Wegen Corona: Datenschutzprobleme im Biergarten

Um Gäste bewirten zu dürfen, müssen Gastronomen deren persönliche Daten erheben. In mehreren Fällen wurden diese allerdings offen sichtbar weitergegeben.
Lukas Schauer |
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Ob auch Wirtschaftsminister Hubwer Aiwanger vorschriftsgemäß seine Daten angeben musste?
Lino Mirgeler/dpa Ob auch Wirtschaftsminister Hubwer Aiwanger vorschriftsgemäß seine Daten angeben musste?

München - Name, Anschrift, Telefonnummer: Wer sich in diesen Corona-Tagen im Biergarten, Restaurant oder Café niederlassen will, muss erstmal Papierkram erledigen. Die Vorschriften wollen es, dass alle Wirte personenbezogene Daten ihrer Gäste erheben. So sollen mögliche Infektionsketten und Kontaktpersonen schnell lokalisiert und isoliert werden.

Doch nicht jeder Gastronom oder Kellner ist ein ausgewiesener Datenschutzexperte. Die AZ kennt mehrere Fälle aus München, in denen Gäste am Tisch zwar vorschriftsgemäß ihre Daten angeben mussten. Allerdings wurde ihnen hierzu lediglich ein ausgerissenes Blockblatt vorgelegt, auf dem bereits alle Namen, Adressen und Telefonnummern der anderen Gästen standen. Offen einsehbar, im Zweifel schnell abfotografierbar – und zu möglichem Missbrauch verwendbar. Und freilich ein Verstoß gegen sämtliche Datenschutzgesetze.

Landesamt für Datenschutzaufsicht ist sensibilisiert

Auch dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (LDA) wurde "vereinzelt von einer solchen Handhabung" berichtet, bestätigt ein Sprecher der AZ auf Anfrage. Das LDA hofft aber, dass diese Verstöße nur "Anfangsschwierigkeiten sind, die vermutlich auf Unkenntnis zurückzuführen" sind.

Man habe allen großen Gastro-Verbänden die datenschutzrechtlichen Anforderungen mitgeteilt, so das LDA weiter. Die Datenschützer empfehlen, ein von ihnen verschicktes Musterformular zu verwenden. "Alternativ kann der Gastwirt die Daten auch so erheben, dass ein Mitarbeiter den Gast auffordert, die nötigen Angaben mündlich zu machen, und der Mitarbeiter nimmt diese Angaben schriftlich in eine bei sich geführte Liste auf", schreibt das LDA zum Prozedere.

Ob auch Wirtschaftsminister Hubwer Aiwanger vorschriftsgemäß seine Daten angeben musste?
Ob auch Wirtschaftsminister Hubwer Aiwanger vorschriftsgemäß seine Daten angeben musste? © Lino Mirgeler/dpa

Generell sei man sich bewusst, dass die neuen Vorschriften "sicherlich für die Praxis im bisweilen auch hektischen Alltag in der Gastronomie durchaus eine Herausforderung" sind. Man gehe aber davon aus, dass sich bei "entsprechender Sensibilisierung" die datenschutzrechtlichen Anforderungen "herumsprechen".

Dehoga klärt alle Wirte umfassend auf

Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) will nicht ausschließen, dass es in den ersten Tagen zu Problemen kam. Das "war sicher auch der für uns allen neuen Situation geschuldet und der Tatsache, dass die Vollzugshinweise erst sehr kurzfristig vor dem Wiedereröffnen veröffentlicht wurden und sich diese auch in dem Punkt Datenschutz bereits in der ersten Woche verändert haben", so ein Sprecher.

Man habe aber alle bekannt gewordenen Verstöße sofort angesprochen und verbandweit das Thema kommuniziert. Das Musterformular vom LDA habe man allen Mitgliedern mit der dringenden Empfehlung zur Benutzung weitergleitet. Man nehme den Datenschutz grundsätzlich sehr ernst.

Münchner Wirt kritisiert Bürokratie

An diesem Formular und am Vorgehen der Dehoga gibt es aber auch Kritik. Thomas Zufall, der Betreiber vom "München 72" in der Holzstraße versteht den bürokratischen Aufwand nicht. "Die Leute wollen bei mir ein Bier trinken und ein Schnitzel essen und kein Haus kaufen", sagt Zufall zur AZ. "Dafür liest sich niemand zwei Seiten Formular im Beamtendeutsch durch", das geforderte Vorgehen mit dem Formular sei "einfach nur absurd".

Datenschutz sei wichtig, aber es gebe einfachere und schnellere Mittel als Papierlisten. Zufall hat ein System mit QR-Code im Einsatz, bei dem nur einmal die Daten angegeben werden müssen – wer wiederkommt, lässt seinen Code scannen. Und muss nicht jedes Mal die Liste mit einem desinfizierten Stift ausfüllen.

Er sei "enttäuscht", dass die Dehoga derlei Bürokratie ihren Mitgliedern einfach aufbürde. "Wer geht denn da noch freiwillig in die Bar, die Leute kaufen sich ein Bier to go und setzen sich dann an den Gärtnerplatz, da müssen sie sich nicht registrieren", kritisiert Zufall.

Lesen Sie hier: Wegen Corona-Schließung - Gastro im Gasteig ist insolvent

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