Merkels China-Reise im Zeichen der Flüchtlingskrise
Die Kanzlerin besucht zum achten Mal China. Im Gepäck hat sie die aktuellen Krisen - von Syrien bis zur VW-Abgasaffäre. Es geht auch um den Ausbau der Wirtschaftskooperation. Bleibt da noch Raum, um für Menschenrechte und inhaftierte Anwälte einzutreten?
Berlin/Peking - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will China angesichts der Flüchtlingskrise stärker in die Lösung internationaler Krisen einbinden. Bei den Verhandlungen über einen Atomkompromiss mit dem Iran sei sehr gut mit Peking zusammengearbeitet worden, hieß es in Berliner Regierungskreisen zu den Zielen der achten Chinareise der Kanzlerin. Darauf aufbauend wolle Merkel am Donnerstag mit der chinesischen Staatsspitze unter anderem über Lösungsansätze bei den Krisen in Syrien, Afghanistan, der Ukraine und Nordkorea reden.
Die Kanzlerin wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Abkommen mit größerem Volumen werden aber nicht erwartet. Vor dem Abflug appellierten Menschenrechtler und Anwälte an Bundeskanzlerin Angela Merkel, in Peking die Verfolgung und Inhaftierungen in China anzusprechen. Nach zahlreichen Festnahmen von Bürgerrechtsanwälten forderten die Bundesanwaltskammer und der Anwaltverein Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich in Peking für die Freilassung der chinesischen Kollegen einzusetzen.
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Die Krise in Syrien wird aber im Mittelpunkt stehen. Die meisten der nach Deutschland strömenden Flüchtlinge kommen aus Syrien - eine Verbesserung der Lage in ihrem Herkunftsland gilt als ein Schlüssel in den Bemühungen um eine bessere Steuerung des Andrangs.
Angesichts der gestärkten internationalen Position Chinas wünscht sich Berlin, dass Peking einen positiven Einfluss auf seinen wichtigen Wirtschaftspartner Russland ausübt. Moskaus militärisches Engagement in Syrien wird vom Westen als Unterstützung für das Regime von Präsident Baschar al-Assad kritisiert. Nach Angaben des Kremls soll Russlands Luftwaffe die Terrormiliz Islamischer Staat bekämpfen.
Berlin erhofft sich zur Bekämpfung von Fluchtursachen auch ein stärkeres Engagement Pekings zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan und Pakistan - zu beiden Ländern unterhält China traditionell gute Wirtschaftsbeziehungen.
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Angesichts der Umbruchphase in der chinesischen Wirtschaft weg vom exportgetriebenen Wachstum will Merkel außerdem neuen Schwung in die Wirtschaftszusammenarbeit bringen. Während Merkels Reise sollen mehrere Abkommen unterzeichnet werden, darunter eines, das den Börsenplatz Frankfurt betrifft. Details wurden vorab nicht genannt. Auch die VW-Abgasaffäre wird Thema sein: Die Kanzlerin wird auch vom neuen VW-Chef Matthias Müller begleitet.
Am Donnerstag wird Merkel zunächst mit militärischen Ehren von Ministerpräsident Li Keqiang empfangen. Später ist auch ein Gespräch mit Staatspräsident Xi Jinping geplant. Am Freitag fliegt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Begleitung von Regierungschef Li in dessen Heimatprovinz Anhui - dies gilt als besondere Ehre. In der Nähe der Millionenstadt Hefei will Merkel eine Bauernfamilie und eine Dorfschule besuchen.
Amnesty, die International Campaign for Tibet und der Weltkongress der Uiguren forderten Merkel auf, in Peking klar für Menschenrechte einzutreten. "Unter Führung des aktuellen Präsidenten Xi Jinping müssen wir deutliche Rückschritte bei den rechtlichen Reformen feststellen und damit auch beim Schutz der Menschenrechte", heißt es in einem Brief. Laut Amnesty International sind noch 28 Anwälte, Mitarbeiter und Aktivisten in Haft, unter Hausarrest oder verschwunden.
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Auch Internetnutzer müssen fürchten, "Opfer staatlicher Gewalt zu werden". Die Unterdrückung der Internetfreiheit ist nach einem Bericht der US-Organisation Freedom House in keinem Land der Erde so schlimm wie in China. Noch vor Syrien und dem Iran führt das Reich der Mitte die diesjährige Liste der Länder an, die Nutzer wegen kritischer Kommentare verfolgen und Inhalte zensieren.