Verrückt! Makler in München wollen streiken

Makler-Streik! Die Wohnungsvermittler planen den Ausstand. Diesen Freitag sollen weder Wohnungen besichtigt noch Mietverträge unterschrieben werden. Dafür hagelt es Kritik – und beißenden Spott.
von  Sophie Anfang
Makler wollen streiken! Sie protestieren gegen das neue Besteller-Prinzip und fürchten um ihre Existenz.
Makler wollen streiken! Sie protestieren gegen das neue Besteller-Prinzip und fürchten um ihre Existenz. © dpa

Geschlossene Büros, ausgeschaltete Telefone, abgesagte Wohnungsbesichtigungen. Geht es nach einem Interessensverband der Makler, sollen zwar nicht alle Räder, aber zumindest der Münchner Mietmarkt stillstehen.

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So seltsam es klingt: Die Makler wollen streiken – auch in München. Protestieren wollen die Wohnungsvermittler gegen die Pläne der Bundesregierung. Ob der Ausstand der Wohnungsvermittler den Münchner Mietmarkt erschüttern wird, ist allerdings mehr als fraglich.

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Grund für den Gram der Makler: Die Berliner Koalitionäre wollen das Bestellerprinzip gesetzlich festschreiben. Wer den Makler bestellt, muss ihn dann auch bezahlen. Weil dann wohl künftig weniger Vermieter einen Vermittler einschalten, sehen sich viele Makler in ihrer Existenz bedroht.

Mit dem Streik wollen sie ein Zeichen des Protests setzen. In einer Art „Urabstimmung“ hat der Bundesverband der Immobilienwirtschaft (BVFI) seine 11 000 Mitglieder, davon etwa 7000 Makler, zu den Plänen befragt. Heute wird das Ergebnis bekannt gegeben. Der BVFI ist zuversichtlich, dass es klappt. Dann wäre Freitag Streiktag – genau an jenem Tag also, an dem das Gesetz im Bundestag behandelt wird.

80 Prozent sind für den Streik, heißt’s beim Verband

„Ich gehe davon aus, dass wir 80 Prozent Zustimmung haben werden“, sagt Manuel Tessun. Der 37-Jährige ist einer der Regional-Repräsentanten des BVFI für München. Jetzt müsse man aber erstmal das Ergebnis abwarten – und dann schauen. Dass die Wörter Makler und Streik zusammen eher abwegig klingen, das ist ihm durchaus bewusst. „Wir werden nicht wie eine Eisenbahnergesellschaft den gesamten Betrieb lahmlegen“, gibt er zu.

Aber irgendeine Aktion, mit der er seine Kunden auf den Protest aufmerksam machen kann, möchte er sich schon überlegen. Auch Werner Frech wird Freitag streiken. Selbst wenn der Makler aus Garching noch nicht genau weiß, wie. Er selbst ist vom Bestellerprinzip gar nicht so sehr betroffen.

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Statt auf Mieten und Verkaufen konzentriert er sich eher auf Finanzberatung. Streiken will er aus Solidarität mit seinen Kollegen beim BVFI.

„Makler sind zu Unrecht in der Schusslinie“

„Der Gesetzesentwurf geht vollkommen in die falsche Richtung“, sagt der 59-Jährige. Er befürchtet, dass wegen des Bestellerprinzips der Vermieter die Kosten künftig einfach auf die Miete umlegen wird: „Die Makler sind vollkommen zu Unrecht in der Schusslinie.“

Richtig in die Schusslinie haben sich die Makler allerdings selbst gebracht: Im Internet hagelt es Spott und Hohn für die Streikpläne. Maklerstreik, das sei ja ein bisschen so, als würden die Fahrkartenkontrolleure streiken, lautet der Tenor.

Kein Wunder, dass viele Makler gar nicht erst mitmachen wollen. „Blödsinn“, „Schwachsinnig!“, oder „völlig absurd“, nennen einige Münchner Immobilienbüros die Pläne. Wie solle das überhaupt aussehen, so ein Streik? Und wen würde das überhaupt kümmern, wenn der Makler einen Tag nicht ans Telefon geht?

Ein zweiter Grund, weshalb eine erdbebengleiche Wirkung des Streiks eher ausbleiben wird: Viele Maklerbüros wissen von den Plänen gar nichts. „Makler sind, was Öffentlichkeitsarbeit angeht, nicht sehr bewandert“, muss Makler Frech einräumen.

Andere werden deutlicher: „Ein Streik, von dem keiner etwas merkt, bringt nichts“, sagt Stephan Kippes vom Verband der Immobilienberater IVD. Im Konkurrenzverband des BVFI sind rund 6000 Unternehmen organisiert. Die Pläne der Bundesregierung behagen auch dem IVD nicht – mit Streik lasse sich da aber nichts bewegen.

„Mit dem Streik schadet man sich selbst“

„Ich habe Zweifel, dass das sinnvoll ist“, sagt Kippes. Mit dem Streik täten sich Makler keinen Gefallen.

Michael Graf sieht das anders. Der 59-Jährige ist mit seinen zwei Münchner Büros seit 16 Jahren im Geschäft. Die Wertschätzung für Makler sei ohnehin „auf einem niedrigen Niveau“. Mit den Miet-Plänen wolle die Regierung nur von eigenen Fehlern ablenken, „Wir bieten auch eine Dienstleistung für den neuen Mieter“, sagt Graf. Das Bestellerprinzip sei falsch. Sollte der Streik durchgehen, werden Grafs Mitarbeiter deshalb am Freitag mitmachen. Selbst wenn er selbst gar nicht beim BVFI, sondern beim IVD organisiert ist.

Es gehe eben um ein Zeichen an die Politik. „Es ist ja nicht so, dass jedes Angebot gleich weggeht.“ Eine Wohnung in der Maximilianstraße, die hätte man sofort vermietet. „Alles andere ist harte Arbeit.“

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