Calmund: Bayern kocht alle ab

Der FC Bayern ist ganz nach dem Gusto von Reiner Calmund. Vor dem Duell mit Bayer Leverkusen verteilt der Kochshow-Juror viermal die Höchstnote. Im AZ-Interview spricht Calmund über die Sterne-Köche Pep Guardiola und Matthias Sammer.
von  Patrick Strasser
Reiner Calmund war von 1988 bis 2004 Manager und Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen.
Reiner Calmund war von 1988 bis 2004 Manager und Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen. © dpa

München - Vor dem Topspiel am 14. Spieltag zwischen dem  FC Bayern und Bayer Leverkusen spricht Reiner Calmund im AZ-Interview über das Duell am Abend, Uli Hoeneß und die Chancen von Manuel Neuer bei der Wahl zum Weltfußballer.

AZ: Herr Calmund, man verbindet Sie immer noch mit Bayer Leverkusen obwohl Sie sei mehr als zehn Jahren nicht mehr für die Rheinländer arbeiten. Am Samstag versucht Bayer, die Serie von 17 ungeschlagenen Spielen der Bayern zu beenden. Hat die Truppe von Roger Schmidt tatsächlich eine Chance?

REINER CALMUND: Wenn bei Bayer 04 alles optimal läuft, könnten Sie die ersatzgeschwächten Bayern etwas ärgern. Dennoch sind die Bayern Favorit – und werden Meister. Der Weltverband Fifa hatte von Bayern sechs Spieler für den Weltfußballer nominiert, das ist unglaublich. Für mich gehört Jérôme Boateng eigentlich auch noch dazu, er hat im WM-Auftaktspiel gegen Portugal Cristiano Ronaldo völlig abgemeldet.

AZ: Wird die Liga nicht langweilig bei dieser Bayern-Dominanz?

RC: Hinter dem Rekordmeister ist die Hölle los. Von Platz zwei bis Platz 18 herrscht Spannung pur, im Kampf um die internationalen Plätze und um den Klassenerhalt. Die Abstände sind klein, es gibt kein richtiges Mittelfeld.

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AZ: Sie sind Juror in der Koch-Show „Grill den Henssler“ auf VOX. Um eine kleine Spielerei zu machen: Wie viele Punkte - von 1-10 wie in der Sendung - bekommen jeweils der Kader, der Trainerstab, der Sportdirektor und die Vereinsführung der Bayern?

RC: Ganz anders als bei „Grill den Henssler“ ziehe ich hierin jedem Bereich die Höchstnote, alle die „10“. Alles andere wäre doch Quatsch. Der FC Bayern ist für mich der beste Fußballverein auf unserem Erdball und gehört zu den drei besten Mannschaften der Welt. Dass es auch mal Tage gibt, an denen es nicht so läuft, dass Matthias Sammer und Pep Guardiola nie zufrieden sind, ändert da nichts dran.

AZ: Stimmt. Den Chefköchen schmeckt's nicht immer.

RC: Die beiden achten darauf, dass niemand auf den dicken Erfolgskissen einpennt und sorgen wie die Jahrhundertköche Paul Bocuse und Eckart Witzigmann dafür, dass nur absolute Spitzenqualität serviert wird. Selbst mein strenger Jury-Freund Heinz Horrmann, ein fanatischer Gladbach-Fan, hat mir erklärt, dass er den Bayern nur 10er Wertungen geben würde.

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AZ: Und wie sieht's bei Leverkusen aus? Mal Sterneküche, mal Schmalkost?

RC: Bayer ist im Vergleich ein großartiges Restaurant mit zwei ganz unterschiedlichen Küchen. Die Köche der Abwehr bringen gute nationale und internationale Gerichte zu Tisch, die Wertung hierfür liegt bei sieben Punkten - was immerhin Sterne Kategorie ist! Die Leverkusener Offensive, mit den meisten Bundesliga Toren hinter Bayern, ist dagegen ein absolutes Sterne-Restaurant. Kießling, der Chef-Koch, zaubert mit seinen Sous-Chefs Son, Bellarabi, Calhanoglu und Drmic großartige Kreationen auf den Platz, genau wie die fünf Spitzenköche Christian Jürgens, Klaus Erfort, Jochen Wissler, Harald Wohlfahrt und Sven Elverfeld immer wieder kreative Super-Menüs auf den Teller. Dafürgibt es, genau wie für die Vereinsführung, glatte neun Punkte, oder drei Sterne.

AZ: Sie kennen ihn gut. Sollte Uli Hoeneß nach Ende seiner Haftstrafe wieder Bayern-Präsident werden?

RC: Man sollte den zweiten nie vor dem ersten Schritt tun. Jetzt freuen wir uns erstmal alle, wenn der Uli wieder ins normale Leben eingegliedert wird. Ich bin sicher, er wird sich in seine Aufgabe in der Nachwuchsabteilung reinknien und ich bin ebenso sicher, dass seine Arbeit schon bald Früchte tragen wird. Worin dies für ihn dann irgendwann mündet, will ich gar nicht prophezeien. Ich wünsche mir nur, dass Uli und seine Familie wieder glücklich sind. Er bleibt für mich der Mister FC Bayern und wird seinem Klub auch immer zur Verfügung stehen - egal auf welcher Position.

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AZ: Manuel Neuer gehört wie Reals Cristiano Ronaldo und Lionel Messi vom FC Barcelona zu den verbliebenen Top 3 bei der Wahl zum Weltfußballer. Muss Neuer es werden?

RC: Als Fußball-Patriot sage ich natürlich laut: „Ja!“ Aber es nicht so einfach, als Torhüter Weltfußballer zu werden. Wenn wir es fachlich betrachten, dann muss man vor Ronaldo und Messi den Hut ziehen. Die beiden liefern sich ein Wettschießen um den Titel des erfolgreichsten Torschützen in jedem Wettbewerb, in dem sie antreten.

AZ: Jetzt folgt ein „aber...“

RC: Genau. Denn: Manuel Neuer ist für mich tatsächlich der beste Fußballer der Welt, weil er das Spiel der Torhüter noch einmal revolutioniert hat, als „Falsche 5“ quasi. Weil er - andersals die Stürmer - nicht von der Klasse seiner Nebenspieler profitiert, sondern meist die Fehler seiner Kollegen ausbügelt. Und weil er einen erheblichen Anteil daran besitzt, dass seine Mannschaft den wichtigsten Titel gewann - die Weltmeisterschaft. Schon als er nach dem Finale als „Bester Torhüter“ ausgezeichnet wurde und neben Leo Messi, dem „Besten Spieler“, stand, wussten alle, die ein bisschen was vom Fußball verstehen: Auch diesen Titel hatte Neuer verdient. Und Messis Gesicht schien genau das auszudrücken.

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