AZ-Serie zu Olympia 2016 in Rio: Judoka Tobias Englmaier - „Bin eine Kämpfernatur“
München - Es gab sie, die Phase, in der Tobias Englmaier (28) selbst daran zweifelte, ob er es noch schaffen würde zu den Olympischen Spielen in Rio. „Zwischendurch hat es so ausgeschaut, als würde es nicht mehr reichen“, gibt der Judoka im Gespräch mit der AZ zu. Immer wieder hatten ihn Verletzungen am Knie zurückgeworfen, und während die Konkurrenten in der Weltrangliste Punkt um Punkt sammelten, war er zum Zuschauen verdammt.
„Aber ich bin eine Kämpfernatur“, sagt Englmaier auch, „ich war schon in meiner Jugendzeit häufig von Verletzungen geplagt, da habe ich früh das Kämpfen gelernt.“ Und so schaffte er es auch diesmal. Ende Mai stieg er wieder ins Training ein, in der Weltrangliste behauptete er einen Platz unter den Top 22, und nun fährt der Athlet des TSV Großhadern zu den Olympischen Spielen nach Rio, wo er in der Klasse bis 60 Kilogramm startet. „Es ist diese Beharrlichkeit, die ihn auszeichnet“, sagt sein Trainer Ralf Matusche, „wenn ich seinen unbändigen Willen sehe, dann kriege ich fast Gänsehaut.“ Zwei Mal hat sich Englmaier, der an der TU München Maschinenbau studiert, im vergangenen Jahr das Innenband im Knie gerissen, zwei Mal wurde er operiert. Erst im Februar dieses Jahres gab er sein Comeback, doch die Schmerzen kamen zurück, wieder war eine OP nötig. Gerade noch rechtzeitig vor den Spielen wurde er fit.
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Und darf nun die Atmosphäre schnuppern, die er schon 2012 bei seiner ersten Teilnahme sehr genossen hat. „10 000 Athleten, die besten ihrer Sportart, auf einem Haufen, das ist schon etwas Besonderes“, sagt Englmaier, der in seiner Heimatstadt Landsberg mit dem Judo begann und 2002 nach Großhadern wechselte. Doch 2012 haben ihn die Dimension der Spiele, der öffentliche Rummel, die Eindrücke ein bisschen überrollt, er scheiterte schon in der ersten Runde an einem Armenier. „Jetzt weiß ich, was auf mich zukommt“, sagt Englmaier, „ich spüre keine besondere Nervosität mehr, bin entspannter.“
Auch im sportlichen Bereich setzt er sich nicht mehr unter Druck. „Vor einem Jahr war ich in der Form meines Lebens. Da hätte ich gesagt, ich will eine Medaille“, erklärt er. Doch nach all den Verletzungen ist er bescheidener geworden. „Ein Platz unter den ersten Drei ist jetzt wahrscheinlich vermessen. Ich will Spaß haben und das Maximum herausholen, damit ich mit mir selbst zufrieden sein kann“, sagt er, nicht ohne anzufügen: „Dann muss man mich aber erstmal schlagen.“
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Trainer Matusche, der ihn auch in der Bundesliga beim TSV Großhadern betreut, kennt das Erfolgsrezept. „Er muss seinem Knie vertrauen“, sagt er. „Wenn er gesund an den Start geht, kann er fast jeden schlagen.“ Matusche hat übrigens noch ein zweites heißes Eisen im Feuer: Sebastian Seidl (26, Klasse bis 66 Kilogramm) startet zwar für den TSV Abensberg, ist aber ebenfalls Wahl-Münchner. „Er gehört für mich zu den Medaillenfavoriten“, so Matusche, „er ist stark wie nie, er hat das Selbstvertrauen“
Steckbrief: Tobias Englmaier
Sportart: Judo
Größe: 1,58 Meter
Gewicht: 63 Kilogramm
Verein: TSV Großhadern
Beruf: Student (Maschinenbau)
Erfolge: WM-Bronze 2013 (Team), EM-Bronze 2014 (Team), deutscher Meister 2014
- Themen:
- Technische Universität München