So können Smartphone und -watch bei Unfällen und Stürzen das Leben retten
München - Es beginnt mit einer gewöhnlichen Radfahrt. Doch der Boden ist noch glatt vom Regen des Vortags. Und schon ist es passiert: Man rutscht weg, stößt sich den Kopf und ist bewusstlos.
Was passiert, wenn man allein unterwegs war und nicht gefunden wird? Wenn nicht rechtzeitig Hilfe gerufen wird?
Handy ruft automatisch Rettungsdienst an
Ein Smartphone kann selbst dann helfen, wenn es während des Unfalls in der Hosentasche steckt. Mittels eingebauter Beschleunigungsmesser und dem Mikrofon können plötzliche Bewegungen oder laute Geräusche erkannt werden.
Daraufhin schickt das Handy eine Benachrichtigung und liest sie mit einer Computerstimme vor – falls der Betroffene nicht innerhalb einer bestimmten Zeitspanne reagiert (beim iPhone etwa 20 Sekunden), ruft das Gerät von allein den Notdienst an.
Die Einsatzleitstelle versucht daraufhin, mit der Person zu sprechen. Reagiert diese immer noch nicht, rücken die Rettungskräfte zur GPS-Position des Smartphones aus.
Diese Geräte verfügen über die Funktion
Alle Apple-Modelle ab dem iPhone 14 mit dem Betriebssystem iOS 16 oder neuer verfügen über die erforderliche Technik. Seit Kurzem können auch die Pixel-Smartphones von Google ab dem Modell Pixel 4a einen automatischen Notruf absetzen.
Bei Apple ist die Funktion automatisch aktiviert, beim Google-Handy muss diese erst manuell angeschaltet werden.
Alle anderen Geräte, die mit dem Betriebssystem Android laufen, verfügen über diese Funktion derzeit nicht.
Smartwatches erkennen selbst Stürze zu Hause
Bei vielen Smartwatches ist der automatische Notruf unabhängig vom Anbieter inzwischen Standard und erkennt auch Stürze gut, die sich zu Hause zutragen. Wer etwa mit einer Apple Watch schwer hinfällt und sich danach eine Minute lang nicht bewegt, für den tätigt sie nach einem 30-sekündigen Countdown den Anruf automatisch.

Manche Uhren müssen mit einem Handy gekoppelt werden, andere Modelle verfügen sogar über eine eigene Sim-Karte. Es gibt aber auch Digitaluhren, die allein auf die Notruffunktion spezialisiert sind, etwa vom Hersteller James.
Praktisch: Abseits des Notarztes lassen sich über die Geräte auch vorher hinzugefügte Notfallkontakte automatisch benachrichtigen. Diese empfangen eine Textnachricht, die ebenfalls Informationen zum Standort enthält.
Fehlalarme bei Rettungsdiensten häufen sich
Das Bayerische Rote Kreuz (BRK), das acht Integrierte Leitstellen im Freistaat betreibt, stellt seit einigen Jahren eine Zunahme von automatisierten Notrufen fest, wie es auf Nachfrage der AZ mitteilt. Der Rettungsdienst sieht diese Entwicklung positiv, "denn in vielen Fällen helfen Automatismen dieser Art, Menschenleben zu retten".
Die Selbststeuerung der Anrufe hat aber auch ihre Krux: Fehlalarme mehren sich. Diese können beispielsweise bei einer Mountainbike-Tour ausgelöst werden, bei der es viele ruckartige, verschiedene Bewegungen gibt, die als Aufprall gewertet werden.

"Durch die Windgeräusche und die volle Konzentration auf das Fahren bemerkt der Radfahrer jedoch nicht, dass die Uhr gerade einen Notruf abgesetzt hat", sagt ein Sprecher des Roten Kreuzes. "Unser Notrufdisponent am anderen Ende der Leitung kann dann nicht immer eindeutig heraushören, ob die Person gerade genüsslich Rad fährt oder vor Schmerzen stöhnt."
Geeignet für Freizeitsportler, Senioren und Kranke
Wenn es dann aber doch mal zum Ernstfall kommt, können die automatischen Anrufe wertvolle Minuten verschaffen. Für Freizeitsportler, die tendenziell öfter solchen Gefahren ausgesetzt und gerne mal allein unterwegs sind, aber auch für Senioren oder Menschen mit einer eingeschränkten Mobilität eignet sich ein solches Gerät.
Laut Statista sind 43 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen, die 65 Jahre oder älter sind, in den letzten zwei Jahren zum Zeitpunkt der Befragung gestürzt. Unter den 45- bis 64-Jährigen waren es hingegen 25 und 16 Prozent – das Risiko steigt also klar mit dem Alter.
Dem Pflegevergleichsportal "pflege.de" zufolge erhöhen zudem Erkrankungen wie etwa Demenz, Parkinson, niedriger Blutdruck, multiple Sklerose, Diabetes mellitus sowie Seh-, Muskel- und Herzschwäche die Wahrscheinlichkeit, zu stürzen.
Alternative zum Smartphone: Mobiler Hausnotruf
Als Alternative zu Smartphones und -watches gibt es ganz klassisch den Hausnotruf, der auch als mobile Variante verfügbar und mit einem Sturzsensor ausgestattet ist, wodurch automatische Notrufe abgesetzt werden können. Der Vorteil: Diese werden nicht ausschließlich an die Integrierte Leitstelle übermittelt, sondern landen etwa zuerst bei den Hausnotrufzentralen des BRK.

"Ist die Person beispielsweise von der Toilette gerutscht und benötigt lediglich Aufstehhilfe, so braucht kein Rettungswagen mit Blaulicht anzurücken", sagt der BRK-Sprecher. Stattdessen kommt eine Fachkraft vom Hintergrunddienst, die über einen Schlüssel verfügt und auch die hinterlegten Angehörigen kontaktieren kann.