"Vollkommen unausgegorener Plan": SPD und Grüne uneinig über Müll-Politik

Die Grünen/Rosa Liste reichen zwei Anträge zur Lösung des Müll-Problems in der Stadt ein. Die SPD findet die Vorschläge nicht nachvollziehbar.
Ruth Frömmer
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Dagmar Mosch (v.l.), Christian Smolka und Sibylle Stöhr möchten München mit Wertstofftonnen versorgen. Dann können die Bürger ihren Verpackungsmüll direkt daheim entsorgen.
Dagmar Mosch (v.l.), Christian Smolka und Sibylle Stöhr möchten München mit Wertstofftonnen versorgen. Dann können die Bürger ihren Verpackungsmüll direkt daheim entsorgen. © Daniel von Loeper

München - Überfüllte Wertstoffinseln und Abfalleimer zeigen: Beim Müll hinkt München den meisten bayerischen Gemeinden hinterher. Das findet die Stadtratsfraktion der Grünen/Rosa Liste und hat beim Oberbürgermeister zwei Anträge eingereicht.

Der Erste soll das Problem mit den Wertstoffinseln regeln. Zum Verständnis: Bereits in den Neunzigerjahren beschloss der Bund das Verpackungsgesetz. Seitdem muss sich der Handel selbst um seinen Verpackungsmüll kümmern. Dafür sind die Dualen Systeme zuständig. In München hat das Duale System die Entsorgung an zwei externe Firmen übertragen, Remondis und Wittmann. Die Stadt entschied sich für Wertstoffinseln.

Viele werfen Plastik und Co. in den Restmüll

Der Gang dorthin scheint vielen zu mühsam zu sein: Im Vergleich zum Rest Bayerns trennen in München nur ein Viertel der Menschen Wertstoffe. Viele werfen Plastik und Co. in den Restmüll. Dieser wird verbrannt, wodurch CO2 entsteht.

Die meisten bayerischen Gemeinden setzen auf die Gelbe oder die Wertstofftonne. Die wird, wie der Restmüll, direkt bei den Menschen daheim geleert. "Das ist bürgerfreundlich und barrierefrei“, sagt Sibylle Stöhr, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/ Rosa Liste. Ihre Mitstreiterin Dagmar Mosch ist Mitglied im Arbeitskreis Kreislaufwirtschaft und führt die geringe Verwertungsquote in München auf das Bringsystem zurück.

Seit Anfang 2024 bis Ende 2026 läuft in einigen Stadtvierteln ein Pilotversuch mit Holsystem – mit Gelber Tonne, Gelbem Sack und Wertstofftonne. "Die Rückmeldung durch die Bürger ist eindeutig positiv“, sagt Grünen- Stadtrat Christian Smolka, und die Quoten würden auch eine deutliche Steigerung in Sachen Mülltrennung zeigen. Er findet: "Wir müssen nicht zwei Jahre warten.“ Und fordert den Stadtrat auf, schon jetzt zu beschließen, das Bringsystem in München ab 2027 einzuführen.

SPD: "Inhaltlich nicht nachvollziehbar"

Die SPD ist alles andere als begeistert über dieses Vorpreschen. "Es gibt eigentlich einen zwischen Stadtverwaltung und Regierungskoalition abgestimmten Zeitplan“, sagt SPD-Stadträtin Kathrin Abele. "Warum es dafür noch einen Antrag gebraucht hat? Inhaltlich nicht nachvollziehbar, weil der Fahrplan bereits steht.“

Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist irritiert: "Unser Koalitionspartner fand dieses Vorgehen ursprünglich auch gut, hat dem Beschluss zugestimmt.“ Aber jetzt plötzlich wolle er die Testergebnisse nicht abwarten, sondern sich gleich ins neue System stürzen "ohne zu wissen, wie es genau aussehen soll?"

Die Frage, ob Wertstofftonne, Gelbe Tonne oder Gelber Sack sei von zentraler Bedeutung; auch für die Kosten. Dennoch schlügen die Grünen vor, man solle schon jetzt mit dem Dualen System verhandeln. "Aber mit welchem Inhalt? Einfach mal so? Auch diesbezüglich findet sich in der Idee nichts.“ Der OB hält den Antrag für einen "vollkommen unausgegorenen Plan“.

Der Anteil an Mehrweggeschirr liegt bei einem Prozent

Im zweiten Antrag der Grünen geht es um die grundsätzliche Reduzierung von Verpackungsmüll. Er orientiert sich am Vorbild Tübingen. Dort gibt es seit 2022 eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck von Speisen.

In München fallen täglich Unmengen an To-go-Müll an. Smolka möchte keine Steuer einführen, sondern eine "Abgabe“, um die Müllgebühren zu senken. Der Anteil an Mehrweggeschirr sei mit nur etwa einem Prozent zu gering.

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Allein auf dem Viktualienmarkt und allen anderen städtischen Märkten gilt ein neues Verbot: Seit Januar sind dort Pappbecher, Plastikteller und jede andere Form von Einweggeschirr verboten – zumindest, wenn man direkt am Standl isst und trinkt. Ab April müssen die Händler eine Gebühr für Verpackungen nehmen, auch wenn die Kunden das Essen mit nach Hause nehmen. Außerdem müssen sie Mehrwegbehälter sichtbar als Alternative anbieten. Das hat zu Unmut geführt. Denn: Das Gesetz gilt nur für den Markt und nicht für die Cafés drumherum. Mit einer grundsätzlichen Abgabe auf Einwegverpackungen wollen die Grünen für Gleichbehandlung unter allen Händlern der Stadt sorgen.

Dieter Reiter: "Bislang fehlen mir die eindeutigen Aussagen"

Reiter sieht eine Abgabe für To-go-Verpackungen kritisch. Man stehe in Kontakt mit Tübingen, um genau zu erfahren, wie sich die Abgabe dort ausgewirkt hat: "Bislang fehlen mir die eindeutigen Aussagen, dass sich die Müllmengen – und darum geht es ja – entscheidend verkleinert haben“. Zumindest habe er sehr widersprüchliche Einschätzungen gelesen.

Die Münchner seien schon mit hohen Lebenshaltungskosten belastet. "Eine weitere Abgabe halte ich deshalb für kontraproduktiv“, so Reiter. Sein Vorschlag: "Die bereits bestehenden Mehrwegsysteme bekannter zu machen und auf die wirklich einfachen Apps verschiedener Anbieter hinzuweisen, mit denen man schon heute Einwegverpackungen vermeiden kann.“ 

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  • ClimateEmergency am 05.02.2025 04:14 Uhr / Bewertung:

    "Die Münchner seien schon mit hohen Lebenshaltungskosten belastet. "Eine weitere Abgabe halte ich deshalb für kontraproduktiv“, so Reiter"

    1. Belastet werden nur Einwegverpackungen, welche wiederum nicht verpflichtend sind
    2. Eine Gleichstellung ist überfällig. So sind die auf dem Viktualienmarkt benachteiligt, was einfach nicht dauerhaft tragbar ist, da hilft es auch nicht Alibiwerbung zu machen (oder davon zu reden).

  • tutnixzursache am 04.02.2025 21:42 Uhr / Bewertung:

    Es ist besser, der Müll wird in modernen Anlagen zu Strom und Wärme verbrannt statt in „Gelben Säcken“ in die 3. Welt exportiert und dort illegal entsorgt.

  • Analyst am 04.02.2025 23:18 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von tutnixzursache

    Richtig,die Verbrennungs Kraftwerke ,benötigen viel mehr Material um genügend Energie zu generieren.

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