Schnittspiele. Und diese Zuspiele müssen eben sitzen.
Hin- und Hergeschiebe wie etwa unter Vor-Vor-Vorgänger Pep Guardiola sind weniger seins. Der Ballbesitz von 63 Prozent war gut, aber nicht überragend, die Passquote (92 Prozent) dagegen schon.
"Wir haben das Spiel heute von Anfang an kontrolliert und im Griff, haben relativ ballsicher agiert und die Angriffe recht gut abgesichert. Das ist gegen eine Mannschaft, die ausschließlich kontern will das A und O", meinte Mats Hummels nach der Partie auf Nachfrage der AZ. "Man muss immer wach sein, auf allen Positionen. Ich kann mich an keinen unnötigen Ballverlust erinnern", sagte der Weltmeister weiter und lachte: "Doch, einen von mir in der vierten Minute. Das ist das, was man spielen muss." (Lesen Sie hier: Die Stimmen zum Bayern-Sieg)
2. Extrem hohes Verteidigen
Schon in der ersten Halbzeit, dann aber vor allem unmittelbar nach dem Seitenwechsel drängten die Bayern den VfB regelrecht vor dessen Tor. Beide Innenverteidiger, Mats Hummels und Jérôme Boateng, standen extrem hoch. Mitunter ließ sich Thiago fallen, um in der Mitte abzuschirmen. Der Spanier stand dabei als letzter Bayer aber in der Mitte der Spielhälfte der Schwaben (!).
Das hatte zeitweise etwas von Powerplay beim Eishockey. Auf das hohe Verteidigen angesprochen, meinte Hummels: "Das ist eine Sache, die wir uns definitiv auf die Fahne schreiben, das noch weiter zu verbessern."
3. Viel Alarm vor dem Tor
23:4-Torschüsse, 19:1-Flanken, 12:0-Ecken – die Intensität des Bayern-Spiels lässt sich an Zahlen ablesen. Anders formuliert: Der VfB hätte sich nicht beschweren können, wäre es mit einem 0:5 oder 0:6 aus der Mercedes-Benz-Arena gegangen. Kovac fordert - simpel gesprochen - viel Alarm vor dem gegnerischen Tor.
So geschehen insbesondere beim 3:0 durch Thomas Müller (76. Minute), als Arjen Robben und Robert Lewandowski den Oberbayern herrlich zielstrebig vor das Tor brachten. Ein weiterer Faktor in Stuttgart: Youngster Leon Goretzka, der ein starkes Spiel machte – und dafür die AZ-Note 1 bekam.
"Wir haben vorab analysiert, wo wir unsere Räume finden. Wir wussten, dass sie versuchen würden, sich kompakt hinten reinzustellen. Wir wollen auf den beiden Achterpositionen zwischen den Linien die Zwischenräume bespielen. Das war meine Aufgabe heute", erklärte der Ex-Schalker auf Nachfrage der AZ: "In den ersten 20 Minuten war es sehr eng. Da war die Luft bei Stuttgart noch da, um alle Räume zuzulaufen. Da müssen wir geduldig bleiben, die Spielverlagerung suchen, um den Gegner zu bewegen, damit die Räume aufgehen."
Auch Arjen Robben, der nach seiner Auswechslung in die Kabine stürmte, war hinterher moderater – und angetan. "Wir haben sehr konzentriert und aggressiv gespielt. Gut umgeschaltet. Wir waren immer gefährlich über außen, viel in Bewegung", meinte der Niederländer. "Dann kommen die Tore." In Stuttgart waren es drei.
Im Video: Bayern-Stars beim Trachten-Shooting