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Vor 50 Jahren in der AZ: Eine junge Lehrerin fordert, Bairisch zur offiziellen Schulsprache zu machen

Wird der Dialekt zurückgedrängt? Das ist immer noch ein Aufreger-Thema. Auch und gerade, wenn es um die Schulen geht. Dass die Debatte nicht neu ist, zeigt ein Blick in die AZ vor 50 Jahren. Eines der Argumente damals für mehr Dialekt: "Bairisch macht den grantigsten Lehrer sympathisch".
Felix Müller
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Die Leonhardi-Wallfahrten gehören seit Jahrhunderten in Bayern zum Brauchtum. Aber wie steht es mit dem bairischen Dialekt? Dass die Mundart mehr Platz in der Schule finden soll, forderte eine Lehrerin bereits vor 50 Jahren in der AZ.
Die Leonhardi-Wallfahrten gehören seit Jahrhunderten in Bayern zum Brauchtum. Aber wie steht es mit dem bairischen Dialekt? Dass die Mundart mehr Platz in der Schule finden soll, forderte eine Lehrerin bereits vor 50 Jahren in der AZ. © Uwe Lein/dpa

München – Gerade erst hat der neue Vorsitzende des Vereins Bairische Sprache ja in der AZ dafür geworben, in Schulen doch wenigstens Süd-Hochdeutsch zu sprechen und zu lehren. Mit Blick in eine alte AZ-Ausgabe können wir sagen: Neu ist diese Debatte keineswegs.

Vor 50 Jahren, im Herbst 1974 sorgte eine junge Oberstudienrätin für Aufsehen, die forderte, Bairisch zur offiziellen Schulsprache zu machen. Eines ihrer Argumente (das die AZ zur Überschrift machte): Bairisch mache doch noch den grantigsten Lehrer sympathisch. Bayerische Lehrer wollten "reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist", war auch die AZ-Reporterin überzeugt. Durch das Bairische werde "der Umgangston zwischen Lehrern und Schülern schlagartig verbessert".

„In der Mundart schwingt immer ein humorvoller Ton mit“, sagt Oberstudienrätin Heidi Plankenhorn 1974 zur AZ.
„In der Mundart schwingt immer ein humorvoller Ton mit“, sagt Oberstudienrätin Heidi Plankenhorn 1974 zur AZ. © Az-Archiv

Die Oberstudienrätin Heidi Plankenhorn (34) aus Söcking bei Starnberg setzte sich dafür ein – und hatte es mit ihrem Aufruf fürs Bairische an den Schulen sogar bis in eine Zeitschrift des Kultusministeriums geschafft. In eben jenem Amtsblatt werde das Bairische arg stiefmütterlich behandelt, hatte sie geklagt. Dabei müsse der "Gwissenswurm" doch die Studienräte nicht zu plagen, wenn sie ihre "speziellen bayerischen Möglichkeiten" in den Unterricht einbrächten.

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Im Englisch-Unterricht könne er zum Beispiel darauf hinweisen, dass es die Briten wie die Bayern halten. Die einen sagen "I meinerseits" und die anderen "I myself". Im Französischen hingegen erkenne jeder Bayer mit Freuden, dass er Wörter wie "Bagasch", "Blamasch" oder "Wiesawie" eigentlich schon lange kenne. Das Lateinische wiederum gewinne Lebensnähe, wenn der Lehrer auf das reiche Erbe der Lehnwörter hinweise, besonders auf echt bayerische Spezialitäten wie "Vakanz", "Radi" (radix) oder "Gaudi" (gaudium).

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Auf Bairisch sei der Rüge schnell die Härte und das Verletzende genommen

Ganz wörtlich, erklärte die Lehrerin der AZ, sei das Ganze nicht gemeint. "Aber ich meine wirklich, dass die bayerische Mundart den Umgang zwischen Lehrern und Schülern erleichtert." Wie das gemeint sei? "Jeder Schüler wird sofort den Ernst der Lage erkennen, wenn der Lehrer droht: I hab jetzt gnua." Oder auch: "Reiß di zamm, sonst ruck ma zamm!" Auf Bairisch sei der Rüge schnell "die Härte und das Verletzende oder gar Beleidigende genommen". Ihr Fazit: Bairisch bringe "Leben und Farbe in den Schulalltag, der dann ein bisserl weniger Grau wird und dafür ein heiteres Weiß-Blau zeigt."

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7 Kommentare
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  • eule75 am 30.11.2024 15:35 Uhr / Bewertung:

    Für das spätere Berufsleben ist das schlecht. Ich freue mich zwar immer, wenn ich bayerische (fast ausgestorben) Klänge höre, aber sie sollten nicht Schulsprache sein. Das Land ist deutsch und nicht bayrisch.

  • Monaco_Flote am 01.12.2024 11:58 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von eule75

    So ein Käse. Bairisch ist eine Form des sogenannten "Hochdeutschen" und wird heute in Ober und Niederbayern und der Oberpfalz in Österreich (bis auf Vorarlberg) in Südtirol und in Teilen der Schweiz und sogar vereinzelt noch in Dörfern bis Venedig gesprochen. Mit bayerisch kommt man sehr gut durch, versteht mal ein Auswärtiger einige Worte nicht, kann man ihm diese erklären. Ich wüsste nicht warum ich mein bairisch im Berufsleben aufgeben sollte ?
    Ünrigens Worte wie Jänner, Topfen usw. werden zum Glück wenigstens noch in Österreich gebraucht, auch wenn sie bei uns leider mittlerweile als "österreichisch gelten. Traurig, traurig.

  • Chris_1860 am 01.12.2024 12:33 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von eule75

    Schmarrn.

    In Südtirol sprechen die Kinder der deutschsprachigen Mehrheit allesamt tirolerisch, hochdeutsch, italienisch und später in der Schule auch Englisch etc.

    Je nachdem, wie es grad nötig ist, wird das Können eingesetzt. Das Mehrsprachige fördert und zeigt die Intelligenz, das ist definitiv besser, wie das Dialekt und identitätslose Hannoveraner "Hochdeutsch".

    Hosd mi?

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