Koalitionsvertrag: Das steht drin, das kostet er

Die große Koalition will große Aufgaben meistern – aber vor allem große Ausgaben. Ein Überblick über das, was auf uns in den nächsten Jahren zukommen wird.
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Der Mindestlohn kommt, es gibt mehr Geld für Rentner, Migrantenkinder können zwei Pässe behalten und auch die Maut steht zumindest formal im Koalitionsvertrag.
dpa Der Mindestlohn kommt, es gibt mehr Geld für Rentner, Migrantenkinder können zwei Pässe behalten und auch die Maut steht zumindest formal im Koalitionsvertrag.

Die große Koalition will große Aufgaben meistern – aber vor allem große Ausgaben. Ein Überblick über das, was auf uns in den nächsten Jahren zukommen wird.

Berlin - Immer raus mit der Kohle! So könnte das inoffizielle Motto des schwarz-roten Koalitionsvertrags lauten. Steuern wollen die Koalitionäre zumindest erstmal nicht erhöhen.

Laut Finanzminister Wolfgang Schäuble gibt es einen finanziellen Spielraum von 15 Milliarden Euro. Die Koalition rechnet aber intern mit Ausgaben von 23 Milliarden. Und nach AZ-Rechnungen könnten es sogar rund 40 Milliarden Euro werden. Welche Posten unter anderem geplant sind:

Mütterrente.
Hier hat sich die Union durchgesetzt: Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben, sollen ab der nächsten Rentenanpassung im Juli 2014 einen zusätzlichen Entgeltpunkt bei der Rentenversicherung bekommen. Das entspricht einer Erhöhung der monatlichen Rente um 25,74 Euro in Ost- und 28,14 Euro in Westdeutschland je Kind. Insgesamt kostet diese Rentenerhöhung 6,5 Milliarden Euro.

Lesen sie hier:
Der Koalitionsvertrag zum Downloaden

Finanziert werden soll das folgendermaßen: Der Bund überweist schon jetzt mehr als 80 Milliarden Euro jährlich als Zuschuss in die Rentenkasse, davon 11,5 Milliarden für die Mütterrente. Davon benötigt werden aber nur sechs Milliarden, so die Union. Mit dem Rest könne man die Erhöhung finanzieren. Der Bundes-Zuschuss in die Rentenkasse wird um zwei Milliarden erhöht.

Außerdem wollen Union und SPD den Beitragssatz zur Rentenversicherung auf dem derzeitigen Niveau von 18,9 Prozent festschreiben, bis 2017. Normalerweise müsste der Rentenbeitrag Anfang 2014 um 0,6 Punkte sinken, das wird aber jetzt eingefroren. Ob das reicht? Die Rentenkassen warnen: Es kann sogar noch zu Beitragssteigerungen kommen.


Rente mit 63.
Hier hat sich die SPD durchgesetzt. Wer künftig 45 Jahre lang Beiträge eingezahlt hat, kann ab Juli 2014 abschlagsfrei mit 63 Jahren in Rente gehen. Schrittweise soll diese Altersgrenze später wieder auf 65 angehoben werden. Kosten könnte das fünf Milliarden Euro. Ein Finanzierungs-Hinweis fehlt im Koalitionsvertrag.

Mindestrente (solidarische Lebensleistungsrente). Bis 2017 soll sie eingeführt werden. Wer 40 Jahre rentenversichert war, im Alter aber weniger als 850 Euro bekommt, dessen Rente soll aufgestockt werden.

Die Finanzierung soll laut Koalitionsvertrag „aus Steuermitteln“ erfolgen und nicht aus der Rentenversicherung. Gerechnet wird mit Kosten von bis zu 100 Millionen. Die Kosten werden bis 2030 voraussichtlich auf 3 Milliarden im Jahr ansteigen.

Erwerbsminderungsrente.
Für Rentner, die aus Gesundheits-Gründen früher aufhören müssen. Sie erhalten 45 Euro mehr im Monat. Die Rentenkasse kostet das langfristig zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Lesen Sie her: Lob und Kritik für die geplante Rente mit 63

Pflege.
Diese Ausgabe zahlt komplett der Versicherte, hier gibt es kein Geld vom Bund: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird zum 1. Januar 2015 um 0,3 Punkte erhöht. Aus den Einnahmen von 0,2 Punkten sollen Maßnahmen zur verbesserten Betreuung von Pflegebedürftigen bezahlt werden.

Die restlichen 0,1 Punkte werden zum Aufbau eines Pflegevorsorgefonds verwendet, der künftige Beitragssteigerungen abmildern soll. Den Beitragszahler kostet das insgesamt 5 Milliarden Euro.

Verkehr.
Für Investitionen in Straßen, Schienen & Co. macht der Bund fünf Milliarden Euro locker.

Städtebau.
Hierfür soll es 600 Millionen Euro geben.

Forschung.
Der Bund finanziert künftig die so genannte außeruniversitäre Forschung (z.B. Fraunhofer und Max-Planck-Gesellschaft) alleine, das kostet 3 Milliarden.

Geld für Länder.
Sie werden um sechs Milliarden Euro entlastet und sollen dafür Krippen und Kitas bauen.

Geld für Kommunen.
Sie sollen um fünf Milliarden Euro von der so genannten Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung entlastet werden – einer Zahlung nach dem Sozialgesetzbuch, die Behinderte zu Rehabilitation und Teilhabe an der Gesellschaft erhalten.

Entwicklungshilfe.
Dafür werden jährlich zwei Milliarden Euro bereitgestellt.

Ob Schwarz-Rot auf lange Sicht ohne Steuererhöhungen auskommen wird, ist übrigens nicht gesagt. Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind dazu bewusst vage gehalten: „Wenn gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen es erfordern, muss das Steuerrecht angemessen fortentwickelt werden“, heißt es. Noch gar nicht im Koalitionsvertrag beziffert sind zum Beispiel die Kosten der Energiewende.

Darüber hinaus hat sich Schwarz-Rot auf zwei wichtige Punkte geeinigt, die aber keine weiteren Ausgaben bedeuten:

Mindestlohn.
Zum 1. Januar 2015 wird der flächendeckende, gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen: Erstens gelten Branchenmindestlöhne, die über dem Mindestlohn liegen, weiter (z.B. am Bau, dort gibt’s 13,70 Euro). Zweitens: Tarifverträge gelten bis Ende 2016 weiter. Eine Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll die Mindestlöhne jährlich festsetzen.

Doppelter Pass.
Hier hat sich die SPD durchgesetzt: In Deutschland geborene Migrantenkinder müssen sich nicht mehr mit spätestens 23 Jahren für einen der beiden Pässe entscheiden. Zugewanderte Erwachsene müssen bei der Einbürgerung aber nach wie vor ihren Heimat-Pass abgeben. Außer, sie sind aus dem EU-Ausland. Dann bleiben zwei Pässe erlaubt.

 

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