Satter Frauenüberschuss: Tiroler Skigebiet bietet Dating-Plattform

Singles können in Sankt Johann in Tirol auf der Piste daten. Die AZ hat sich vor Ort die Aktion angeschaut. Rentiert sich's oder ist es einfach nur peinlich?
Heidi Geyer |
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Singles aus Österreich und Deutschland treffen sich am Banner bei der Talstation des Jodlalmlifts.
Singles aus Österreich und Deutschland treffen sich am Banner bei der Talstation des Jodlalmlifts. © Geyer

Sankt Johann in Tirol - Die zwei Herren stehen da wie bestellt und nicht abgeholt, während sich alle anderen Skifahrer in die Schlange vor dem Lift einreihen. Warum sie da sind, darauf deutet ein Banner hin. "Lift und Liebe" ist eine Aktion des Tourismusverbands Kitzbüheler Alpen im Tiroler Skiort Sankt Johann.

Seit Januar dient jeden Freitag zur vollen Stunde die Talstation des Jodlalm-Sessellifts als Treffpunkt. An den Ticketkassen gibt's einen Namensaufkleber und ein kleines Stück Schokolade, außerdem eine Karte mit Frageideen, die das Eis brechen sollen.

Valentinstag-Aktion im Tiroler Skiort Sankt Johann: Nur deutlich ältere Frauen

Markus aus Kitzbühel war schon in der Vorwoche da. Aber da war das Wetter leider schlecht. "Es war eine ganz nette Runde mit zwei Damen, aber es hat sich leider nix ergeben, weil sie ein gutes Stück älter waren", sagt der 38-Jährige.

Markus und Kathi am Selfie-Spot. Kathis Kollegin Margit fragt während der Fotoaufnahme ganz dreist, ob es schon gefunkt hat.
Markus und Kathi am Selfie-Spot. Kathis Kollegin Margit fragt während der Fotoaufnahme ganz dreist, ob es schon gefunkt hat. © Geyer

Sie haben es sich trotzdem auf der Hütte gemütlich gemacht und es sei ein schöner Tag gewesen. Im Übrigen sei seine Ex-Freundin auch älter als er gewesen, aber das nur nebenbei. Eine schlechte Partie ist der Bier-Sommelier sicherlich nicht – und Skifahren kann er auch. Die Aktion findet Markus grundsätzlich gut und "definitiv besser wie Tinder". Einziger Kritikpunkt: Er würde sich wünschen, dass mehr Leute mitmachen.

Wobei das ein Trugschluss ist, wie sich herausstellt. Denn nach und nach treffen die Damen ein, so dass mitunter die Männer in der Unterzahl sind. Irgendwann steht es 15 zu drei. Also wenn das kein Argument ist, nach Sankt Johann zu kommen!

Flugbegleiterin Nina will Gaudi haben

Flugbegleiterin Nina (38) aus Prien am Chiemsee ist von ihrer Freundin Simone auf die Aktion aufmerksam gemacht worden. Die zwei sind gemeinsam unterwegs, auch wenn Simone in einer Beziehung ist. Blöd sei das nicht, "ich hab einen Riesenspaß dabei und würde am liebsten mitmachen", sagt sie der AZ lachend.

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Extra aus St. Ulrich am Pillersee ist eine blonde 39-jährige Tirolerin nach Sankt Johann gefahren. Eine Ingenieurin aus Hannover hat von der Aktion auf Instagram etwas mitbekommen und sich spontan entschlossen, ein verlängertes Skiwochenende in Tirol einzulegen. Aber sie schaut sich das Ganze lieber aus etwas Entfernung an und trägt auch keinen Namensaufkleber – inkognito, wie offenbar viele zu Beginn.

Liebe in Tirol: Wenn der Lift-Mitarbeiter nachhilft

Doch wer zu zaghaft auftritt, dem macht Stefan Beine. Er arbeitet am Jodlalmlift, hilft beim Einsteigen. Und fragt dann schon mal sehr deutlich nach, warum man denn alleine fahre und ob da wirklich keine oder keiner dabei gewesen ist am Treffpunkt – mit sichtlicher Freude und einer großen Portion Schalk.

Die Herren haben schon herausgefunden, dass der Aufkleber an den beschichteten Skijacken nicht so gut haftet, dafür aber am Helm. Immer mehr Singles trudeln ein, darunter auch eine Gruppe von Kolleginnen aus Kufstein, die alle um die 30 sind. "Mehr oder weniger" für die Aktion sind sie nach Sankt Johann gekommen, einfach zur Gaudi.

Sorgen, dass sie es bei der zwölfminütigen Liftfahrt nicht aushalten, haben sie nicht: "Schlimmstenfalls reden wir halt übers Wetter oder über die bisherige Skikarriere", sagt eins der Mädels.

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Ein 51-Jähriger aus Wien nutzt gleich die Gelegenheit und fragt die Tirolerin aus Sankt Ulrich, ob sie mit ihm Lift fahren würde. Er war im Skiurlaub mit Freunden, die sind aber inzwischen abgereist. Da hat er sich gedacht, er wolle sich das mal anschauen.

Ein Glühmost unter Wildfremden

So richtig gefunkt hat es bei der Liftfahrt scheinbar nicht, die Tirolerin hat sich verabschiedet. Dafür kommt er mit, als Nina und Simone bei einer Bar neben dem Jodlalmlift auf einen Glühmost einkehren. Christian aus der Wildschönau schließt sich an. Und auf einmal sitzen da vier Leute beinander, die sich vorher nicht kannten.

Haben sich über Jahrzehnte bewährt: Blumen als Liebesbeweis. Und: Wer ein ungewöhnliches erstes Date am Valentinstag erleben möchte, sollte im Tiroler Skigebiet vorbeischauen (Archivbild).
Haben sich über Jahrzehnte bewährt: Blumen als Liebesbeweis. Und: Wer ein ungewöhnliches erstes Date am Valentinstag erleben möchte, sollte im Tiroler Skigebiet vorbeischauen (Archivbild). © Helena Dolderer/dpa

Die Satire-Sendung "Willkommen Österreich" hat die Sankt Johanner Aktion etwas verunglimpft, nachdem eine andere TV-Moderatorin im Scherz vorgeschlagen hatte, vom Zweiersessellift doch lieber auf einen mit mehr Sesseln umzustellen. Von "Gang-Bang in der Gondel" war die Rede.

Im Jodlalmlift geht es ganz gesittet zu, ebenso am Selfie-Spot nahe der Bergstation. Ein paar alte Ski und Herzerl hängen dort in einem Rahmen aus Holz. Die 70-jährige Margit ist mit ihren jüngeren Kolleginnen unterwegs und will ein bisschen nachhelfen, als ihre Kollegin Kathi neben Markus auf dem Bankerl sitzt. "Und Kathi, spürst schon was, hat's schon gefunkt?", brüllt sie.

Die große Liebe war nicht dabei

Die zwei fühlen sich nicht peinlich berührt, sondern müssen lachen. Das ist vielleicht das Charmante an der Aktion: Die Leichtigkeit vom Skifahren überträgt sich auf das Kennenlernen. Wenn's nicht gefunkt hat, waren es ein paar schöne Schwünge.

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Tatsächlich ist eine Gruppe mit sechs Leuten noch am Nachmittag unterwegs, darunter zwei neue Damen, die ebenfalls Namensschild tragen. Die Herren schauen ganz zufrieden aus, die Mädels auch. Später trifft die AZ zufällig Margit und ihre zwei Kolleginnen am Parkplatz. Nein, die große Liebe war nicht dabei, aber sie fanden die Aktion gut.

Tourismusverband: "Haben schon Feedback bekommen"

Beim Tourismusverband ist man sehr zufrieden mit der Aktion, sagt Anna Millinger der AZ. Ob sich schon Paare gefunden haben, dazu habe sie keine genauen Zahlen. Bis jetzt haben 150 bis 200 Personen aus allen Altersklassen teilgenommen. "Wir haben schon das Feedback bekommen, dass es schade sei, dass die Aktion unter der Woche ist", sagt Millinger. Im kommenden Jahr falle der Valentinstag aber auf einen Samstag, das werde man nutzen.

Am Valentinstag an diesem Freitag ist das Finale der Aktion. Treffpunkt ist jeweils zur vollen Stunde am Jodlalmlift. Weitere Infos unter www.kitzbueheler-alpen.com

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