"Eindeutiges Signal": Bayerischer AfD-Politiker Halemba bei Treffen rechtsextremistischer Burschenschaft

Rechtsextremisten treffen sich in Erlangen bei einer Burschenschaft. Auch Bayerns jüngster Oppositioneller Daniel Halemba von der AfD taucht dort auf.
Alexander Spöri
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Der AfD-Politiker Daniel Halemba auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Burschenschaft Frankonia.
Der AfD-Politiker Daniel Halemba auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Burschenschaft Frankonia. © Foto: Dominik Sauerer

Erlangen - Im vierstöckigen Gebäude in der Loewenichstraße 16 in Erlangen weht eine Fahne, die an das Kaiserreich erinnert, im Wind. Fast alle Jalousien sind heruntergezogen. Offenbar soll geheim bleiben, was sich dort hinter den Mauern der rechtsextremen Burschenschaft Frankonia abspielt oder wer sich im Haus aufhält.

Doch vollständig können sich die Besucher der Öffentlichkeit nicht entziehen. Denn vor den Räumlichkeiten liegen Polizisten, Journalisten und vermutlich auch Verfassungsschützer auf der Lauer. In der Vergangenheit gingen hier bekannte Rechtextremisten, Neonazis und Verschwörungsideologen ein und aus.

AfD-Politiker Halemba darf Mitglieder seiner Würzburger Burschenschaft nicht mehr treffen

So war es wohl auch am vorvergangenen Samstag, als sich einer der umstrittensten Parlamentarier Bayerns zu der undurchsichtigen Studentenverbindung aufmachte. Seine eigene Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag darf der AfD-Abgeordnete Daniel Halemba nicht mehr besuchen, möglicherweise hat es ihn auch deshalb nach Erlangen verschlagen. Verboten ist es ihm ebenso, die Mitglieder seiner Gruppierung zu treffen, so die Auflage der Staatsanwaltschaft, sonst muss er in Untersuchungshaft.

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Gegen den 22-Jährigen, der erst seit Kurzem für die AfD im Bayerischen Landtag sitzt, wird wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.

Ende September durchsuchte die Polizei bereits die Räumlichkeiten seiner Burschenschaft. Dabei fanden die Ermittler belastendes Material. Einen Monat später beantragte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth einen Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr, der wenig später unter Auflagen vom Landgericht Würzurg außer Vollzug gesetzt wurde.

Neben Halemba besuchten auch Neonazis das Treffen der Erlanger Burschenschaft Frankonia

Jetzt muss sich der Landtagsabgeordnete einmal wöchentlich bei der Polizei melden, wie aus einer Mitteilung der Behörde hervorgeht. Dass Halemba sich von diesen Auflagen nicht "unterkriegen" lasse, bekräftigte er nach der Verhaftung in einem Video auf der Plattform X.

Statt seine eigenen Burschenschaftler zu treffen, fuhr Halemba also knapp 100 Kilometer südöstlich zur Frankonia in Erlangen. Mit den Mitgliedern stehe er auch im Austausch, wie zwei Szene-Insider, die vor Ort waren, der AZ berichten. Bei dem Termin versammelten sich neben zwei Vorstandsmitgliedern der Jungen Alternative auch Neonazis. Darunter der Geschäftsführer eines Unternehmens für Nazi-Utensilien und die Musiker einer Rechtsrockband.

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Fotos belegen, dass Halemba die Örtlichkeit mit Sympathisanten der Kameradschaft "Nord Württemberg Sturm" aufsuchte. Dazu bezog er auf AZ-Anfrage keine Stellung. Diese Gruppierung sei laut Landesverfassungsschutz in Baden-Württemberg "neonazistisch geprägt". Ihre Anhänger rekrutieren und radikalisieren junge Erwachsene über das Internet.

SPD-Abgeordneter zeigt sich über das Treffen empört

Die Fotos und Videos, die rechtsextreme Organisationen aus diesem Spektrum auf Messengerdiensten einsetzen, ähneln in ihrer Ästhetik denen der rechtsterroristischen Atomwaffendivision. Diese ursprünglich aus den USA stammende Organisation möchte gewalttätig die Herrschaft der "weißen" Rasse herbeiführen.

Empört über den Neonazi-Aufmarsch in Erlangen ist der Landtagsabgeordnete Markus Rinderspacher. "Das Treffen ist erschreckend", sagt der SPD-Politiker. Er beschäftigte sich bereits vor acht Jahren in parlamentarischen Anfragen mit der rechtsextremen Burschenschaft Frankonia und denkt, dass von dieser Gruppierug ein Gefährdungspotential ausgehen könnte.

Die Frankonia klagte gegen die Nennung im bayerischen Verfassungsschutzbericht – und verlor

2015 wurde die Burschenschaft noch im bayerischen Verfassungsschutzbericht aufgeführt, inzwischen taucht sie dort nicht mehr auf. Das Innenministerium bestätigt auf AZ-Anfrage, dass die Frankonia gegen die Nennung Klage erhoben hat. Das Bundesverfassungsgericht stufte sie allerdings als "verhältnismäßig" ein. Außerdem sei die Gruppierung noch im Visier des Verfassungsschutzes.

Ähnliche Worte wie von Rinderspacher gab es auch von Journalist Dominik Sauerer zu hören, der das Treffen in der Loewenichstraße am Samstag beobachtete. "Die Deutsche Burschenschaft, also der Dachverband der Frankonia, erkennt die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und den deutschen Pass nicht an", sagt der 35-Jährige, der für die Grünen im Erlanger Stadtrat sitzt. "Wir hatten da Leute, die wegen dem Besitz von halbautomatischen Schusswaffen und unzähligen Propoagandadelikten verurteilt wurden", ergänzt er.

2020 hatte das Amtsgericht Erlangen einen 21-jährigen Burschenschaftler unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffenrecht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Für Szene-Kenner Sauerer war Halembas Auftritt ausgerechnet bei dieser Burschenschaft ein "eindeutiges" Signal, in welchem Milieu er sich herumtreibt. Darüber geben auch weitere Fotos von Sauerer Aufschluss. Auf denen posieren Gäste vor seiner Kamera mit "White-Power"-Geste. Dabei handelt es sich um ein Handzeichen, das neben dem ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump auch der Rechtsterrorist Brenton Tarrant nach seinem Anschlag auf zwei Moscheen in Neuseeland vor Gericht zeigte. Mit dem Symbol wollen Rechtsextremisten eine – ihrer Meinung nach – Überreaktion der Medien auf gewisse Ereignisse aufzeigen.

Bei der Veranstaltung: Vortrag von Geschichtsrevisionist im Mittelpunkt

Nachdem alle Personen die Räumlichkeiten der Burschenschaft betreten hatten, stand Geschichtsrevisionist Stefan Scheil mit einem Vortrag im Mittelpunkt. Das Thema: "Polens Großmachtfantasien im 21. Jahrhundert". Auch dieser Wissenschaftler ist im rechtsextremen Milieu kein Unbekannter. Osteuropa-Historikerin Franziska Davies von der LMU ist bei ihren Forschungen bereits auf den Mann aufmerksam geworden. Er sei ein "völlig unseriöser Historiker", der seine Thesen in der neurechten Szene verbreite.

Eine seiner Behauptungen: Beim deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1941 habe es sich um einen "Präventivkrieg" gehandelt, erzählt Davies. Das sei laut der Forscherin allerdings "unhaltbar". Scheil ist eines von vielen Gesichtern, die sich in der Vergangenheit bei der Burschenschaft blicken ließen. Aus dem Verfassungsschutzbericht von 2015 geht hervor, dass auch Rechtsextremist Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der gleichnamigen verbotenen Wehrsportgruppe, bereits vor Ort war – genauso wie Islamhasser Michael Stürzenberger und NPD-Politiker Axel Michaelis.

X-Nutzer melden Halemba, sein Account wird gesperrt

Nach 2015 sei die Studentenverbindung zwar weniger öffentlichkeitswirksam aufgetreten, wie ein Journalist, der aufgrund seiner Recherchen im rechten Milieu anonym bleiben möchte, bestätigt. Seit diesem Jahr gebe es allerdings wieder mehr Veranstaltungen.

Mit Sicherheit dürfte es am Samstag auch nicht die Letzte gewesen sein. Halemba schrieb bereits im Nachgang auf der Plattform X, dass er "gerne" wieder komme. In seinem Tweet spricht er von einem "tollen" Abend und "interessanten" Vortrag. Wenige Stunden später knipsten ihm die Verantwortlichen auf X allerdings das Licht aus. Mehrere Nutzer hatten Halemba gemeldet. Daraufhin reagierte die Plattform am Montag und sperrte sein Konto.

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40 Kommentare
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  • Der AndiChrist am 13.11.2023 22:13 Uhr / Bewertung:

    Wann werden die AfD und ihre rechten Seilschaften endlich verboten? Was sind das bloß für herzlose Leute, die diese Partei überhaupt wählen? Es ist wirklich unerträglich, dass diese Leute der Grund dafür sind, dass jüdische Mitbürger inzwischen erwägen, aus Deutschland zu emigrieren.

  • Bongo am 14.11.2023 11:29 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der AndiChrist

    Das sehen Sie falsch! Der Antisemitismus, der zuletzt auf den Straßen in Berlin oder Essen zu sehenund zu hören war, ist importiert! Und der Import geht weiter. Ein Wunder, daßsich Leute wie Sie wundern!

  • Der AndiChrist am 14.11.2023 12:50 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    Ach was? Wenn wir nun den angeblich "importierten Antisemitismus" exportieren, ist der dann verschwunden?

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