Wiedereröffnung der Gastronomie: Wirte kämpfen um Personal
München - Die Corona-Pause war für die Wirte fast unerträglich lang. Die meisten haben die schwierigen Monate dank Staatshilfen und Kurzarbeitergeld einigermaßen überstanden.
Viele kehrten der Gastronomie den Rücken zu
Umso größer war die Freude, als vor gut zwei Wochen die Außengastronomie wiedereröffnen durfte. Allerdings ging ab dann alles sehr schnell.
Die Betriebe wurden im Turbotempo hochgefahren und vor allem Mitarbeiter mussten wieder her. Nicht nur Mini-Jobber, sondern auch einige Festangestellte haben sich im letzten Jahr neue Jobs gesucht und der Gastronomie den Rücken gekehrt.
Die meisten Gäste sind verständnisvoll
Immerhin: die meisten Gäste sind so froh, sich wieder an einem Tisch bewirten lassen zu dürfen, dass sie Verständnis haben, wenn nicht alles von Anfang an reibungslos läuft.
Xenya Jäger betreibt das Lokal "Sehr wohl" im Westend und sagt der AZ: "Natürlich hat nach der langen Pause nicht jeder meiner Mini-Jobber wieder Kapazitäten. Einige haben sich um andere Jobs gekümmert. Zum Glück hat sich eine neue Mitarbeiterin bei mir vorgestellt. Aber ich bräuchte dringend noch einen oder zwei weitere Servicekräfte."
"Es nimmt viel Zeit in Anspruch bis man wieder eine Routine hat"
Sie selbst ist inzwischen etwas aus der Übung, wie sie erzählt: "Vom vielen Stehen, Laufen, Bierkästen schleppen hatte ich am Anfang erst mal ganz schön Muskelkater. Aber das ist alles positiver Stress. Wir wollen ja alle wieder arbeiten!"
Und sie musste feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, mal eben auf die Schnelle wiederzueröffnen. Eine neue Karte, Personal, Hygienekonzept: "Es nimmt viel Zeit in Anspruch bis man wieder eine Routine hat. Aber die kommt sicher bald zurück", zeigt sie sich zuversichtlich.

Anita vom Hey Luigi im Glockenbachviertel hat Glück gehabt, wie sie erzählt: "Alle unsere Festangestellten konnten über die Kurzarbeit gerettet werden und auch die Mini-Jobber sind zum Teil wieder am Start. Alle anderen kommen zurück, wenn wir den Innenbereich wieder öffnen dürfen."
Wärmflaschen für frierende Gäste
Auch im "Hey Luigi" überwiegt die Freude, wieder loslegen zu dürfen. "Die Mannschaft ist fit und voll motiviert", freut sich Anita. Das einzige Problem war in den letzten Wochen das Wetter. Da mussten ihre Bedienungen schon mal mit Daunenjacke arbeiten und die Gäste mit Wärmflaschen bei Laune halten. "Das war dann doch etwas ungewohnt", erzählt sie und lacht.

Bei der Dehoga zeigt man sich optimistisch
Thomas Geppert, der bayerische Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga gibt sich in der Personalfrage optimistisch: "Von den Festangestellten in Kurzarbeit konnten viele gehalten werden. In dieser schlimmen Phase des Lockdowns haben sich viele Wirte etwas einfallen lassen für ihre Mitarbeiter. Der Dehoga hatte zum Beispiel auch Mitarbeiter zur Pandemiebekämpfung vermittelt. Grob geschätzt haben sich nur etwa zehn bis 15 Prozent der Festangestellten neue Jobs gesucht."
Geppert ist sich sicher, dass auch die Mini-Jobber bald wieder zurückkommen: "Wir kriegen das in den Griff. Das Gastgewerbe ist nach wie vor hoch attraktiv und eine Zukunftsbranche."
Das Wirtshaus im Braunauer Hof sucht dringend Mitarbeiter
Darauf hoffen Kristina und Mario Klaric auch sehr. Die Geschwister betreiben seit fünf Jahren das Wirtshaus im Braunauer Hof in der Frauenstraße und haben im letzten Jahr Mitarbeiter verloren.
"Einige konnten die Corona-Zeit nicht überbrücken und sind in die Security-Branche, Supermärkte oder Ähnliches gewechselt. Im Moment suchen wir dringend feste und freie Mitarbeiter für die Küche und den Service" erzählen die Klarics der AZ.

Das Problem: Aktuell lässt sich schwer abschätzen, wie das Jahr noch wird. Was viele nicht wissen: zum Wirtshaus gehört ein gemütlicher Biergarten. Wenn der gut besucht ist, braucht's viel Personal. Bei schlechtem Wetter kommt fast niemand, aber die Kosten bleiben. Deshalb müssen die Klarics ihre Mitarbeiter noch von Tag zu Tag einplanen.
Auch der Einkauf lässt sich schwer planen
"Zum Glück hat unser Personal viel Verständnis" sagt Kristina Klaric. Immerhin sind auch im Braunauer Hof alle voll motiviert, auch Mario Klaric selbst: "Ich habe meinen Beruf so vermisst. Der Kontakt zu den Lebensmitteln, wieder an der Pfanne stehen, ich liebe das!" Aber die wirtschaftliche Planung macht ihm im Moment noch Sorgen.
Nicht nur das Personal, auch der Einkauf lässt sich schwer planen. Überstanden ist die Krise im Braunauer Hof noch nicht. "Man will nichts falsch machen und wir haben einen hohen Respekt vor dem Virus" sagen die Geschwister. Immerhin lassen die Wetterprognosen hoffen, dass es jetzt zumindest in der Außengastronomie konstant aufwärts geht.
Sehr wohl: Westendstraße 66, Di-Sa: 11-22 Uhr, So: 11-20 Uhr
Hey Luigi: Holzstraße 29, Mo-So: 17-22 Uhr
Wirtshaus im Braunauer Hof: Frauenstraße 40/42, Mo-Sa: 11-22 Uhr, So: 11-15 Uhr
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