Interview

Bundeswehr-Experte Carlo Masala: "Ein Zwangsdienst schärft das Bewusstsein nicht"

Politik-Professor Carlo Masala spricht im AZ-Interview über den Krieg in Nahost, Chinas widerstrebende Interessen und warum er nichts von einer Dienstpflicht hält.
Martina Scheffler
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Rekruten beim feierlichen Gelöbnis zum 68. Gründungstag der Bundeswehr.
Rekruten beim feierlichen Gelöbnis zum 68. Gründungstag der Bundeswehr. © Christophe Gateau/dpa

Der 55-jährige Carlo Masala ist Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Die AZ hat sein neues Buch "Bedingt abwehrbereit" (C. H. Beck-Verlag, 18 Euro) gelesen und mit ihm über die derzeitige internationale Politik gesprochen.

Der 55-Jährige ist Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München.
Der 55-Jährige ist Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München. © Sven Hoppe/dpa

AZ: Herr Professor Masala, Sie beschreiben den Zustand der "Weltunordnung", in der wir uns befinden. Wenige Tage vor Erscheinen Ihres Buches "Bedingt abwehrbereit" kam der nächste Krisenherd in Israel/Gaza dazu. Wird dies zu einer Beschleunigung führen beim Beschaffungswesen, bei der Umsetzung der Zeitenwende generell und auch der Einstellung der Gesellschaft zu Verteidigungsthemen, oder wird vielmehr, bedingt durch das Karlsruher Haushaltsurteil, die Ertüchtigung der Bundeswehr erneut gebremst?
CARLO MASALA: Der Krieg Israels gegen die Hamas wird nicht zur Beschleunigung von irgendetwas führen, da die Situation aus Sicht der deutschen Gesellschaft und der deutschen Regierung keine direkte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands darstellt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und das daraus resultierende Haushaltsloch wird vielmehr dazu führen, dass innerhalb der Ampel aber auch der Gesellschaft die Debatte, ob das Sondervermögen in dieser Höhe auch wirklich notwendig ist, wenn man an anderen Stellen Kürzungen vornehmen sollte, erneut ausbrechen wird.

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Carlo Masala über die Bundeswehr: Warum eine Dienstpflicht nicht sinnvoll ist

Eine immer noch oft diskutierte Frage ist die nach einer Reaktivierung der Wehrpflicht in Deutschland. In "Bedingt abwehrbereit" sprechen Sie sich dagegen aus, verweisen unter anderem auf das Potenzial von EU-Bürgern in Deutschland und von Frauen bei der Gewinnung neuer Soldatinnen und Soldaten. Inwieweit könnte aber eine allgemeine Dienstpflicht das auch von Ihnen beschriebene geringe Verständnis der Gesellschaft für die Bundeswehr als militärische Kraft und die fehlende Resilienz der Deutschen verbessern?
Meines Erachtens überhaupt nicht. Ich sehe nicht, wie ein Zwangsdienst – und nichts anderes wäre eine Dienstpflicht –, das Bewusstsein für irgendetwas schärfen soll. Und außerdem wäre es auch bei einer Dienstpflicht nicht klar, ob irgendjemand dann zur Bundeswehr gehen würde und ob nicht doch die Mehrheit im zivilen Bereich diese Dienstpflicht ableisten würde.

Masalas neues Buch "Bedingt abwehrbereit".
Masalas neues Buch "Bedingt abwehrbereit". © C.H.Beck

Welche Rolle spielt China – hat es ein Interesse, alle Konflikte am Laufen zu halten, um dann in Taiwan zuzuschlagen, oder überwiegt der Wunsch, die Weltwirtschaft nicht zu beeinträchtigen?
China hat beide Interessen, was auch die Zögerlichkeit in seiner Politik erklärt: keine zu großen Friktionen bei der Weltwirtschaft, da diese auch China schaden würden, gleichzeitig aber eine möglichst große Abgelenktheit der USA von deren eigentlichem Ziel, einen chinesischen Aufstieg hinauszuzögern oder ihn gar zu verhindern.

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4 Kommentare
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  • Hausgeist am 07.12.2023 05:59 Uhr / Bewertung:

    Kann man die Bundeswehr nicht auch privatisieren,hat doch bei der Bahn auch so toll funktioniert…hab gehört die Grünen brauchen mehr Geld zum verheizen,wird ja auch kalt jetzt.

  • BB123 am 06.12.2023 20:19 Uhr / Bewertung:

    Na wenn er da genauso treffsicher ist, wie mit seinen Aussagen zur Ukraine...

  • Giasinger Bua am 06.12.2023 20:08 Uhr / Bewertung:

    Es gibt doch zahlen aus der Zeit der Wehrpflicht, wieviele Soldaten sich nach bzw in der Wehrpflicht verpflichtet haben. Hier hat die Bundeswehr seinerzeit eine nicht unerhebliche Menge an Soldaten verpflichtet.
    Ebenfalls gibt es Zahlen, wieviele Zivildienst leisteten.
    Wieso hat man hier dem „Experten“ nicht mal Umlauf den Zahn gefühlt und nachgefragt?
    Ebenfalls wäre eine Durchsetzung der Bundeswehr mit Wehrpflichtigen hilfreich beim „zerstören“ extremistischer Strukturen, da diese viel früher gemeldet werden. All dies wurde bereits in Fachberichten geäußert, als man die Wehrpflicht aussetzte.

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