Hubert Aiwanger gibt zu: In Bayern besteht viel Nachholbedarf – "Deshalb wurde nichts realisiert"

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) den Abbau der vielen bürokratischen Vorschriften. Bei der Rückzahlung von kleineren Corona-Hilfen solle der Bund mal "fünfe gerade sein zu lassen".
Ralf Müller |
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Doch kein Knatsch: Am Donnerstag ging die CSU recht freundlich mit dem "lieben Hubert" um.
Doch kein Knatsch: Am Donnerstag ging die CSU recht freundlich mit dem "lieben Hubert" um. © dpa

München - Atmosphärische Störungen in der bayerischen CSU-Freie-Wähler-Koalition waren einem Bericht von Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Landtag vorausgegangen. Doch im Wirtschaftsausschuss des Landesparlaments gingen die Christsozialen dann am Donnerstag doch recht freundlich mit dem "lieben Hubert" um.

In einem Interview hatte die stellvertretende Ausschussvorsitzende und frühere Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) noch am Vortag den Chor derjenigen CSU-Politiker verstärkt, die Aiwanger mehr oder weniger Vernachlässigung seiner Amtspflichten vorwarfen, weil er sich ständig auf Bauern-Demos zeigte.

Hubert Aiwanger im Wirtschaftsausschuss: Ein Koalitions-Knautsch blieb aus

Mit mehr Engagement wäre vielleicht der ablehnende Bürgerentscheid in der Gemeinde Mehring über den Windpark zu verhindern gewesen, grollte es aus dem CSU-Teil der "Bayern-Koalition". "Es wäre Aufgabe des Energieministers gewesen, viele Gespräche zu führen und die Sorgen zu lindern. Er hat auch viele Gespräche geführt – aber leider in anderen Fachbereichen", so Schreyer vor der Landtagssitzung.

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Doch wer auf einen offen ausgetragenen Koalitions-Knatsch im Landtagsausschuss gehofft hatte, wurde enttäuscht. Aiwanger unterließ es sogar weitgehend, wie sonst üblich auf die Berliner Ampel-Regierung einzudreschen, die auch die Wirtschaft in Bayern gefährde, sondern forderte in Anlehnung an die Worte eines früheren Bundespräsidenten: "Es muss ein Ruck durch das Land gehen."

30.000 Corona-Abrechnungen stehen noch aus

Mit dem Land meinte Aiwanger Bayern und mit dem Ruck einen Bürokratieabbau. Wegen zu vieler Vorschriften und Prüfungen müsse sich der Minister immer wieder persönlich einschalten, auch wenn es nur um den Bau eines Parkplatzes gehe, der seit Jahren nicht vorankomme, beklagte Aiwanger. Damit gab er allerdings indirekt den Kritikern recht, die meinen, Aiwanger hätte die Mehringer mit mehr persönlichem Einsatz vielleicht doch vom Windpark-Projekt überzeugen können.

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Viele kleine und mittlere Betriebe in Bayern werden seit Längerem von den Folgen der staatlichen Großzügigkeit in der Corona-Pandemie geplagt. Akribisch prüfen die Behörden, ob und wie viel der Corona-Soforthilfen zurückerstattet werden müssen. Die noch ausstehenden 30.000 Schlussabrechnungen beträfen vor allem die vom Bund ausgereichten Hilfen, berichtete Aiwanger. In manchen Fällen seien die Beträge so niedrig, "dass die Prüfung mehr kostet, als am Ende rauskommt". Aiwanger appellierte an den Bund, bei den kleineren Rückforderungen "fünfe gerade sein zu lassen".

Der CSU-Abgeordnete und Beauftragte der Staatsregierung für den Bürokratieabbau Walter Nussel drängte auf mehr Tempo beim Bürokratieabbau. Insbesondere bei Projekten der Grundversorgung könne man sich nicht mehr so viel Zeit lassen wie bisher, mahnte Nussel mit Blick auf den Ausbau der Energieversorgungsstruktur. In vielen Bereichen wie beim Bau müsse der perfektionistische Gold-Standard zurückgefahren werden.

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Erneuerbare Energien in Bayern: Acht Jahre bis ein Windrad steht

Aiwanger räumte Bayerns Nachholbedarf bei der Windenergie ein, was ihm umso leichter fiel, als seine Freien Wähler noch in der Opposition stets gegen die 10H-Abstandsregel eintraten. Der Ausbau der Windenergie außerhalb Bayerns gehe schneller voran, gab Aiwanger zu. Dort habe man aber auch früher angefangen. Damals sei im Freistaat nichts auf den Weg gebracht worden, "deshalb wurde auch nichts realisiert". Immerhin vergingen zwischen ersten Planungen und Inbetriebnahme eines Windrades im Durchschnitt acht Jahre.

Verständnis äußerte Aiwanger für die Sorgen der niederbayerischen Bevölkerung wegen des möglichen Baus von tschechischen Atomkraftwerken in Grenznähe. Aiwanger sprach von "berechtigter Unruhe und Nervosität". Tschernobyl und Fukushima seien "nicht vergessen". "Ob wir wollen oder nicht", so der Wirtschaftsminister, hänge Deutschland jedoch an der Kernenergie in Tschechien und Frankreich.

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  • Geradeaus-Denker am 10.02.2024 10:38 Uhr / Bewertung:

    Ich bin gespannt wann Aiwanger und Söder auf die grossartige Idee kommen werden, dass uns Wind- und Sonnen-Strom produziert in Bayern unabhängiger machen. Nur so werden wir Preissteigerungen durch importiertes Öl, Gas, Uran und Strom im Griff haben. Logisch klar, nur ideologisch nicht gewollt.

    Ich hoffe sie werden es irgenwann "erfinden", allen als tolle neue Erkenntnis verkaufen und dann klappt es endlich!

  • Der wahre tscharlie am 09.02.2024 16:07 Uhr / Bewertung:

    "Wegen zu vieler Vorschriften und Prüfungen müsse sich der Minister immer wieder persönlich einschalten, auch wenn es nur um den Bau eines Parkplatzes gehe, der seit Jahren nicht vorankomme"

    Ernsthaft jetzt? Aiwanger der "Kümmerer"?
    Es mag ja sein, dass die FW oder Aiwanger gegen die 10H Regel waren. Wenn es aber um die Stromtrassen aus dem Norden in den Süden ging, sprach Aiwanger aber auch, so wie die CSU, von "Monstertrassen".
    Um ein Sprichwort zu bemühen, "es ist nicht alles Gold was da glänzt".

  • Bongo am 09.02.2024 22:05 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Selbstverständlich sind das Monstertrassen! Bei uns werden sie gerade gebaut. In München wohl nicht, deshalb kannst Du auch nicht mitreden!

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