Rente jenseits der 65 macht Probleme

Noch fit im Job - also später in Rente? Oder früher in Rente, wenn die Arbeit zu belastend wird? All das soll leichter werden zu entscheiden. Doch die Verantwortlichen tun sich schwer mit den Reformschritten.
von  dpa

Berlin - Später oder früher in Rente? Politik und Tarifpartner wollen jetzt die Weichen dafür stellen, dass mehr Menschen vom normalen Rentenalter abweichen können, heute 65 Jahre und 4 Monate. Die Älteren sollen stärker selbst entscheiden können, wie lange sie im Job bleiben. Doch die Meinungen über längeres oder kürzeres Arbeiten gehen auseinander.

Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Berichte über Beschäftigte, die nicht etwa mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen - sondern im Gegenteil länger arbeiten wollen. Erzählt wurde von Programmierern, die nach wenigen, eher langweiligen Rentnerjahren gern zum Arbeitgeber zurückkehren, von Geschäftsführern auf Suche nach neuen Geschäftsfeldern auch mit 65 plus - und sogar von einer Putzfrau, die sich ein Recht auf längeres Arbeiten vor Gericht erstreiten wollte.

"Bisher ist in vielen individuellen Arbeitsverträgen und Tarifverträgen festgelegt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Erreichen der Altersgrenze endet", erläutert der CDU-Abgeordnete Peter Weiß. Das solle sich ändern. Denn mit ihrem Rentenpaket hat die Koalition im Sommer festgelegt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis befristet verlängern können.

Das Problem ist laut Weiß nur: Die Tarifverträge der DGB- und anderer Gewerkschaften hielten viel zu oft am starren normalen Rentenalter fest. Auf die Tarifverträge verweisen laut Weiß aber viele Arbeitsverträge. "Verantwortlich sind dafür die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften." Auch die Musterarbeitsverträge, die die Industrie- und Handelskammern den Unternehmen als Vorlage anböten, enthalten laut dem CDU-Mann den Hinweis auf die Regelaltersgrenze.

Warum ist das so? Gerade die Arbeitgeber fordern doch immer wieder bessere Bedingungen für längeres Arbeiten. "Der Verdacht drängt sich auf, dass manche Arbeitgeber längeres Arbeiten nur bei neuen Arbeitsbedingungen mit schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter gut finden", sagt Weiß.

Die DIHK-Sozialexpertin Stefanie Koenig hält dem entgegen: "Wenn ein Arbeitnehmer feststellt, dass er gerne zum Beispiel ein oder zwei Jahre weiterarbeiten möchte, setzt das voraus, dass er dies mit dem Arbeitgeber vereinbart. Das ist möglich." Und beim Arbeitgeberverband BDA heißt es, das sei eine Frage für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. "Tarifvertragliche Regelungen sind für die nur im Einzelfall zu regelnde Frage, ob ein Arbeitsverhältnis verlängert werden soll, weder geeignet noch erforderlich."

Wie sieht man das beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB)? Eine Sprecherin will sich zu der Frage überhaupt nicht äußern. Der Ruf nach längerem Arbeiten geht für die Gewerkschaften aber an den wahren Problemen Hunderttausender Beschäftigter heute ohnehin vorbei.

An diesem Donnerstag will die Gewerkschaft IG BCE in Kassel ihre Forderungen für die anstehende Chemie-Tarifrunde für 550 000 Beschäftigte beschließen. Dabei will die Gewerkschaft auch Demografie-Verträge voranbringen, kündigt Sprecher Michael Denecke an. "Das dürfte in die Richtung gehen, dass ältere Beschäftigte bei der Wochenarbeitszeit entlastest werden." Die Idee: beispielsweise schon mit 62 weniger arbeiten, um bis zum Rentenalter durchzuhalten.

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, sagt: "Das Problem ist nicht, wie wir dem 65-Jährigen eine Verlängerung des Arbeitsvertrags ermöglichen, sondern wie wir dem 62-Jährigen, der nicht mehr kann, eine faire Ausstiegschance eröffnen."

Sicher ist: Ein Renner ist längeres Arbeiten heute nicht. Obwohl ein Rentenzuschlag von 0,5 Prozent je Monat winkt, kamen nach den jüngsten Zahlen 2013 nur rund 15 000 Menschen so in Rente - bei 1,2 Millionen Neurentnern insgesamt. Die Rentenversicherung schickt seit neuestem älteren Arbeitnehmern den Hinweis, dass sie Rente auch später als zum normalen Rentenalter beantragen können. Allerdings: Im Schnitt beträgt das Ausstiegsalter laut IG Metall etwa bei Elektro-, Textil- oder Metallberufen rund 60 Jahre.

Nächste Woche soll die Koalitions-Arbeitsgruppe, die Vorschläge für flexiblere Übergänge in die Rente vereinbaren soll, in die Schlussrunde starten. Ursprünglich sollte sie schon längst fertig sein. Doch die Meinungen gehen auseinander. Nun sieht der Zeitplan des Bundesarbeitsministeriums vor, dass ein Gesetz bis Ende August fertig wird. Es kann laut Beobachtern gut sein, dass als Konsens im Wesentlichen herauskommt, dass ältere Arbeitnehmer leichter in Teilrente gehen und mehr als bisher hinzuverdienen können. Bei 450 Euro ist hierbei heute nämlich Schluss, sonst drohen hohe Abschläge.

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