Als man letztmals titellos blieb, agierte der FC Bayern ganz anders als heute
München - Champions League? DFB-Pokal? Meisterschaft? Nach all diesen drei Titeln strebt der FC Bayern Jahr für Jahr. Mit breiter "Mia san Mia"-Brust gilt das Motto: Mindestens die Meisterschaft muss her! Doch dieses Jahr könnte es ziemlich düster kommen. Acht Punkte Rückstand in der Bundesliga auf Bayer Leverkusen, im Pokal bereits in der zweiten Runde an Drittliga-Underdog Saarbrücken gescheitert und auch in der Champions League steht man nach der 0:1-Niederlage bei Lazio Rom mit dem Rücken zur Wand.
Könnte es also tatsächlich sein, dass der FC Bayern dieses Jahr keine einzige Trophäe auf dem Balkon des Münchner Rathauses am Marienplatz präsentieren kann? Es wäre das erste Mal seit der Saison 2011/12, dass dieses Szenario in der bayrischen Landeshauptstadt eintritt. Keine rot-weiße Menschenmenge, die ihr Team samt Erfolgstrainer gebührend feiert. Keine Bierdusche nach dem 34. Spieltag. Es ist lange her und doch reagierten die Bosse in komplett unterschiedlicher Art und Weise im Vergleich zu heute.
Nach letzter titelloser Saison beim FC Bayern: So reagierten die Bosse 2012
Tatsächlich standen die Münchner in der letzten titellosen Saison zum gleichen Zeitpunkt (nach dem 23. Spieltag) in der Bundesliga ebenfalls auf Rang zwei – damals vier Punkte hinter Spitzenreiter Dortmund und einem Zähler vor den Drittplatzierten Gladbachern. Allerdings war man damals noch im DFB-Pokal vertreten und hatte in der Champions League das Finale im eigenen Stadion im Visier. Der größte Unterschied: Die Gemüter der Bosse waren vergleichsweise entspannt.
Trotz der Pleite im DFB-Pokal-Finale, dem verlorenen Titelrennen in der Liga (beide Male gegen Dortmund) und der tragischen Niederlage im "Finale Dahoam" (gegen den FC Chelsea) hielt man an seinem Trainer fest. Jupp Heynckes traute man es zu, die niedergeschlagene Mannschaft wieder aufzubauen und das Erlebte in neue Kraft umzuwandeln.
FC Bayern 2012: Kein Tabula rasa, sondern gezielte Anpassung
Auch war man war überzeugt von dem Zusammenhalt der Mannschaft, veränderte das Team nur punktuell. Insgesamt investierte der FCB damals 70 Millionen Euro. Javi Martinez (für die damalige Rekordsumme von 40 Millionen Euro), Mario Mandzukic, Dante und Xherdan Shaqiri kamen als große Hoffnungsträger an die Säbener Straße, schlugen prompt ein und waren ein wichtiger Baustein für das Triple 2013. Dies scheint man den heutigen Bayern nicht zuzutrauen – weder dem Trainer, noch der Mannschaft.
Aktionismus statt "Mia-san-Mia"?
Während bereits offiziell bekanntgegeben wurde, dass man spätestens im Sommer mit Thomas Tuchel getrennte Wege gehen wird, sollen auch am Kader einige größere und gröbere Stellschrauben gedreht werden. Es zeigt den Kritikern: Das "Mia-San-Mia"-Gefühl der damaligen Zeiten ist nicht mehr vollends vorhanden. Zu viele Spieler bleiben seit längerem unter ihren erwarteten Leistungen zurück, zu viele Spieler schaffen es nicht die nötigen Führungsqualitäten auf dem Platz zu zeigen.
Stars wie beispielsweise Joshua Kimmich (29), Leroy Sané (28) und Alphonso Davies (23) könnten den FC Bayern verlassen. Gerade bei Davies stehen die Zeichen schon länger auf Abschied in Richtung Real Madrid. Ein "Wir wollen es allen zeigen, dass wir es besser können" wie 2012 wird es diesmal nicht geben.
Auch die Führungsetage ist eine andere. Christoph Freund erlebt in wenigen Monaten den ersten Transfersommer in seiner Position des Sportdirektors – ebenso wie der neue Sportvorstand Max Eberl, der bereits ab März die sportlichen Geschicke an der Säbener Straße führen wird. Frische, hungrige Akteure, die in diesem schnelllebigen Fußballgeschäft unter Beweis stellen wollen, dass sie den wankenden deutschen Branchenprimus neues Leben einhauchen können.
Übrigens: Im Sommer 2012 betrat mit Matthias Sammer ein neuer Sportvorstand die Chefetage an die Säbener Straße, er ersetzte den glücklosen Sportdirektor Christian Nerlinger. Beim FC Bayern dürfte man hoffen, dass es im Falle einer titellosen Saison 2023/24 in der Folge verhält wie nach der 2011/12er Spielzeit. Stichwort Triple.