Wie sicher ist München? So reagiert die Polizei bei Amok und Terror
München - Nach den Terroranschlägen in Brüssel und Nizza 2016 und dem Amoklauf eines 18-Jährigen im OEZ mit neun Toten am 22. Juli 2016 hat die Münchner Polizei ihr Sicherheitskonzept komplett umgestellt sowie die Schutzausrüstung und die Bewaffnung der Beamten modernisiert.

Neue Schutzausrüstung für 30 Millionen Euro
Die bayerische Polizei hat angesichts der gestiegenen Gefahr massiv aufgerüstet. Die Beamten bekamen für 30 Millionen Euro neue Schutzausrüstung. Dazu zählen erstmals schusssichere Helme auch für Streifenpolizisten sowie neue kugelsichere Westen. Die neue Schutzausrüstung wiegt insgesamt 20 Kilo, alleine der Helm ist zwei Kilo schwer. Die Beamten wurden auch mit moderneren Dienstwaffen ausgestattet.
Die Westen bestehen aus mehreren Elementen, die je nach Einsatzlage miteinander kombiniert werden und in vollem Umfang sogar einem Kalaschnikow-Beschuss standhalten sollen, wie Innenminister Joachim Herrmann bei der Präsentation im Sommer 2017 betonte.
Alle Streifenwagen wurden um- bzw. nachgerüstet. Laut Ministerium wurden mehr als 10.000 Sets aus Helmen und Westen angeschafft. Die Ausrüstung im Streifendienst ist einmalig und soll bundesweiter Standard werden.
Um Flucht zu verhindern - ÖPNV wird lahmgelegt
Dazu wurden die Einsatzkonzepte komplett überarbeitet. Dazu gehört auch, den öffentlichen Nahverkehr lahmzulegen, damit Angreifer nicht vom Tatort fliehen können.
Weitere Details über die Strategien sind geheim. Man wolle Tätern keine Tipps geben, heißt es dazu im Präsidium.
Die Polizei unterscheidet nicht mehr zwischen Amokläufen und Terroranschlägen. Das hat sich nicht bewährt, ergab die Analyse des OEZ-Einsatzes. Die Sicherheitsbehörden sprechen stattdessen jetzt von einer "lebensbedrohlichen Einsatzlage". Situationen "mit hohem Gefährdungspotential für das Leben von Opfern, Unbeteiligten und Einsatzkräften",heißt es im Konzept des Innenministeriums, "bei denen ein oder mehrere Täter insbesondere mittels Waffen, Sprengmitteln oder außergewöhnlicher Gewaltanwendung gegen Personen vorgehen." Ein Szenario, wie jüngst im Fall des Rechtsradikalen Stephan B. in Halle, bei dem zwei Menschen getötet wurden.
So geht die Münchner Polizei im Terrorfall vor
Die ersten Kräfte, die an einem Einsatzort eintreffen, sind üblicherweise normale Streifenpolizisten. Auf besonders ausgebildete und ausgerüstete Spezialkräfte wie das SEK kann in manchen Situationen oft nicht gewartet werden. Das sah man beim Amok-Alarm am Berufsschulzentrum am Ostbahnhof im Frühjahr 2017. Ein ehemaliger Schüler war damals schwarz gekleidet im Sekretariat aufgetaucht und hatte so unbeabsichtigt Alarm ausgelöst.
Die Polizisten müssen schnell handeln. Sie legen zunächst ihre Schutzausrüstung an, dann bilden sie sogenannte Kontakt-Teams. Das heißt, sie sichern sich gegenseitig und gehen dann gemeinsam vor. Diese Handlungsweise ist dann notwendig, wenn Leben oder Gesundheit von Menschen gefährdet sind.
Informationsaustausch über Messenger-Dienst
So gingen die Polizisten auch vor, als im Februar 2019 auf der Baustelle des ehemaligen Frauengefängnisses am Neudeck in der Au ein 29-Jähriger zunächst einen Kollegen (45) erschoss und dann die Waffe gegen sich selbst richtete.
Zudem wurde die Kommunikation verbessert. Die Beamten verfügen inzwischen über einen Messenger-Dienst, über den sie Informationen und Fotos austauschen können.
Zudem versorgt die Polizei die Bevölkerung über Twitter, Facebook und Instagram mit gesicherten Informationen.

Regelmäßige Schulungen und Notfallübungen
Die Münchner Polizei ist jeden Tag ständig mit Streifenwagen im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Je nach Situation können sie von der Zentrale zu einem Einsatzort dirigiert werden. Das verkürzt die Zeit bis zum Eintreffen am Tatort im Notfall um entscheidende Minuten.
Die Münchner Polizisten werden regelmäßig geschult und üben zudem immer wieder die Einsatzlagen. So fand im Mai 2019 im Hauptbahnhof eine Großübung mit mehreren Hundert Beteiligten von Polizei Rettungsdiensten und Feuerwehr statt. Szenario war der Angriff von drei um sich schießenden Tätern.