Staatsregierung will Asylbewerber besser behandeln

Die Kritik an der bayerischen Asylpolitik reißt nicht ab. Verbände werfen der Staatsregierung vor, unmenschlich zu handeln. CSU und FDP kündigen Verbesserungen an.
dpa |
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Die Kritik an der bayerischen Asylpolitik reißt nicht ab. Verbände werfen der Staatsregierung vor, unmenschlich zu handeln. CSU und FDP kündigen Verbesserungen an.

München - Nach der Auflösung des Hungerstreik-Camps mehrerer Dutzend Asylbewerber in München will die Staatsregierung die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Bayern verbessern. Ministerpräsident Horst Seehofer drängte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (beide CSU) am Dienstag, die Bearbeitung von Asylanträgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu beschleunigen. Dabei geht es um 200 Stellen in der Behörde, die bislang großenteils mangels Bewerbern nicht besetzt sind.

„Die Bundesregierung muss hergehen und die Beamten abordnen“, sagte Seehofer. „Wir wollen die Menschen hier humanitär unterbringen und behandeln.“ Friedrich nahm nach Seehofers Angaben am Vorabend an einem Spitzentreffen der bayerischen CSU/FDP-Koalition in der Staatskanzlei teil.

Der Grund für Seehofers Mahnung: Nach einer Richtlinie der EU sollen Asylverfahren eigentlich innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen sein. Nach Angaben von Hilfsorganisationen verstößt das Bundesamt jedoch routinemäßig gegen diese Vorgabe – bis zur Entscheidung dauerten Asylverfahren oft zwei Jahre und länger, kritisierte der Anwalt Hubert Heinhold in München.

Als zweiten Punkt nannte Seehofer die Erleichterung bürokratischer Auflagen. Für Asylbewerber gilt etwa die „Residenzpflicht“ – sie dürfen den Regierungsbezirk, in dem sie untergebracht sind, nur mit Genehmigung verlassen. Viele Kommunen verlangen für die Genehmigung zehn Euro. Das will Seehofer abschaffen: „Das ist ein Appell an die Kommunen.“ Die Residenzpflicht als solche soll aber erhalten bleiben.

Bewegung kommt auch in den jahrelangen Streit um die Essenspakete, mit denen Asylbewerber versorgt werden. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) will den Bezirksregierungen die Möglichkeit geben, den Flüchtlingen für den Lebensmitteleinkauf Bargeld auszuzahlen. „Ich freue mich, dass der Weg bestätigt wird, den ich seit Jahren verfolge: die Verweildauer in den Gemeinschaftsunterkünften zu verkürzen, den Weg von Sach- zu Barleistungen zu beschleunigen und die Mittel für die Asylsozialberatung kontinuierlich zu erhöhen.“

Die Staatsregierung hatte auf Drängen der FDP und der CSU-Sozialpolitiker manche Vorschriften für Asylbewerber bereits gelockert – so dürfen Familien mit Kindern jetzt schneller aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen. Von 29 000 Asylbewerbern in Bayern seien 18 000 bereits außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte untergebracht, sagte Seehofer.

Die Grünen begrüßten die Ankündigungen der Staatsregierung – auch wenn sie erst durch den Druck des Hungerstreiks bewirkt worden seien. Die sozialpolitische Sprecherin Renate Ackermann kritisierte jedoch Haderthauers Wende bei den Essenspaketen, deren Abschaffung die Grünen seit Jahren gefordert hätten. Bislang habe Haderthauer das mit Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz stets abgelehnt. Wenn sie jetzt auf einmal Bargeld statt Essenspaketen für möglich halte, strafe sie die jahrelange Argumentation ihres Ministeriums Lüge. „Also war Frau Haderthauers Haltung bloße Schikane“, sagte Ackermann.

Hilfsorganisationen wie der Bayerische Flüchtlingsrat und Refugio fordern einen grundlegenden Kurswechsel in der Asylpolitik und warfen der Staatsregierung fehlende Menschlichkeit bei der Behandlung der Asylbewerber vor. Kleinere Verbesserungen wären aus Sicht der Hilfsorganisationen nicht genug. Der Flüchtlingsrat forderte die Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte, die Abschaffung der Residenzpflicht und der Essenspakete und die Streichung des Arbeitsverbots in den ersten neun Monaten.

Der Hauptvorwurf: Durch die vielen Einschränkungen würden die Asylbewerber zur Untätigkeit gezwungen und überhaupt erst in die Abhängigkeit vom deutschen Sozialsystem getrieben. „Das Verfahren ist extrem bürokratisch. Die Flüchtlinge empfinden das als Schikane“, sagte Jürgen Soyer, Geschäftsführer von Refugio. 

 

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