"Absoluter Skandal": Erste Sitzung des bayerischen Landtags in München – Wirbel um Verhaftung von AfD-Politiker
München - Mehr in angespannter als in feierlicher Stimmung ist am Montag der neu gewählte bayerische Landtag zusammengetreten. Bereits in der ersten Sitzung kam es zum Zusammenstoß zwischen der AfD und den anderen Fraktionen. Grund dafür war die Verhaftung des unterfränkischen AfD-Angeordneten Daniel Halemba wenige Stunden vor der konstituierenden Sitzung.
Da Halemba mit 22 Jahren der jüngste Abgeordnete des Parlaments war, hätte er als einer der beiden Schriftführer zur Eröffnung neben dem Alterspräsidenten Platz nehmen sollen. Während der AfD-Parlamentarier in Würzburg dem Haftrichter vorgeführt wurde, rückte für ihn der 23-jährige CSU-Parlamentarier Kristan von Waldenfels nach. Halemba wird Volksverhetzung und Verwendung verfassungsfeindlicher Organisationen in Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft in der Würzburger Burschenschaft "Teutonia Prag" vor.
AfD-Angeordneter Daniel Halemba verhaftet: "Absoluter Skandal für die Demokratie in Bayern"
Der AfD-Abgeordnete Christoph Maier bezeichnete die Verhaftung Halembas als "absoluten Skandal für die Demokratie in Bayern". Für die SPD sprach deren Abgeordnete Simone Strohmayr von einem "neuen Tiefpunkt". "Ich schäme mich für das Bild, das wir hier abgeben", so die Sozialdemokratin.
Sowohl Maier wie Strohmayr wurden von Alterspräsident Paul Knoblach gemahnt, "bei der Sache" zu bleiben. Die Sache, das war die formelle Übernahme der Geschäftsordnung des Landesparlaments in die neue Legislaturperiode.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner wiedergewählt – wohl ohne die Zustimmung der AfD
Die Kontroverse warf auch einen Schatten auf die Wiederwahl von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Von 200 anwesenden Abgeordneten erhielt die 58-Jährige 164 Stimmen, was den Schluss zulässt, dass die AfD mit ihren 36 anwesenden Mandatsträgern ihre Zustimmung komplett verweigerte.
Vor fünf Jahren hatte Aigner noch 198 von 205 Abgeordnetenstimmen und damit auch einige aus den Reihen der AfD erhalten. zwischenzeitlich war die Landtagpräsidentin mit der AfD mehrfach aneinander geraten. 20 der 26 vom Präsidium verteilten Rügen betrafen AfD-Politiker.
Fall Halemba: Ilse Aigner sieht neue "Verschwörungsmythen"
In ihrer Antrittsrede zeigte sich Aigner erschreckt über die "Verschwörungsmythen", welche die AfD in Zusammenhang mit dem Fall Halemba aufbaue. Sie könne dazu "nicht schweigen", so die Präsidentin. Die AfD betreibe eine Umkehr der Täter-Opfer-Rolle mit dem Ziel, "das Vertrauen in demokratische Institutionen zu zerstören".
Künftig will Aigner die Rügen mit einer Geldbuße wie Im Bundestag von 1.000 Euro verbinden. Sie werde auch auf das Verhalten "außerhalb des Landtags achten". Außerdem schlug Aigner einen "Demokratie-Kodex" vor, dem jeder Abgeordnete freiwillig beitreten könne. Außerdem plane sie einen "Demokratie-Spiegel" in Bayern, um die Demokratie "immer wieder zu vermessen". "Ich sorge mich wirklich um die Demokratie", sagte Aigner: "Die Demokratie ist in Bedrängnis".

Attacken auf Politiker und Journalisten seien Folge einer "planvoll aufgeheizten Stimmung"
Aigner rief die Abgeordneten auf, Politik nicht mit Angst und Populismus zu betreiben und äußerte die "dringende Bitte", "verbal abzurüsten" und das Parlament nicht zu einer "Bühne für Polittheater" zu machen. In der vergangenen Legislaturperiode sei eine "Verrohung der politischen Kultur in Bayern festzustellen".
Ohne die AfD zu nennen hatte zuvor schon Alterspräsident Paul Knoblach (Grüne) vor Extremismus und Populismus gewarnt. Populisten wollten Probleme aufbauschen und nicht lösen, warnte Knoblach, was auch als Mahnung an den Freie-Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger verstanden werden konnte. Eine Präambel allein "wird unsere Demokratie nicht schützen", meinte der 69-Jährige mit Blick auf den Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freie Wähler, dem erstmals eine solches zu Bekenntnis für die Demokratie und gegen Extremismus und Hass vorangestellt wurde.
Kandidat bekommt nicht einmal alle Stimmen aus eigener Partei: Landtagspräsidium ohne AfD
Die Vizepräsidentenwahlen verliefen wie erwartet. Mit den Stimmen auch der jeweils anderen Fraktionen, aber mutmaßlich ohne Unterstützung der AfD wurden in geheimer Wahl Tobias Reiß (CSU), Alexander Hold (Freie Wähler), Ludwig Hartmann (Grüne) und Markus Rinderspacher (SPD) zu Stellvertretern von Landtagspräsidentin Aigner gewählt.
Der Kandidat der AfD, Matthias Vogler aus Mittelfranken, verfehlte die erforderliche Mehrheit. Vergebens hatte die AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner für Vogler geworben. Die "sogenannten demokratischen Parteien" könnten sich wenigstens enthalten, schlug Eber-Steiner vor. Doch die große Mehrheit von 174 Abgeordneten stimmte mit Nein, sieben enthielten sich, nur 29 unterstützten den AfD-Kandidaten, der damit nicht einmal alle Stimmen aus seiner Fraktion erhielt. Die zählte zum Zeitpunkt der Wahl 36 Mandatsträger.