FC Bayern-Coach Nagelsmann vor Meisterpremiere: Kindheitstraum oder Trostpreis?

Bayern kann mit einem Sieg über den BVB die zehnte Meisterschaft in Serie holen, doch von Euphorie keine Spur. "Es gibt viele Dinge, die mich beschäftigen, auch ein paar Sachen drumherum", sagt Nagelsmann.
Patrick Strasser |
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Bayern-Coach Julian Nagelsmann
Bayern-Coach Julian Nagelsmann © sampics

München - Was für ein Dilemma. Da kann sich Julian Nagelsmann, in einem für Bundesliga-Trainer jugendlichen Alter von erst 34 Jahren, den Kindheitstraum erfüllen als Chefcoach seines Herzensvereins FC Bayern die Meisterschale zu gewinnen und die Reaktion in und um München sowie an der Säbener Straße ließe sich angesichts des anstehenden zehnten Titels in Serie verkürzt zusammenfassen mit einem: na, toll!

Nachdenklicher Nagelsmann: Negative Grundstimmung in und um FC Bayern

So konnte man am Donnerstag einen sehr nachdenklichen Julian Nagelsmann während der 30-minütigen Pressekonferenz erleben. Der gebürtige Landsberger scheint hin und hergerissen zwischen der Freude über seine erste, persönliche Meisterschaft im Profibereich und der allgemeinen negativen Grundstimmung in und um den Verein nach dem Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen den spanischen Underdog FC Villarreal.

Ob allein die Gelegenheit, am Samstag (18.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) vor ausverkaufter Allianz Arena Verfolger Borussia Dortmund mit einem klaren Statement-Sieg in die Schranken zu weisen, noch für Emotionen sorgt bei Fans und Spielern? Und sogar mehr zählt als Schale Nummer zehn? "Grundsätzlich hat die Meisterschaft einen Tick weniger Bedeutung in München als die Champions League", untertrieb Nagelsmann: "Trotzdem ist es der ehrlichste Titel. Dennoch: Wenn man seinen elften oder sechsten Titel holt, ist es ein Stück weit menschlich, dass das nicht der speziellste Moment ist."

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Muss der Schalen-Frischling seine Routine-Sieger zum Feiern treiben? Für ihn ist die Meisterschaft "eine Auszeichnung. Ich freue mich darauf und hoffe, dass sich die Spieler auch freuen." Prinzip Hoffnung.

Zweites Jahr für Nagelsmann als neuer Anlauf und neue Chance

In München ist eine neue Nachdenklichkeit bei einem seiner leitenden - und derzeit auch leidenden - Angestellten eingezogen. Kurz vor dem Abdriften in Melancholie. Nagelsmann, der absolute Wunschtrainer der Bosse, letzten Sommer für die Trainer-Weltrekordablöse von rund 25 Millionen aus Leipzig verpflichtet, weiß was ihm möglicherweise im zweiten (von fünf unterschriebenen) Vertragsjahren blüht. Angesprochen auf die Relevanz seines anstehenden ersten Titels sagte er: "Wenn ich die Meisterschaft nicht holen würde, wäre ich hier nicht mehr Trainer." Er gestand auch: "Ich bin ein Ehrgeizling, mich trüben die letzten zwei Wochen. Es gibt viele Dinge, die mich beschäftigen, auch ein paar Sachen drumherum."

Man ahnt schon: Das zweite Jahr wird neuer Anlauf und neue Chance zugleich. Bereits Nagelsmanns letzte? Für seinen Gegenüber Marco Rose (45) sind die Voraussetzungen nach dessen erstem Jahr im Amt ähnlich. Auch wenn die Ansprüche andere sind, haftet an ihm das blamable Ausscheiden in der Vorrunde der Champions League, der frühe Abschied aus der Trostrunde Europa League (gegen Glasgow Rangers!) und der Dämpfer im Pokal-Achtelfinale (gegen Zweitligist St. Pauli!). Als Liga-Zweiter mit mehr als ordentlicher Punkteausbeute (13 mehr als zum Vorjahreszeitpunkt) ist der BVB im Soll.

BVB-Coach Marco Rose.
BVB-Coach Marco Rose. © IMAGO/Sven Simon

Die Bayern haben noch keine Transfers eingetütet

Die Saisonbilanz von Rose erhält wie bei Nagelsmann das Prädikat Okay. Mit einem Sieg in München könnte ein Signal für die neue Saison gesetzt werden. "Das kann etwas mit einer Mannschaft machen", sagte der BVB-Coach. Vor allem er will etwas mit seinem Team machen - noch so eine Parallele: Seine Vorstellung vom Fußball mehr und mehr etablieren, sein System über weitere Neuzugänge neben Bayern-Profi Niklas Süle (wohl die Nationalspieler Nico Schlotterbeck und Karim Adeyemi) verfeinern. Hier hakt der Vergleich: Die Bayern haben noch keine Transfers eingetütet.

"Ich werde meinen Stil aber nicht ändern", betonte Nagelsmann: "Ich werde weiter alles geben. Ich habe es nicht in der Hand, dass es nur mehr schön ist." Vielleicht sollte ihn Rose vor Anpfiff ganz feste drücken. Denn der geschäftsmäßige Pragmatismus seiner Vorgesetzten hat offenbar schon auf den Trainer abgefärbt. Er sagte nüchtern: "Wenn wir Meister werden, ist es zwei Tage später vorbei. Dann beginnt die Vorbereitung auf die elfte Meisterschaft." Und wehe, wenn. . .

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10 Kommentare
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  • Südstern7 am 23.04.2022 16:26 Uhr / Bewertung:

    Nagelsmann hat sich den Saisonverlauf sicher anders vorgestellt. Im Herbst hat seine Mannschaft groß aufgespielt und uns Anhängern viel Freude bereitet. Auch weil es dem Trainer gelang einige Neuerungen einzuführen die positiv zu Buche schlugen. Leider hat sich dann alles mit den Monaten wieder verloren. Seit Januar, also seit dem großen Break nach 13 Corona-Ausfällen, sucht die Mannschaft nach ihrer Form. Dieses Manko konnte sie auch in der CL nicht kompensieren.

    Ein User, ich glaube es war Kaiser Jannick, hat am Anfang der Saison von einem Trainerlehrling gesprochen, der noch viel lernen muss. Das bezieht sich aber weniger auf seine Fachkompetenz als vielmehr auf die psychische Belastung. Wer Morddrohungen erhält, wer täglich in der Presse bewertet wird und wer sich täglich rechtfertigen muss, der muss ein dickes Fell haben. Sowas schüttelt man nicht einfach aus den Kleidern.

    Ich wünsche ihm für die neue Saison mehr Abstand zu den Medien und mehr Nähe zu seinen Spielern.

  • Mia san mia1 am 22.04.2022 22:43 Uhr / Bewertung:

    Morgen ist das Ding durch. Dann kannst Du wieder in den Keller zum Weinen gehen.

  • Uli19 am 22.04.2022 15:36 Uhr / Bewertung:

    Besser man hat was vor den Augen, also ein Ziel, wieder Andere halten die Augen verschlossen, also ohne Ziel, jammern dann immer nur rum dass man die finanziellen Möglichkeiten nicht hab, heißt, Ruhrpottclub die Aufgaben im Marketing erledigen.

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