Was für einen Anschlag plante das Islamisten-Paar in Frankfurt?

Wollte ein Islamisten-Paar einen Terroranschlag auf ein Radrennen verüben? In seiner Wohnung finden Ermittler eine funktionsfähige Rohrbombe, Waffen und Munition. Die Polizei sagt den Radklassiker am 1. Mai vorsichtshalber ab.
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Ein Wegweiser mit der Aufschrift "Radrennen 1. Mai" ist an einem Kreisel in Oberursel an der Straße zum Sandplacken an einem Pfosten befestigt.
dpa 3 Ein Wegweiser mit der Aufschrift "Radrennen 1. Mai" ist an einem Kreisel in Oberursel an der Straße zum Sandplacken an einem Pfosten befestigt.
Experten der Polizei sichern in Oberursel Spuren in einem Apartmentkomplex. Die Polizei hat nach Angaben des Innenministeriums vermutlich einen Terroranschlag vereitelt. Bei der Durchsuchung einer Wohnung in Oberursel wurden in der Nacht eine funktionstüchtige Rohrbombe gefunden und ein Ehepaar festgenommen.
dpa 3 Experten der Polizei sichern in Oberursel Spuren in einem Apartmentkomplex. Die Polizei hat nach Angaben des Innenministeriums vermutlich einen Terroranschlag vereitelt. Bei der Durchsuchung einer Wohnung in Oberursel wurden in der Nacht eine funktionstüchtige Rohrbombe gefunden und ein Ehepaar festgenommen.
Eine Polizeibeamter gräbt in Oberursel auf dem Grundstück eines Appartmentkomplexes. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei hatte hier in den frühen Morgenstunden einen Mann und eine Frau festgenommen. Medienberichte, nach denen die Festgenommenen einen salafistischen Hintergrund und Kontakt zur Terrororganisation Al Kaida haben sollen, bestätigte das LKA nicht.
dpa 3 Eine Polizeibeamter gräbt in Oberursel auf dem Grundstück eines Appartmentkomplexes. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei hatte hier in den frühen Morgenstunden einen Mann und eine Frau festgenommen. Medienberichte, nach denen die Festgenommenen einen salafistischen Hintergrund und Kontakt zur Terrororganisation Al Kaida haben sollen, bestätigte das LKA nicht.

Wiesbaden/Oberursel - Die Behörden haben in Hessen einen islamistischen Terroranschlag vereitelt. Ziel war möglicherweise das Radrennen "Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt". Die Behörden sagten die populäre Veranstaltung, die traditionell am 1. Mai im Kalender steht, sicherheitshalber ab. Verdächtigt wird ein Ehepaar, das in der Nacht zum Donnerstag in Oberursel im Taunus festgenommen wurde. In dessen Keller fanden sich eine funktionsfähige Rohrbombe, Waffenteile und Munition. "Nach alldem, was wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt, haben wir ein Anschlagsgeschehen verhindert", sagte der Polizeipräsident für Westhessen, Stefan Müller, in Wiesbaden.

Gegen den 35-jährigen Deutschtürken und seine 34 Jahre alte türkische Frau wurde wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat Haftbefehl erlassen, wie das hessische Landeskriminalamt (LKA) mitteilte. Das bei dem Paar sichergestellte Material sei geeignet, eine Vielzahl von Menschen zu töten oder zumindest schwer zu verletzen. Es sei nach wie vor unklar, ob das Ehepaar alleine gehandelt habe.

"Das ist ein ganz schwerer Schritt auch für die Polizei gewesen", sagte LKA-Präsidentin Sabine Thurau über die Absage des Rennens. Es gehe jedoch darum, Leben und Gesundheit der Zuschauer und Sportler zu schützen. Die Polizei werde am Freitag entlang der Strecke präsent sein, um für Sicherheit zu sorgen.

Der beschuldigte Mann sei in den vergangenen Tagen auf Parkplätzen und im Wald entlang der Rennstrecke von Oberursel auf den Feldberg beobachtet worden, sagte der Leiter der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Albrecht Schreiber. Deshalb habe sich die Polizei zum Zugriff entschlossen. Zwar sei ein geplantes Anschlagsziel weiterhin nicht bekannt. "Allerdings gab es deutliche Überschneidungen von Streckenverlauf des Radrennens und Bewegungsprofil der festgenommen Personen", hieß es einer Mitteilung des LKA.

Mehrere Hundert Polizisten durchkämmten am Donnerstag den Wald an der Strecke, fanden aber zunächst nichts. Sportveranstaltungen gelten als mögliches Ziel für Terroristen. Beim Marathon in Boston (USA) 2013 töteten zwei Islamisten drei Menschen mit Sprengsätzen und verletzten fast 250. In Deutschland sind wegen befürchteter Terrorgefahr bereits mehrfach Veranstaltungen abgesagt worden, etwa im Januar in Dresden Demonstrationen von Anhängern und Gegnern der Pegida-Bewegung und im Februar der Karnevalsumzug in Braunschweig.

"Der Beschuldigte unterhielt Verbindungen zur Extremisten-Szene im Rhein-Main-Gebiet", sagte Staatsanwalt Schreiber. Im hessischen Landtag sprach Innenminister Peter Beuth (CDU) von einem salafistischen Hintergrund der Verdächtigen. "Die Verdachtsmomente bestehen auch gegen die Frau", sagte Polizeipräsident Müller. Das Paar habe Ende März in einem Frankfurter Baumarkt eine größere Menge Wasserstoffperoxid gekauft. "Der Einkauf erfolgte unter Angabe falscher Personalien." Der Baumarkt habe die Polizei informiert. Der Kauf der Chemikalie in größeren Mengen ist meldepflichtig.

Im Keller des Paars fanden sich nach Angaben Schreibers neben der Rohrbombe 100 Schuss scharfer Munition, Teile eines Sturmgewehrs G3 und eine Übungsgranate für eine Panzerfaust. Neben drei Litern Wasserstoffperoxid wurde auch Aceton sichergestellt. In Mischung mit Salzsäure entsteht daraus hochexplosiver Sprengstoff.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Frankfurt hatte der 35-Jährige vor Jahren Verbindung zur islamistischen Sauerland-Gruppe gehabt. Müller wollte sich mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht dazu äußern. Vier Mitglieder der Sauerland-Gruppe waren 2012 wegen der Planung von Terroranschlägen verurteilt worden. Der Mann war der Polizei auch wegen anderer Delikte wie Körperverletzung, Einbruch und Nötigung bekannt.

Im Rhein-Main-Gebiet gibt es eine sehr aktive salafistische Szene. Am Frankfurter Flughafen ereignete sich 2011 der bislang einzige islamistische Terroranschlag in Deutschland. Dabei ermordete ein 22-jähriger Islamist mit Wurzeln im Kosovo zwei US-Soldaten und verwundete zwei Soldaten lebensgefährlich.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte den Polizeieinsatz. "Die heutige Festnahme in Hessen ist Beleg für die effektive Arbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern", sagte de Maizière in Berlin. Das Vorgehen zeige: "Wir sind wachsam und wir sind wehrhaft."

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