Waffen-Beschaffer kannte Böhnhardt

Er soll die Ceska nach Deutschland geschmuggelt haben, mit der neun der zehn Opfer der Rechtsradikalen ermordet wurden.
von  Natalie Kettinger
Der Zeuge Enrico T. (M) wird von seinem Anwalt am 28.04.2014 durch einen Gerichtsgang in München begleitet und verbirgt sein Gesicht hinter einem Regenschirm. Enrico T. sollte als Zeuge aussagen, um Angaben über die Herkunft der Tatwaffe zu machen, mit der der Nationalsozialistische Untergrund laut Anklage neun Menschen tötete.
Der Zeuge Enrico T. (M) wird von seinem Anwalt am 28.04.2014 durch einen Gerichtsgang in München begleitet und verbirgt sein Gesicht hinter einem Regenschirm. Enrico T. sollte als Zeuge aussagen, um Angaben über die Herkunft der Tatwaffe zu machen, mit der der Nationalsozialistische Untergrund laut Anklage neun Menschen tötete. © Tobias Hase/dpa

Er soll die Ceska nach Deutschland geschmuggelt haben, mit der neun der zehn Opfer der Rechtsradikalen ermordet wurden.

München - Im NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte ist es am Montag vor dem Münchner Oberlandesgericht zu Verzögerungen gekommen. Zunächst verspätete sich der einzige für den Tag geladene Zeuge, der über seine Rolle bei der Beschaffung der Tatwaffe vom Typ Ceska befragt werden sollte. 

Der Zeuge sollte zuvor schon zwei Mal im NSU-Prozess gehört werden, was beide Male scheiterte. Im Februar war er nicht zum Termin erschienen. Er hatte sich offenbar im Ausland aufgehalten und seine Ladung im Briefkasten nicht gesehen. Im März war er zum Termin erschienen, hatte aber nach einem heftigen Disput zwischen dem Vorsitzenden Richter und der Verteidigung eines Angeklagten eine Aussage ohne anwaltlichen Beistand abgelehnt. Dieser wurde ihm jetzt gewährt. Allerdings: Als er endlich erschien, fiel die Mikrofonanlage aus.

Die Verhandlung begann schließlich mit eineinhalb Stunden Verspätung um 11 Uhr - und verlief weiterhin stockend:  Der Zeuge beantwortete Fragen des Vorsitzenden Richters meist nur ausweichend.

Der Mann hat nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft die Mordwaffe vom Typ Ceska von einem Schweizer in Empfang genommen, nach Deutschland gebracht und dort an einen weiteren Zwischenhändler weitergereicht. An Einzelheiten konnte sich der Zeuge nach eigenen Angaben nicht erinnern.

Den Schweizer kenne er zwar und besuche ihn ein- bis zweimal jährlich. Er könne sich aber nicht erklären, warum er als Waffenbeschaffer verdächtigt werde. „Ich kann mich gar nicht daran erinnern, mich mit ihm über Waffen unterhalten zu haben“, sagte er. Er habe sich gewundert, als die Polizei nach dem Auffliegen des NSU-Trios seine Wohnung durchsuchte.

Er habe dann erfahren, dass der Schweizer vorübergehend festgenommen worden sei und dass es dabei „um dieselbe Sache ging“, nämlich die Morde an neun Kleinhändler mit südosteuropäischem Hintergrund und einer Polizistin.

Den mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt habe er aus seiner Schulzeit gekannt. Er habe mit ihm aber nicht länger als vielleicht ein halbes Jahr zu tun gehabt, sagte der Zeuge. Laut Prozessakten sollen er und Böhnhardt Anfang der neunziger Jahre derselben Jugendbande in Jena angehört haben.

 

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