Wegen Demonstrationsaufruf: CSU-Zoff mit den Kammerspielen
München - Dieser Konflikt hat sich irgendwie abgezeichnet: Nachdem die Münchner Kammerspiele offensiv zur Teilnahme an der für Sonntag geplanten Anti-CSU-Demo aufgerufen haben, kracht es zwischen dem Kulturtempel und der Partei nun gewaltig.
Als städtische Einrichtung hätten sich die Kammerspiele gefälligst an parteipolitische Neutralität zu halten, schäumt Manuel Pretzl, der Chef der Rathaus-CSU. Er hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) deshalb aufgefordert, den Kammerspielen die Teilnahme an der Demo zu untersagen. "Das ist wirklich wahnsinnig schlechter Stil", ätzt Pretzl.
Kammerspiele kontern CSU-Attacken
Kammerspiele-Chef Matthias Lilienthal kontert: "Es ist aber auch schlechter Stil, sich an seinem 69. Geburtstag über 69 Abschiebungen zu freuen", sagt er in Bezug auf jüngste Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Formaljuristisch habe Pretzl vielleicht sogar recht, gesteht Lilienthal ein. Die CSU erlaube sich derzeit aber ungewöhnliche Frechheiten, "das erlaubt uns wiederum ungewöhnliche Maßnahmen", findet er.
Die Kammerspiele wollen sich nicht den Mund verbieten lassen. "Wir werden uns weiter deutlich äußern", sagt Lilienthal, "noch deutlicher als bisher." Zumal der Aufruf zur Demonstration mitnichten ein Alleingang von ihm gewesen sei, so Lilienthal. Die Aktion sei mit der gesamten Theaterleitung abgesprochen gewesen.
Lilienthal contra Pretzl - und die SPD findet's auch noch schlimm
CSU-Mann Pretzl fordert nun dienstrechtliche Konsequenzen für Lillenthal. Der zeigt sich jedoch absolut unbeeindruckt. Der streitbare Intendant hat ohnehin längst keine Lust mehr auf die städtische Kulturpolitik. Für 2020 hat er deshalb seinen Abschied aus München angekündigt. "Was wollen die also groß tun", frotzelt Lilienthal, "mich etwa vorzeitig rausschmeißen?"
Bei der CSU findet man das nicht lustig. Ob der Verstoß für einen Rausschmiss von Lilienthal reicht, wagt Pretzl nicht vorherzusagen. Für ihn ist aber klar: "Der Oberbürgermeister muss hier dringend handeln."
Ob der OB etwas unternehmen wird? Bei der SPD zeigt man sich jedenfalls schockiert von dem CSU-Antrag. Die Kammerspiele seien bislang bei allen großen Demonstrationen für Gleichberechtigung, Menschlichkeit und Solidarität dabei gewesen, sagt Parteichefin Claudia Tausend. Sie spricht deshalb von einem "Tiefpunkt des demokratischen Grundverständnisses".
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