Das verleiht Flügel: Hebt der FC Bayern jetzt bis ins Finale ab?
München - Die teils eisigen Zeiten der letzten Tage sind, zumindest wettertechnisch, vorbei in diesen Gefilden. Der Frühling kann kommen - aus Sicht des FC Bayern freut man sich nach dem 7:1-Spektakel gegen RB Salzburg insbesondere auf den April, auf mindestens zwei Champions-League-Kracher im Viertelfinale gegen eine europäische Topmannschaft.
Mit anderen Worten: Die Saison kann beginnen.
FC Bayern: Achtelfinal-Aus wäre der Super-GAU gewesen
Denn: Ein Achtelfinal-Aus, noch dazu ein historisch einmaliges des FC Bayern gegen ein Team aus dem Nachbarland wäre der sportliche Super-GAU gewesen, da zählen all die Rekorde aus der Vorrunde (sechs Spiele, sechs Siege) nichts mehr.
"Dieses Spiel", sagte Doppeltorschütze Thomas Müller bei Amazon Prime, "war enorm wichtig. Das hat man gespürt. Wir waren gallig, wir waren da. Wenn wir ausscheiden, haben wir aber drei ganz traurige Monate vor uns. Dann wäre von außen und auch innen der ein oder andere Stein umgedreht worden - und das zu Recht."
Zuschauerrolle in der Champions League? Für den FC Bayern unverzeihlich
Schon der DFB-Pokal fand ab dem Achtelfinale ohne den FC Bayern statt - nach dem 0:5-Debakel im Oktober bei Borussia Mönchengladbach. Was durch die zehnte Meisterschaft in Serie übertüncht werden kann. Aber eine Zuschauerrolle in der Königsklasse, wenn es ab April ernst wird - unverzeihlich.
Also freute sich Rückkehrer Manuel Neuer: "Das war ein Statement, ein Ausrufezeichen." Stimmt. Spielfreude, Leichtigkeit und Zielsicherheit sind zurück. Allerdings hatte der österreichische Seriensieger mit dem erstmaligen Erreichen der K.o.-Runde seinen Gipfel bereits erklommen.

Die teils naiv agierenden und überforderten Salzburger kamen im Neuland Achtelfinale dann doch "unter die Räder" wie Trainer Matthias Jaissle es formulierte. Die Rolle als "krasser Außenseiter" hatte der Deutsche bereits zuvor gerne angenommen. Ein 1:7-Absturz des Leipziger Bruderklubs. Für Bayern gilt derweil: diese Tore-Kur verleiht Flügel.
Champions-League-Finale am 28. Mai in Paris
Und sollte auch Trainer Julian Nagelsmann auf den letzten, entscheidenden Metern der Saison Auftrieb sichern. Man habe phasenweise "unglaublich guten Fußball gespielt", sagte der 34-Jährige, dem im Spiel die Anspannung und nach der Partie die Erleichterung aus jeder Pore zu dringen schien. "Es ist wichtig, dass wir da sind, wenn es drauf ankommt", sagte er und unterstrich, das Spiel gegen Salzburg sei "wieder so ein Moment gewesen".

Wie weit die Bayern in dieser Champions-League-Saison noch auf dieser "Wolke siebenzueins" dahingleiten können? Bis ins Finale am 28. Mai in Paris? "Wenn wir so gierig und aggressiv sind", hofft Nagelsmann, "kann das auch gegen die besten Mannschaften in Europa klappen." Im Wörtchen "kann" stecken noch die letzten unrunden, holprigen Wochen.
Mit den Zweifeln beim FC Bayern soll Schluss sein
Mit Zweifeln soll Schluss sein. Auch mit dem ständigen Hinterfragen der eigenen Leistungen, ausgelöst durch Kritik von außen. Man müsse darauf achten, "dass wir uns selbst nicht zu sehr runterziehen", mahnte Bayerns Chefanalytiker Müller und betonte: "Wir müssen da manchmal aufpassen, dass wir nicht zu sehr den Kritik-Hausmeister in die Kabine reinlassen."
Neben der zuletzt vermissten Ausstrahlung von Kapitän und Torhüter Neuer standen zwei Akteure besonders im Mittelpunkt des 7:1. Kingsley Coman und Robert Lewandowski, der innerhalb von nur 22 Minuten den schnellsten Hattrick der Champions-League-Geschichte vom Anpfiff weg erzielte. Ergibt zwölf Tore in acht Königsklassen-Partien in dieser Saison. Letztes Jahr fehlte der Weltfußballer in den Viertelfinals gegen Paris St.-Germain, ein wesentlicher Grund für das knappe Aus unter Nagelsmann-Vorgänger Hansi Flick.
Lewandowski hat mit dem Dreierpack gegen Salzburg den im August letzten Jahres verstorbenen Gerd Müller (†75) überholt, erzielte nun 68 Tore (in 76 Spielen) im Europapokal, zwei mehr als einst der legendäre Bomber der Nation (66 Tore in 74 Spielen). Dass die Bayern-Bosse so lax und zurückhaltend an die angestrebte Vertragsverlängerung mit der Tore-Lebensversicherung Lewandowski über 2023 herangehen, verwundert.