Vor über 200 Jahren: Münchens allererster Christbaum
München - Der erste öffentliche Christbaum in München? 1809 (und nicht wie so oft fälschlich geschrieben 1830) wurde er in einem Hof der Residenz aufgestellt. Initiator war der katholische König Max I. und seine protestantische Königin Karoline.
Letztere ist deshalb so wichtig, weil der Christbaum ursprünglich nur in den evangelischen Gebieten verbreitet war - und die katholische Kirche ihn lange als "protestantisches Zeug" verdammt hatte.
Für den Bayerischen König war der nur bei den Protestanten übliche Christbaum, den er nun in aller Öffentlichkeit im Zentrum des tief katholischen München aufstellte, ein Symbol und Zeichen für mehr Toleranz gegenüber Andersgläubigen.

Und das sehr zum Ärger der katholischen Amtskirche, die diesen importierten evangelischen Brauch des Christbaum-Aufstellens als heidnischen Brauch ablehnte.
"Die meisten Münchner hatten in ihrem Leben noch keine Protestanten gesehen. Darum war die Furcht vor diesen gefährlichen Ketzern wohl begreiflich", wie der Hofgeistliche des Königs Ludwig Schmid schrieb.
Bayern: Moderner und toleranter durch evangelische Königin
Der bayerische Monarch hatte nach dem Tod seiner ersten Frau ganz bewusst eine protestantische Verbindung gesucht - um mit einer evangelischen Königin das katholische Bayern moderner und toleranter zu gestalten.
Er fand sie in der Badischen Prinzessin Karoline, deren Jugendliebe, der Herzog von Enghien, gerade von Napoleon entführt und erschossen worden war.

Nach ihrem Umzug nach München stellte sie ab 1799 in Schloss Nymphenburg in wehmütiger Erinnerung an ihre Heimat an Weihnachten in ihrem Zimmer einen im protestantischen Baden schon lange üblichen, aber in München noch völlig unbekannten Christbaum auf. Geschmückt wurde er vom königlichen "Hofconfectmeister" Carl Augustolagnio, der auch in den folgenden Jahren der königliche Christbaumaufsteller war.
Nachdem 1806 Max I. zum Bayerischen König gekrönt worden war, sah er im öffentlichen Aufstellen des protestantischen Christbaums eine gute Gelegenheit, im Königreich Bayern mehr Toleranz zu demonstrieren, was im katholischen München aber nicht einfach war:

Als 1841 Königin Karoline starb, stand der Trauerzug der Staatsgäste mit ihrem Sarg an der Theatinerkirche eine halbe Stunde vor verschlossenen Türen. Evangelische Geistliche durften die Kirche nicht betreten, brennende Kerzen mussten gelöscht werden - und der Blumenschmuck musste vor der Kirche niedergelegt werden. Musik und Gesang waren bei Androhung der Exkommunikation katholischer Trauergäste verboten.

Erst als König Ludwig I. in einem Wutanfall der Geistlichkeit drohte, "ihnen allesamt eigenhändig die liturgischen Gewänder auszuziehen", durfte Karoline in der Theatinerkirche neben ihrem Gatten König Max I. bestattet werden.

Immerhin war sie in der Bevölkerung trotz ihres "ketzerischen" Glaubens wegen ihrer sozialen Ader sehr beliebt: "Geht dir die Not bis obenhin - gehst du zu der Karolin" war ein populärer Spruch in München. Ein bleibendes Denkmal hat die "Christbaum-Königin" aber dennoch bekommen: Im Jahr der ersten Christbaum-Aufstellung 1809 wurde der Platz zwischen Brienner Straße und Königsplatz nach ihr in "Karolinenplatz" umbenannt.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich in München das Christbaum-Aufstellen zu Weihnachten allgemein in den Familien durch: Schuld daran waren die vielen fränkischen (und daher protestantischen) Beamten, die nach München umzogen, weil sie in den dortigen Behörden besser bezahlt wurden als zu Hause.