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Die Queen und die Deutschen: So ist da Verhältnis wirklich

Viele Verwandte hat Elizabeth II. in Deutschland. Einst holte man sogar britische Könige direkt aus Hannover. Und heute?
Martina Scheffler |
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Königin Elizabeth II. und der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprechen während eines Festbanketts auf Schloss Augustusburg in Brühl (Nordrhein-Westfalen) am 19. Oktober 1992 miteinander. Es war der dritte Staatsbesuch der Queen und der erste seit der deutschen Wiedervereinigung.
Königin Elizabeth II. und der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprechen während eines Festbanketts auf Schloss Augustusburg in Brühl (Nordrhein-Westfalen) am 19. Oktober 1992 miteinander. Es war der dritte Staatsbesuch der Queen und der erste seit der deutschen Wiedervereinigung. © Martin Gerten/dpa

"Bleibt's gsund!" So sprach Charles, damals noch Prinz von Wales, vor drei Jahren in der Münchner Residenz. Huch, der Brite spricht Deutsch? Warum denn nicht, möchte man antworten, schließlich hat doch das gesamte britische Königshaus Verbindungen nach Deutschland, wohin man schaut – und die Queen hat einen halben Deutschen geheiratet, ihre Ururgroßmutter Victoria sogar einen Bayern.

Genuin englische Voraussetzungen – Georg I.

Schon das georgianische Zeitalter, das als wildeste und verrückteste Epoche des Vereinigten Königreichs gilt, erhielt seinen Namen von – vier Niedersachsen. Georg I. war eigentlich "nur" Kurfürst von Hannover, kam aber durch den sogenannten "Act of Settlement" und, wie der Historiker Lothar Kettenacker schreibt, dank "einer einzigartigen Mischung aus dynastischen, konfessionellen und genuin englischen Voraussetzungen" 1714 auf den englischen Königsthron.

Für die Prachtentfaltung der britischen Monarchie war der nüchterne Norddeutsche weniger zu haben, aber wenigstens war er Protestant. Unter ihm gab es den ersten "Prime Minister" des Landes, und auch sonst modernisierte er Großbritanniens Staatswesen - trotz seiner schlechten englischen Sprachkenntnisse. Ihm folgten die Georges 2 bis 4 und Wilhelm IV.

Weihnachtsbäume, Wissenschaft und Kunstverstand 

Im 19. Jahrhundert wurden die Bande nach Deutschland noch enger: Queen Victoria heiratete 1840 Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, der unter anderem den Weihnachtsbaum als deutsches Element populär machte. Er war es auch, der den Bau von Schloss Balmoral überwachte, wo Elizabeth II. starb. Der Buckingham-Palast schreibt über den Deutschen neben dem Thron: Sein "Haupteinfluss auf Britannien war intellektueller und ästhetischer Natur; er wollte, dass sein neues Heimatland Vorreiter bei modernen Wissenschaften, Kunstverstand und -erziehung ist".

Victoria mit Enkel Wilhelm 1862.
Victoria mit Enkel Wilhelm 1862. © imago/United Archives International

Victorias Tochter wiederum heiratete 1858 den deutschen Kronprinzen – so wurde die Königin zur Großmutter des deutschen Kaisers Wilhelm II. Der hassliebte eigentlich alles Britische, auch die eigene Mutter, aber zu Granny Victoria hatte er offenbar ein gutes Verhältnis: Als sie 1901 im Sterben lag, hielt er, heißt es, mit seinem gesunden Arm (der andere war fast gelähmt) in ihren letzten Stunden ihr Kissen. Auch später heirateten Deutschstämmige immer wieder in die britische Königsfamilie ein, wie etwa Mary von Teck, Großmutter von Elizabeth II.

Victoria um 1885 mit den Prinzessinnen von Battenberg und der kleinen Prinzessin Alice, später Mutter von Prinz Philip. Selten: Die Queen lacht.
Victoria um 1885 mit den Prinzessinnen von Battenberg und der kleinen Prinzessin Alice, später Mutter von Prinz Philip. Selten: Die Queen lacht. © imago/United Archives International

Helmut Kohl was not amused, Philip schon 

Und auch der Mann der Queen war ein halber Deutscher: Philips Vater war Prinz von Griechenland und Dänemark, seine Mutter Alice von Battenberg – auf Englisch: Mountbatten. Der Name des heutigen Königshauses, Mountbatten-Windsor, ist also immer noch ein bisschen deutsch, nachdem man 1917 den alten deutschen Namen Sachsen-Coburg-Gotha mitten im Weltkrieg abgelegt hatte.

Seine deutschen Wurzeln machten es Philip bei seiner Heirat mit Elizabeth nur zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht gerade leichter, den "Hunnen" nannte man ihn. Philip stammte über seinen Vater aus dem norddeutschen Adelshaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Er sprach exzellent Deutsch – und wusste sicher, was er sagte, als er 1997 den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl mit "Herr Reichskanzler" ansprach. Kohl was not amused, Philip schon. So war es eben 2019 auch kein Wunder, dass Charles gut Deutsch spricht.

Verwandtenbesuch 1965. Vorne v.l.n.r.: Ludwig von Hessen, Elizabeth II., Margarethe von Hessen, Prinz Philip. Und Möpse statt Corgis!
Verwandtenbesuch 1965. Vorne v.l.n.r.: Ludwig von Hessen, Elizabeth II., Margarethe von Hessen, Prinz Philip. Und Möpse statt Corgis! © dpa

Fünf Staatsbesuche in Deutschland

Und auch sein Sohn Prinz Harry wandte sich in der Sprache seiner Vorfahren an das Publikum in Düsseldorf, das er vergangene Woche besuchte.

Staatsbesuche führten die Queen fünf Mal nach Deutschland: 1965, 1978, 1992, 2004 und 2015. Bejubelt wurde sie jedes Mal. 1965 war es noch eine ganz besondere Ehre, als sie als erstes britisches Staatsoberhaupt nach zwei Weltkriegen das mit ihrem so verbundene und dann verfeindete Land bereiste. Zuletzt war 1909 König Edward VII. in Deutschland gewesen.

Elizabeth II. am 14. Mai 1978 in Schloss Charlottenburg in Berlin mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Elizabeth II. am 14. Mai 1978 in Schloss Charlottenburg in Berlin mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt. © Konrad Giehr/dpa

Bei ihrem letzten Besuch 2015 sprach die Queen von der "völligen Aussöhnung" zwischen den Ländern nach leidvollen Kriegen. "Ich zolle der Arbeit deutscher Staatsmänner seit dem Zweiten Weltkrieg Anerkennung, die Deutschland neu erfanden und halfen, Europa neu zu bauen."

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Im nächsten Teil lesen Sie: Sex, Suff und Nazi-Uniformen: Skandale im Königshaus. Die Queen bleibt kalt - fast immer.

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