Discounter-Check: Steak, Bio-Schnitzel, Hackfleisch

Ist das Schnitzel aus der Packung schlechter? Wie erkenne ich gute Produkte? Und warum kostet Schwein und Rind bei den Discountern so wenig? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Agnes Vogt |
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Eine gut gefüllte Fleischtheke: Der Preiskampf im deutschen Lebensmittelhandel hat jetzt auch Fleisch- und Wurstsorten erreicht.
dpa/AZ Eine gut gefüllte Fleischtheke: Der Preiskampf im deutschen Lebensmittelhandel hat jetzt auch Fleisch- und Wurstsorten erreicht.

München - Preiskampf im deutschen Lebensmittelhandel: Aldi hat vergangene Woche eine neue Preisrunde eingeläutet und die Preise für zahlreiche Wurst- und Fleischwaren gesenkt, vom Schwarzwälder Schinken bis zum Schweinebraten. Norma zog sofort nach.

Aldi begründete die Preissenkungen zwischen 2,5 und 10 Prozent mit den gesunkenen Einkaufspreisen. Man gebe die Preisvorteile an seine Kunden weiter, hieß es – ohne Abstriche bei der Qualität oder den Tierschutzstandards. Ist das möglich?

Die AZ hat sich erkundigt: Worauf der Verbraucher beim Fleischkauf achten sollte:

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Woran erkennt man gutes Fleisch?

„Man kann einem Schnitzel an der Kühltheke nicht ansehen, ob es auch gut schmeckt“, sagt Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband (DFV). Allerdings sind die Geruchsnerven des Menschen darauf gepolt, verdorbenes Fleisch sofort zu erkennen. „Sie riechen, wenn Sie es bei Raumtemperatur aus der Tüte oder der Verpackung holen, ob es nicht mehr gut ist“, sagt Jentzsch. „Es darf nicht säuerlich oder ranzig riechen und es darf nicht schleimig sein.“

Was sagt die Fleischfarbe aus?

„Rindfleisch muss satt dunkelrot sein und eine helle, feine Fettmarmorierung haben, die nicht gelblich sein sollte. Dann könnte das Fleisch ranzig sein“, so Jentzsch. „Ein gutes Stück Schwein ist kräftig hellrosa, nicht zu blass und hat selten Fett im Gewebe, sondern eher um die einzelnen Muskelstränge außen herum.“

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Ist teures Fleisch auch gutes Fleisch?

„Jedes Fleisch, das in Deutschland auf den Markt kommt, ist qualitativ sicher. Das bedeutet: Es macht nicht krank und schmeckt nach Fleisch, egal, ob Sie es im Discounter oder beim Fleischer kaufen“, sagt Christian Böttcher vom Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels (BVL).

Warum können es sich dann Discounter erlauben, Fleisch zu Dumpingpreisen anzubieten?

Entweder: Es ist ein Lockangebot, dem eine Mischkalkulation zugrunde liegt. „Um den Rinderbraten richtig günstig anbieten zu können, werden andere Lebensmittel teurer“, sagt Jentzsch. Oder: Das Fleisch wurde unter immensem Kostendruck erzeugt. „Sehr wahrscheinlich ist, dass die Mastbetriebe bei der Tierhaltung die gesetzlichen Mindestanforderungen gerade so einhalten und zusehen, dass sie Futter in großen Mengen kostengünstig einkaufen. Möglich wäre auch, dass die Menschen in den Mast- und Schlachtbetrieben und diejenigen, die mit dem Fleisch arbeiten, nicht gerecht entlohnt werden“, so der DFV-Experte.

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Ist abgepacktes Fleisch schlechter?

Abgepacktes Fleisch ist in der Regel länger haltbar. Wenn es unter einer luftdichten Schutzfolie verpackt ist, wird es mit Gasgemischen länger haltbar gemacht. Über die Qualität sagt die Verpackung jedoch nicht unbedingt etwas aus.

Stimmt die Theorie: Je jünger die Tiere, umso günstiger das Fleisch?

Ja. Je jünger die Tiere geschlachtet werden, umso weniger kosten sie auch. „Außerdem ist das Fleisch sehr mager, denn die jungen Tiere haben wenig Fett angesetzt – genau das wollen ja auch die Verbraucher“, sagt Jentzsch. Teures Fleisch stammt in der Regel von Tieren, die etwas älter sind und dadurch auch eine stärkere Fettmarmorierung haben – oder aber es stammt von besonderen Tierrassen. Ganz nebenbei: Das Fleisch schmeckt in beiden Fällen oft besser.

Ist Fleisch, das mit einem Bio-Siegel versehen ist, besser als das konventionell erzeugte Fleisch?

Jentzsch vom DFV und Böttcher vom BVL sind sich einig: Das Bio-Siegel sagt nichts aus über die Qualität des Fleisches und auch nicht darüber, ob es gut schmeckt. Fleisch mit Bio-Siegel bedeutet, dass die Tierhalter gewisse Standards im Auslauf oder beim Futter einhalten mussten. „Das Bio-Siegel garantiert nicht, dass Tiere ordentlich gehalten wurden und zum Beispiel seltener erkrankten als konventionell gehaltene Tiere. Auch die ökologische Tierhaltung ist bezogen auf die Gesundheit der Tiere nicht per se erfolgreicher als die konventionelle, obwohl die Tiere hier artgerechter gehalten werden und beispielweise mehr Auslauf haben“, erklärt Andreas Winkler von foodwatch.

Ist Fleisch mit dem Bio-Siegel weit verbreitet?

Nein, Biofleisch ist ein Nischenprodukt. Weniger als zwei Prozent auf dem deutschen Markt ist Biofleisch. Zu 98 Prozent wird Fleisch konventionell produziert. Wird Fleisch immer billiger? Nein, ganz im Gegenteil. Innerhalb der vergangenen vier Jahre ist Fleisch im Schnitt 14 Prozent teurer geworden, so der Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels.

Hat der Verbraucher eine Garantie, ob er gutes Fleisch gekauft hat?

Weder ein Tierschutz- oder Bio-Siegel, noch der vielleicht teure Preis seien Indikatoren dafür, dass das Fleisch gut ist, die Tiere ordentlich gehalten wurden und nicht krank waren, sagt Andreas Winkler von foodwatch.

Wie ist der Preiskampf der Discounter in Bezug auf die Fleischpreise zu werten?

„Die Verbraucher wollen gerade nach den Skandalen der letzten Jahre Fleisch von nachhaltig gehaltenen Tieren. Sie wollen beim Fleischkonsum auf ihre eigene Gesundheit achten, also keine Antibiotika zu sich nehmen und eigentlich auch Fleisch von glücklichen Tieren essen. Da geht der Preisdruck der Discounter also in eine völlig andere Richtung“, kritisiert Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch Andreas Winkler von Foodwatch kritisiert die Argumentation der Discounter als scheinheilig. „Ob das Fleisch bei Aldi, Lidl und Co. ein paar Cent teurer oder billiger ist, ändert zunächst einmal rein gar nichts an den Zuständen in deutschen Ställen. Hohe Fleischpreise allein sind kein Garant für anständig gehaltene Tiere. Es braucht objektiv überprüfbare Gesundheitskriterien für jedes einzelne Tier auf jedem einzelnen Betrieb. Nur so wird sichergestellt, dass ein Landwirt, der seine Tiere ordentlich hält, dafür auch ordentlich entlohnt wird. Was wir brauchen, ist eine ehrliche Debatte über die Standards der Tiergesundheit und den Tierschutz. Eine Wahrheit darf dabei nicht verschwiegen werden: Fleisch wird dann sicherlich teurer.“

Gibt es ein Rezept, um guten Gewissens Fleisch kaufen zu können?

Fleisch kaufen ist Vertrauenssache. Darum empfehlen alle Experten: Informieren Sie sich und fragen Sie Ihren Fleischer: Wo kommt das Tier her, wie wurde es gehalten, wie geschlachtet und womit gefüttert? Erst dann kann man sein Steak richtig genießen.

 

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