Tobias Wörle: Schlechte Jahre und große Genugtuung

EHC-Spieler Tobias Wörle spricht im AZ-Interview über seine schwere Vergangenheit und einen besonderen Freund im Team.
AZ: Herr Wörle, am Freitag geht es für Sie mit dem EHC Red Bull München gegen die Straubing Tigers, Ihren Ex-Verein. Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie das Wort Pulverturm hören?
TOBIAS WÖRLE: Hitzige Stimmung. Die Atmosphäre im Stadion am Pulverturm ist schon sehr intensiv. Ansonsten sind Ihre Erinnerungen an die Zeit dort nicht gerade die besten. Nein, es waren für mich eher schlechte Jahre, da kam vieles zusammen. Aber das lag schon auch an mir, keineswegs nur an den Straubingern. Aber es war schon so, dass ich dort mein Selbstvertrauen total verloren hatte, dass ich fast den Spaß am Eishockeyspielen verloren habe – was ich mir nie hätte vorstellen können. Ich war nicht mehr der Spieler, der ich sein wollte, der ich eigentlich bin.
Angebot aus München war "Glücksfall"
Aber zum Glück kam dann in der Saison das Angebot, nach München zu wechseln.
Für mich war das ein absoluter Glücksfall und hat mir den Glauben zurückgegeben, dass es wirklich einen Eishockeygott gibt. (lacht)
Speziell, da Sie dann auch gleich noch den Titel mit München gewonnen haben.
Es hätte für mich gar nicht besser laufen können. Es ist fast surreal, was da alles abgelaufen ist. Und natürlich war es etwas Besonderes, dass wir im Viertelfinale es gleich mit Straubing zu tun hatten, die den EHC Red Bull München ja in der laufenden Saison gleich vier Mal geschlagen hatten. Es dann in den Playoffs zurechtzurücken, war schon eine Genugtuung für mich.
"Ihr seid selber schuld"
Wie sehr grinst man denn als Mitspieler, wenn man zusieht, wie Münchens Raubein Steve Pinizzotto gegen Straubing zu absoluter Höchstform aufläuft. Spielerisch, aber eben auch mit seinen Provokationen, seiner Physis.
(lacht) Klar grinst man da. Ich habe nach der Serie meinen alten Teamkameraden auch gesagt: Ihr seid selber Schuld! Ihr habt einen schlafenden Bären geweckt. Pinizzotto ist in der Serie richtig aufgewacht und wurde in den Playoffs sicher zu einer der dominanten Figuren überhaupt. Spielerisch, aber auch mit all den anderen Attributen, die er so hat. Er hat ja dann mit Straubings Sean O’Connor einen würdigen Gegenpart gefunden, und die beiden haben schon eine gute Show hingelegt.
Lesen Sie hier: Flaake, Mr. Derby-Hattrick
Wie wichtig war in den dunklen Phasen Ihrer Karriere Ihr guter Freund, Münchens Kapitän Michael Wolf?
Sehr. Er ist für mich als Mensch und als Spieler ein Vorbild. In den drei Jahren habe ich ihn schon öfter angerufen, er hat mich aufgebaut und ich bin mir sicher, dass er auch ein gutes Wort für mich eingelegt hat, als es in München darum ging, welchen Spieler man holt, um über die Verletztenmisere hinwegzukommen. Der Michi war mir immer mit Rat und Tat zur Seite.
Sie beide haben ja dann auch zusammen mit dem Pokal gemeinsam in Füssen gefeiert.
Das stimmt. Aber wir wussten eigentlich nichts davon. Unser Stamm-Italiener, der auch ein richtiger Eishockeyfan ist, hat für uns eine Überraschungs-Meisterfeier geschmissen. Unsere Familien und Freunde waren alle informiert, nur der Michi und ich nicht. Überraschung geglückt!
Sie hatten ja auch die Chance, mit Kunstflug-Superstar Matthias Dolderer ein paar Meisterrunden zu drehen.
Das war ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Unglaublich, die Welt so zu sehen. Er hat mich auch kurz an den Steuerknüppel gelassen. Er hat mir gesagt, was ich tun soll und dann machte das Flugzeug ein Kunststück. Da ist mir schon erst mal das Herz in die Hose gerutscht, aber es war einzigartig.
Lesen Sie hier: Meister EHC München erobert DEL-Spitze
Ich glaube, ich habe die ganze Zeit durchgelächelt, durchgegrinst. Ich habe mich Freude wie ein kleiner Bub. Das sind Momente, Emotionen, die man nie vergisst. Dafür werde ich immer dankbar sein. Genau wie für das Angebot aus München und den Titelgewinn.
Dank an den Eishockey-Gott.
So schaut’s aus!