Werner Steer im Interview: Der Chef des Deutschen Theaters über die Bälle im Fasching

Fasching bedeutet in München: Ballsaison. Der Chef des Deutschen Theaters erzählt im AZ-Interview von Promi-Gästen und den Vorlieben der Münchner.  
Interview: Myriam Siegert |
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Stets viel Prominenz: hier das Ehepaar Ude.
AZ-Archiv 10 Stets viel Prominenz: hier das Ehepaar Ude.
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"Ball der Sterne" 2016.
Gert Krautbauer 10 "Ball der Sterne" 2016.
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Stadtarchiv München 10 Es ging hoch her in den 1950ern.
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Stadtarchiv München 10 Früher gehörte Unterhaltungsprogramm dazu. Hier beim Fasching 1953.
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AZ-Archiv 10 Voller Neunziger? Ein Ballauftakt mit Kostümen der Modeschule.
Ausgelassene Stimmung.
AZ-Archiv 10 Ausgelassene Stimmung.
Plakat zum "Ball der Konditoren" 1976.
Deutsches Theater 10 Plakat zum "Ball der Konditoren" 1976.

Fasching bedeutet in München: Ballsaison. Der Chef des Deutschen Theaters erzählt im AZ-Interview von Promi-Gästen und den Vorlieben der Münchner.

Große Galas und berauschende Bälle: Im Münchner Fasching geht's desöfteren mit hochkarätigen Orchestern und Bands mächtig rund. So sieht Werner Steer, der Chef des Deutschen Theaters, das narrische Vergnügen.

AZ: Herr Steer, in München sind Bälle im Fasching viel populärer als etwa der Straßenfasching. Warum gibt's so viele Bälle?
WERNER STEER: Eigentlich waren es sogar mal viel mehr Bälle. Als ich als Aushilfe im Deutschen Theater angefangen habe, 1983 war meine erste Ballsaison, da waren es 40 Bälle. Aktuell liegen wir bei etwa der Hälfte pro Saison. Aber die Zeiten haben sich ja auch geändert.

Ein Ballsterben? Woran liegt das?
Früher gab es die Rundfunkbälle, die wurden ja jetzt auch eingestellt, jede Zeitung – auch die AZ – hat einen Ball gemacht, es gab viele Studentenbälle, die Polizei, die Bäckerinnung: Jeder hat einen Ball gemacht. Die sind, meist aus Kostengründen, alle weggefallen. Und vor allem die Kostümbälle, die gibt's fast gar nicht mehr. Bei uns gibt es seit vielen Jahren den "Karneval wie dazumal" und heuer zum ersten Mal wieder einen Weiberfasching zusammen mit Bayern 1. Da kommen die Gäste in Verkleidung, alle anderen sind Schwarz-Weiß-Bälle.


Werner Steer. Foto: Deutsches Theater 

Veranstalten Sie dann jetzt all diese Bälle?

Wir machen fünf Bälle selber, den Rest veranstalten vor allem die Tanzschulen. Die Narrhalla macht bei uns eine große Soirée inklusive Ordensverleihung. Die war früher auch unser Eröffnungsball, aber da wollten wir gerne etwas Eigenes haben. Seit sechs Jahren starten wir daher jetzt mit dem "Oide Wiesn Bürgerball". Der Narrhalla-Ball ist danach dann gleich der zweite große Ball.

Werner Steer: "Mehr München geht kaum"

Zum Oide-Wiesn-Ball kommt man in Tracht, oder?
Ja, aber nicht so, wie das manch einer auf der Wiesn missversteht, sondern so richtig. Wir veranstalten den Ball gemeinsam mit dem Festring München. Da kommen Trachtengruppen aus ganz Bayern, in vollem Gwand. Das ist ein richtig schöner Ball, der sich in kurzer Zeit zu einem Publikumsmagneten entwickelt hat. Die Wiesn, der Festring und das Deutsche Theater: Mehr München geht ja kaum.

Ist das überhaupt die Nische für den Münchner Fasching, die Verknüpfung mit der Tracht?
Ich würde sagen, es ist eine Nische. Wir haben mit dem "Bayerischen Landwirtschaftlichen Hofball" hier noch eine zweite Veranstaltung, bei der der Dresscode Tracht ist. Und die Leute nutzen die Gelegenheit, sich ins fesche Gwand zu werfen offensichtlich gerne.

Aber diese sinkende Zahl der Bälle, steht es schlecht um den Münchner Fasching?
Ich hab eher das Gefühl, dass es langsam wieder anzieht, aber das betrifft eben eher die Schwarz-Weiß-Bälle. Und da gibt es auch eine Konstanz. Viele gibt es schon seit über 30 Jahren. Anders ist es wie gesagt bei den Kostümbällen. Die Leute wollen sich scheinbar nicht mehr so gerne verkleiden.

Wie der Fasching München eroberte

Werner Steer: Wie Strauß und Genscher sich anpöbelten

Und was hat sich außerdem über die Jahre verändert?
Wir sind ja eine städtische GmbH und haben die Ausrichtung der Ballsaison in unserer Satzung stehen. Früher ging die mit dem Silvesterball los und dann durch bis Aschermittwoch. Heute wird das auf sechs Wochen zusammengeschoben, ab Mitte Januar geht es los, weil man einfach nicht mehr die Zahl der Veranstalter hat. Die Saison beginnt also erst Mitte/Ende Januar. Das Kuriose ist aber: Diese Zeit ist eigentlich die beste Theaterzeit, und genau da bauen wir unser Theater um in ein Ballhaus. Manchmal blutet mir da ein bissl das Herz, aber wenn man dann sieht, wie die Leute sich freuen und feiern, dann lohnt sich das.

Und die Bälle gibt es schon ewig.
Ja, die Ballsaison hat es schon immer im Deutschen Theater gegeben. Ich habe ein tolles Bild davon im Büro hängen, ein Motiv von 1889. Früher war sie das Highlight, der Hauptteil des Jahres. Heute ist unser Schwerpunkt natürlich schon die Theaterbespielung. Die Bälle hatten früher aber auch noch eine andere gesellschaftliche Relevanz. Beim Presseball zum Beispiel, da kam die gesamte Politprominenz. Da gab es ja auch noch den Weißwurstkeller, in dem alle Bälle geendet haben. Da sind die dann hinten im Eck gesessen und haben Politik gemacht.

Haben Sie eine Anekdote?
Ich habe da als Student gearbeitet und sollte gegen vier Uhr früh alle rausschmeißen. Zwei habe ich dann ein bisschen von hinten angepöbelt. Und dann drehen die sich um – und es waren der Strauß und der Genscher.

Oha!
Ja, aber sowas wollen wir wieder hinkriegen. Die Narrhalla-Ordensverleihung dieses Jahr, die war ein bisschen sowas, etwas, wo's ein bisschen einen Auflauf gibt. Da war die Münchner Politik-Prominenz da. Und im Vorfeld gab es einen großen Medienwirbel wegen dem Gabalier. Und die alten Bälle, wie den "Ball der 1.000 Torten", hätten wir gerne wieder. Unser Ziel ist es, pro Saison wieder 25 Bälle zu haben.

Werner Steer: "Die Leute sollen Platz haben zum Tanzen" .

Wie ist das mit der Musik, wozu tanzen die Leute?
Am schönsten ist es mit großem Orchester. Unser Hausorchester ist das Orchester Hugo Strasser. Beim "Ball der Sterne" spielen zudem noch die Münchner Symphoniker. Es gibt Walzer, Fox, Chachacha, Musik aus den 80ern und 90er Jahren. Im Silbersaal gerne auch andere Musik als im großen Saal. Letzten Samstag hatten wir die "Münchner Tanznacht" mit fünf Tanzflächen, jetzt am Wochenende sind die großen Rock-'n'-Roll-Bälle mit je über 2.000 Leuten. Da spielen zwölf Bands im ganzen Haus verteilt, vom Foyer angefangen. Bei den Schwarz-Weiß-Bällen machen wir aber bei 1.200 Besuchern Schluss. Die Leute sollen ja Platz haben zum Tanzen.

Wer sind Ihre Ball-Gäste?
Es ist erstaunlich, wie viele junge Leute kommen, das ist etwas, was mir richtig gut gefällt. Wir hatten eine Zeit lang Sorgen, dass kein Publikum nachkommt, aber seit sechs, sieben Jahren hat sich das gedreht. Ich habe neulich rumgefragt, da waren Gäste von 16 bis 86 Jahren da. Letztere sind Stammgäste, ein altes Ehepaar, die kommen seit Jahren auf jeden unserer Bälle. Das ist wirklich schön. 

Lesen Sie hier: Verruchter Fasching im Biedersteiner Wohnheim

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