Sind sich die Freien Wähler gegen rechts einig? Wo Aiwanger und Co. stehen

Die aktuelle Debatte um die Demonstrationen gegen rechts wirft Fragen über die Positionierung der Freien Wähler auf. So zeigten sich Mitglieder der Partei auf den Demos, während Parteichef Hubert Aiwanger Vorwürfe der Unterwanderung erhebt.
von  Maja Aralica
Das Dreigestirn der Freien Wähler: Digitalminister Fabian Mehring, Fraktionschef Florian Streibl und Parteiboss Hubert Aiwanger (v.l.).
Das Dreigestirn der Freien Wähler: Digitalminister Fabian Mehring, Fraktionschef Florian Streibl und Parteiboss Hubert Aiwanger (v.l.). © Sven Hoppe/dpa

Die Positionierung Hubert Aiwangers und der Freien Wähler gegen Rechts regte zuletzt hitzige Diskussionen an. Während sich der Koalitionspartner inklusive Markus Söder klar gegen Rechts ausspricht, bleibt die Frage der Positionierung seitens der Freien Wähler noch offen. Auf der einen Seite steht Partei-Chef Hubert Aiwanger, der den Demos gegen Rechts vorwirft "von Linkextremisten unterwandert" zu sein, auf der anderen steht der Fraktionsvorsitzende Florian Streibl, der sich mit einem strahlenden Lächeln auf "X" zu den Demos bekennt. Danke an "dieses grandiose Zeichen gegen Rechts" heißt es in seinem Post. Da fragt man sich, ob sich die Freien Wähler in der Sache gegen Rechts eigentlich einig sind.

Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl: "Mit seiner Kritik hat Hubert Aiwanger recht"

Im Gegensatz zu ihrem Parteivorsitz zeigen sich Mitglieder der Freien Wähler zufrieden mit den Demos gegen Rechts. So sagte Florian Streibl in der Abendzeitung: "Es war ein grandioses Erlebnis, diese Stärke unserer Demokratie persönlich mitzuerleben." Er fügt jedoch hinzu: "Mit seiner Kritik hat Hubert Aiwanger dennoch vollkommen recht." Auch Fabian Mehring, Staatsminister für Digitales, schließt sich seinem Parteikollegen in der AZ an.

"Den Hinweis der Ministerkollegen Eisenreich und Aiwanger und des Philosophen Nida-Rümelin, dass wir bei aller berechtigten Freude über die eindrucksvollen Kundgebungen vom Wochenende sensibel im Hinblick auf Organisatoren, Botschaften und Publikum bleiben müssen, halte ich für berechtigt", sagt Mehring. Er befürchtet, dass andernfalls eine Polarisierung in die nächste übergeht.  Er spricht in der AZ von der Befürchtung, "die politische Bühne für linke Ideologen und rechte Spinner" auszubauen. Mehring relativiert die Wortwahl der Demos. "Rechts ist eben etwas anderes als rechtsextremistisch und ich persönlich fände es sowieso besser, für etwas zu demonstrieren als gegen etwas. Nämlich für die politische Mitte", so Mehring. 

Florian Streibl bezeichnet Demo-Auftritt von Lisa Pöttinger als "ideologische Borniertheit"

Auf die Frage, ob die Position Aiwangers zur Position der Partei passe, antwortet Streibl mit einem klaren "Ja". Er bezeichnete den Auftritt der Veranstaltungsleiterin Lisa Pöttinger auf der Demo gegen Rechts in München als "ideologische Borniertheit". Er bezieht sich dabei auf Pöttingers Rede, in der sie die CSU für unerwünscht erklärte. Auch Fabian Mehring findet, dass Hubert Aiwangers Positionierung zu den Demos mit der Position der Freien Wähler übereinstimmt: "Die Heimat von uns Freien Wählern ist die politische Mitte. Menschen, die politischen Rattenfängern auf den Leim gegangen sind, dorthin zurückzuholen, muss das gemeinsame Ziel aller Demokraten sein".

Er habe den Eindruck, dass das Hubert Aiwanger "mit seinem bürgernahen Politikstil besonders gut gelingt". Er bezeichnet Aiwanger als "Bollwerk gegen rechte Geschäftemacher". Er argumentiert sogar, dass die "Zustimmung zur AfD auch deshalb geringer als etwa im Osten der Republik" sei, weil die Menschen "in Hubert Aiwanger eine bürgerlich-liberale Alternative aus der demokratischen Mitte sehen". Die Position der Freien Wähler scheint weniger eine "Brandmauer gegen Rechts" zu sein, sondern vielmehr eine Positionierung in einer selbstdefinierten Mitte, die rechte Wähler abzufangen versucht. 

"Wenn der Ton stimmt": Freie Wähler stimmen weiteren Demos in München zu

Aktuell plant die CSU laut Berichten des BR eine neue Demo gegen Rechts mitzuorganisieren. Markus Söder begrüßte die Idee, "wenn in München beispielsweise SPD, Grüne, CSU sich einigen mit FDP und anderen und sagen würden: Wir machen eine gemeinsame Veranstaltung". Fabian Mehring schließt eine Teilnahme an einer solchen Demo auch nicht aus, aber unter einer bestimmten Bedingung: "Wenn der Ton stimmt und die Veranstaltungen tatsächlich von der demokratischen Mitte getragen werden, sind wir Freie Wähler da selbstverständlich mit dabei".

Unter dieser Voraussetzung könne er sich auch "gut vorstellen, dass  dann auch Hubert Aiwanger bei einer solchen Kundgebung ans Rednerpult treten wird", so Mehring in der AZ. Auch der Fraktionsvorsitzende Streibl sieht bestimmte Bedingungen für eine Teilnahme als notwendig: "Wenn es sich um einen wirklich überparteilichen Schulterschluss ohne ideologische Vorgaben der Organisatoren handelt, ist sicher auch Hubert Aiwanger dabei". 

"Das kleinere Übel": Florian Streibl rechtfertigt Wahl der AfD-Verfassungsrichter

Vergangene Woche hatten sowohl die CSU, als auch die Freie Wähler in einer Landtagsabstimmung eine Liste von 15 Kandidaten inklusive zweier AfD-Kandidaten zu ehrenamtlichen Richtern an Bayerns Verfassungsgerichtshof gewählt.  Bereits vor der Wahl hatte sich die Spezi-Koalition für die Wahl der gesamten Liste ausgesprochen. Florian Streibl rechtfertigt die Entscheidung in der AZ: "Ausschlaggebendes Ziel ist, dass unser Verfassungsgerichtshof funktions- und arbeitsfähig bleibt und nicht zur Zielscheibe von AfD-Propaganda wird."

Er spricht davon, dass es "das kleinere Übel" sei, "wenn ein Einzelrichter in einem Spruchkörper von anderen Richtern sicher überstimmt werden kann, als dass Entscheidungen des Spruchkörpers möglicherweise anfechtbar sind oder dieser gar nicht entscheiden kann." Streibl stellt hier vor allem die Funktionstüchtigkeit anstelle von ethischen Bedenken in den Vordergrund.  Er fügt jedoch hinzu: "Die Bayernkoalition wird jedoch prüfen, ob eine Änderung gesetzlicher Grundlagen möglich ist, um einen Missbrauch der Wahl ehrenamtlicher Verfassungsrichter durch die Rechten im Landtag zu verhindern." 

Fabian Mehring will die AfD durch "gute Politik bekämpfen"

Auch Fabian Mehring sieht die CSU und die Freien Wähler "mit ihrer Parlamentsmehrheit" in der "Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der Verfassungsorgane unseres Rechtsstaates".  Auch wenn es ihnen "freilich nicht gefällt",  sei die AfD "nun einmal" als drittstärkste Kraft in Bayern gewählt. Er fügt hinzu:  "Eigens das Gesetz zu ändern, um die AfD um ihre demokratischen Rechte zu bringen, wäre falsch und würde die Rechtspopulisten in ihrem Opferrollen-Mythos bestärken".

Damit steht er in Kontrast zur vorherigen Aussage seines Parteikollegen, der sich für eine mögliche Gesetzesänderung ausgesprochen hat. Mehring fügt hinzu, dass die AfD am besten durch "gute Politik bekämpft" werde.  Das "Geschäftsmodell" würde enden, sobald es "dem Land und seinen Menschen gut geht", so Mehring. "Dann braucht die AfD niemand mehr. Das sollte unser gemeinsames Ziel aller Demokraten sein", sagt er abschließend.  Welche Schritte zur "guten Politik" gegen die AfD notwendig sind, führt er nicht aus. 

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