Hat Christine Haderthauer ihre Mutter als Geldwäscherin benutzt?
München - Christine Haderthauer wird von ihren eigenen Modellautos überrollt. In einem Bericht der Staatsanwaltschaft an Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der den aktuellen Ermittlungsstand widerspiegelt und dem Untersuchungsausschuss als Vorlage dienen soll, erreichen die Vorwürfe eine neue Dimension. Um Gewinne am Finanzamt vorbei zu bugsieren, soll sie sogar ihre Muter als Geldwaschanlage benutzt haben.
Dem Ermittlungsbericht der Münchner Staatsanwaltschaft zufolge, die selbst jeden Kommentar dazu ablehnt, gibt es eine Fülle von Hinweisen darauf, dass das Ehepaar Haderthauer systematisch Steuerbetrug in beträchtlichem Umfang begangen haben soll.
Bisher war nur bekannt, dass die ehemalige Chefin der Staatskanzlei unter Betrugsverdacht stand. Ermittelt wird offenbar aber auch schon seit längerer Zeit wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.
Den Nürnberger Wirtschaftsanwalt Malte Magold, der Haderthauers ehemaligen Geschäftspartner Roger Ponton vertritt, wundert dies nicht. „Ich habe bereits in meinem ersten Schriftsatz vom Mai auf die eklatanten Widersprüche bei den Angaben der Haderthauers und den tatsächlich anzunehmenden Umsatzzahlen hingewiesen“, erklärt er.
Er ist darüber hinaus der Ansicht, dass die im Bericht genannten 55.000 Euro, die in den Jahren ab 2006 unter aktiver Mitwirkung von Christine Haderthauer an der Steuer vorbeigeschleust worden sein sollen, nur „die Spitze des Eisbergs“ seien.
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Anwalt Magold: „Meinen Erkenntnissen zufolge dürften die Steuer-Tricksereinen einen hohen sechsstelligen Betrag umfassen.“
Haderthauer: „Opfer von Verleumdung und maßloser Medienhetze“
Treffen die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft zu, agierten Christine und Hubert Haderthauer, der trotz der schweren Vorwürfe nach wie vor Leiter des Landgerichtsärztlichen Dienststelle in Ingolstadt ist, völlig bedenkenlos. Mehrere Zahlungen im Umfang von rund 30.000 Euro sollen direkt vom Firmenkonto (Sapor Modelltechnik) auf das Privatkonto des Ehepaares überwiesen worden sein. Dem Bericht der Staatsanwaltschaft zufolge tauchen diese Zahlungen weder in den Geschäftsunterlagen noch in den abgegebenen Steuererklärungen auf.
Bei einer Durchsuchung des Haderthauer-Hauses waren die Ermittler bereits auf merkwürdige Abrechnungen in Zusammenhang mit Auslandsreisen gestoßen, die über eine Kreditkarte von der Tochter auf Firmenkosten abgerechnet worden waren.
Wesentlich tiefer verstrickt scheint nun auch die Mutter von Christine Haderthauer zu sein. Auf ihrem Konto landeten allem Anschein nach im Jahr 2009 40.000 Euro, die aus dem heimlichen Verkauf von vier „Mercedes Simplex“-Modellen stammen könnten.
Die Mutter hatte den gleichen Betrag kurz darauf in mehreren Tranchen auf das Privatkonto ihrer Tochter und ihres Schwiegersohns zurück überwiesen. Dieser Vorgang soll sich noch ein weiteres Mal wiederholt haben.
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Beim Verkauf der Firma im Jahr 2008 hatten die Haderthauers angegeben, dass keine fertig produzierten Modellautos mehr vorhanden seien. Auch deshalb war der Wert der Firma vom Finanzamt mit lediglich 1.200 Euro beziffert worden.
Der Behauptung, dass zur damaligen Zeit kein Bestand fertiger Modellautos mehr vorhanden gewesen sei, widerspricht auch der in der Psychiatrie sitzende Roland S., unter dessen Federführung die filigranen und auf dem Sammlermarkt hoch gehandelten Miniaturfahrzeuge entstanden.
Die Politikerin hatte immer wieder betont, dass sie schon 2003 aus der Firma ausgestiegen sei, um sich keinen Interessenskonflikten auszusetzen. In einem Interview war die deutlich angeschlagene Ex-Ministerin erst in der vergangenen Woche mit Äußerungen in Erscheinung getreten, dass sie nichts falsch gemacht habe und Opfer von Verleumdung und einer maßlosen Medienhetze geworden sei.
„Nicht nachvollziehbarer Realitätsverlust“
Der Landtagsabgeordnete Peter Bauer (FW) spricht in dem Zusammenhang von „unglaublichem Hochmut“ und einem „nicht nachvollziehbaren Realitätsverlust.“
Horst Arnold (SPD), der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, sieht nach Bekanntwerden der neuen Erkenntnisse einen erhöhten Fragebedarf: „Wir werden das im Untersuchungsausschuss mit Sicherheit thematisieren müssen.“
Die CSU-Fraktion hatte der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zwar zugestimmt, aber zu verstehen gegeben, dass das Gremium „völlig überflüssig“ sei. Ministerpräsident Horst Seehofer, der laut Opposition seine „Musterschülerin“ zu lange gedeckt habe, kommen offenbar nur Zweifel an der Redlichkeit der Ex-Ministerin.
Er erklärt: „Das ist keine schöne Nachricht. Offensichtlich gestaltet sich die Angelegenheit schwieriger als bisher bekannt.“