Flug MH370: Wenn große Dinge verschwinden

Keine Fortschritte bei der Suche nach MH 370. Der Fall der Boeing 777 ist der spektakulärste. Aber in der Schifffahrt und in der der Luftfahrt gibt es eine Reihe dramatischer und ungelöster Unfälle
von  Matthias Maus
1979: Von einer Monsterwelle einfach verschluckt? Von der „München“ (261 Meter lang, 34 Meter breit) fehlt bis heute jede Spur.
1979: Von einer Monsterwelle einfach verschluckt? Von der „München“ (261 Meter lang, 34 Meter breit) fehlt bis heute jede Spur. © ho

Wieder ist eine Spur kalt. Die Signale vom Meeresgrund des Indischen Ozeans stammen vielleicht von Schnabelwalen, wahrscheinlich aber nicht von der Blackbox der verschwunden Boeing 777 der Malaysia Airlines. Ein Riesenjet mit 239 Menschen an Bord ist auch mehr als einen Monat seit seinem Verschwinden nicht zu finden – nicht zu fassen. Und doch ist es gar nicht so selten, wenn Dinge verschwinden, auch sehr große Dinge.

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261 Meter lang, 34 Meter breit und 37134 Bruttoregistertonnen schwer war das Containerschiff „München“, als es am 7.Dezember 1978 mit 28 Mann Besatzung in Bremerhaven auslief. Unter dem Kommando von Kapitän Johann Dänekamp sollte das sechs Jahre alte Schiff Maschinen und Stahl nach Savannah in Georgia verschiffen. Die 62. Atlantik-Überquerung der „München“ war ihre letzte.

Am 12. Dezember meldete der Funkoffizier sehr schweres Wetter und Beschädigungen am Schiff. Stunden später gab es noch einige sehr schwache SOS-Signale. Dann war Funkstille. Im Seegebiet nördlich der Azoren begann eine der größten internationalen Suchaktionen der Nachkriegsgeschichte. Auf der dichtbefahrenen Route beteiligten sich insgesamt 110 Schiffe sowie Flugzeuge der Bundesluftwaffe und der Nato. Bis zum 28. Dezember dauerte die Suche. Sie blieb weitgehend ergebnislos. Es fanden sich später lediglich ein paar unbenutzte Rettungsinseln und ein zerstörtes Rettungsboot. Dieses gab entscheidende Hinweise auf die Unglücksursache. Das Boot war nicht zu Wasser gelassen, sondern offenbar in 20 Metern Höhe aus seiner Verankerung gerissen worden. Daraus schlossen Experten vom Seeschifffahrtsamt Bremerhaven, dass mindestens eine Monsterwelle die „München“ getroffen – oder den Ozeanriesen einfach geschluckt hatte. Diese Riesenwellen, „Kaventsmänner“, galten lange als Seemannsgarn. Heute sind „Freakwaves“ nachgewiesen, die sich auf offener See bei ungünstigen Wetterverhältnissen bis zu 40 Metern Höhe aufbauen. Wie, wo und wann die „München“ versunken ist, bleibt bis heute unklar. Die Reederei hat den Traditionsnamen „München“ seither nicht mehr vergeben.

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Unklar ist auch das Ende von „Flug 19“. Es war zugleich der Beginn des Mythos vom „Bermuda-Dreieick“. Am 5. Dezember 1945 brachen fünf US-Bomber vom Typ Avenger von Fort Lauderdale zu einem Übungsflug Richtung Bermuda auf. Es gab noch eine Reihe von Funksprüchen, dann verschwanden alle Machinen und die 14 Mann Besatzung spurlos. Es herrschte schlechtes Wetter, schlechte Sicht, die Piloten waren bis auf den Staffelführer alle Anfänger.

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Drei Jahre später verschwand eine DC-3 mit 37 Passagieren in demselben Seegebiet auf dem Weg von Puerto Rico nach Miami. Von den Insassen und der Maschine gibt es keine Spur. In den folgenden Jahren gab es weitere Unfälle in der Region. Aber alle Statistiken widersprachen einer ungewöhnlichen Häufung von Unfällen im „Bermuda-Dreieck“. Gemeinsam ist fast allen Unglücken, dass die Piloten die Orientierung verloren. Grund dafür könnten starke Kompass-Anomalien in der Karibik sein. Seeleute wissen um solche „Missweisungen“, die bis zu 14 Grad (zwischen Kompass -und echtem Nord) betragen können. Sie sind in Seekarten verzeichnet.

Andere Probleme hatte Flug 739 der Flying Tiger Line. Die viermotorige „Super Constellation“, 1962 das größte Passagierflugzeug der Welt, sollte 107 Menschen von Kalifornien nach Saigon fliegen. Nach zwei Zwischenstopps und dem Start in Guam verschwand die Maschine mit dem Etappenziel Philippinen für immer. Es herrschte klares Wetter ohne nennenswerte Turbulenzen.

Im Jahr 2003 verschwand eine Boeing 727 von den Radarschirmen, nachdem sie in Angolas Hauptstadt Luanda gestohlen wurde. Mindestens ein Pilot und ein Flugtechniker waren an Bord.

Nach den Daten der US-Flugbehörde sind seit dem Zweiten Weltkrieg 88 Flugzeuge spurlos verschwunden. Der Fall der MH 370, die am 8. März auf dem Weg nach Peking nach Südwesten abgedreht und vermutlich im Indischen Ozean versunken ist, ist der spektakulärste. Nicht nur Laien wundern sich: Wie kann eine Boeing von den Dimensionen eines Fußballplatzes verschwinden? Und wie kann es sein, das es noch immer keine Spur gibt in einer Zeit, in der Satelliten Nummernschilder lesen können?

An der Suche beteiligen sich Schiffe und Flugzeuge aus 18 Nationen. Der Leiter der Suchaktion, Angus Houston, hatte die neueste Hiobsbotschaft. Die „Pings“, die in den letzten Tagen 2000 Kilometer westlich der australischen Westküste empfangen wurden, stammen nicht von der Blackbox, der darüber hinaus die Batterie ausgegangen sein dürfte. In dem Seegebiet gibt es „hunderttausende Schnabelwale“, sagt Olaf Boebel vom Alfred-Wegener-Institut. Sie machen ein ähnliches Geräusch wie die Blackbox.

 

Verschollene Luftfahrt-Promis

 

Glenn Miller, Roald Amundsen oder Amelia Earhart bezahlten ihre Fliegerei mit dem Leben

Mehr als noch verschwundene Dinge elektrisieren Promis, die vom Erdboden verschluckt scheinen – oder von der See.

Im letzten Jahrhundert faszinierte der Polarforscher Roald Amundsen. Bei einem Flug im Rahmen einer Rettungsaktion für Umberto Nobile und sein Nordpol-Luftschiff verliert sich 1928 die Spur des Norwegers, der als erster Mensch am Südpol war.

Den Atlantik hatte Amelia Earhart 1932 als erste Frau solo überquert, 1937 wollte sie um den Äquator fliegen. Zwischen Neuguinea und den Howland-Inseln im Pazifik riss der Funkkontakt ab. Es fand sich nie wieder eine Spur der Flugpionierin.

Der Jazz-Musiker Glenn Miller („Chattanooga Choo Choo“) wollte am 15. Dezember 1944 mit seiner einmotorigen Noorduyn C-64 von England ins frisch befreite Paris fliegen, um mit seiner Big Band für US-Soldaten zu spielen. Er kam nie an. Neben Verschwörungstheorien scheint die Version plausibel, sein Flugzeug sei in einen Bombenteppich einer britischen Staffel geflogen, die ihre tödliche Fracht auf dem Rückflug über dem Ärmelkanal abwarf – ein ein übliches Verfahren vor der Landung. Von Glenn Miller fehlt jede Spur. Ebenfalls 1944 verlor sich für mehrere Jahrzehnte die Spur des französischen Dichters Antoine de Saint-Exupery. Der Autor des „Kleinen Prinzen“ war im Juli mit einer Lockheed F-5 über Südfrankreich verschollen. Ob er abgeschossen wurde, ein technischer Defekt die Ursache war oder Selbstmord des depressiven Künstlers, ist unklar. 2004 konnten Wissenschaftler Trümmerteile, die im Mittelmeer gefunden worden waren, der Maschine zuordnen.

 

 

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