Unter Druck: Markus Söder, die CSU und die Angst vor der Machtverschiebung
München - Zur bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober stehen besonders zwei Parteien unter Druck: die FDP, weil alle Umfragen der jüngeren Zeit ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde vorhersagen, und die CSU.
Für die Christsozialen geht es nicht darum, die Staatskanzlei nach 77 Jahren an der Macht in andere Hände zu geben, sondern um Image, Prestige und Zukunftsperspektiven. Es droht eine gelinde Schlappe und eine Machtverschiebung in Richtung des Koalitionspartners Freie Wähler. Keine schöne Vorstellung für die machtgewohnten Christsozialen.
Die Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger könnte Markus Söder einige Prozente kosten
Sicher, es muss nicht dazu kommen. Aber es ist schon auffällig, wie sich die Zustimmungskurve der CSU von 40 Prozent und mehr auf zuletzt 36 Prozent herunter entwickelt hat. Hauptgrund dafür – darin besteht allgemeine Einigkeit – sind die Turbulenzen der Flugblatt-Affäre um Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (FW), die auch die CSU einige Prozente kosten können.
Hat Söder dabei Fehler gemacht? Hat sich die frühzeitige Koalitionsaussage zugunsten der Freien Wähler insoweit gerächt, als deren Chef Aiwanger dem Oberchef Söder auf der Nase herumtanzen konnte? Man könnte es so sehen.
Gäbe es einen zweiten Söder in der CSU, würde es eng für den Parteichef
Doch Söder sitzt fest im Sattel, wie der vergangene CSU-Parteitag gezeigt hat. Superehrgeizige Wettbewerber, die im Falle eines miesen Ergebnisses den ersten Stein werfen könnten, sind nicht in Sicht. Söder kann froh sein, dass er eine Ausnahmeerscheinung mit überdurchschnittlichem Machtinstinkt ist. Säße ihm einer wie er selbst im Nacken, er würde wohl kaum ein mieses Wahlergebnis überstehen.
Was ist überhaupt ein mieses Wahlergebnis für die CSU? Den Traum von einer Vier vor dem Ergebnis träumen wohl nur noch ganz wenige, obwohl dies einige Umfragen vor nicht allzu langer Zeit sogar ermittelt haben. Aber das war in der Zeit vor der Flugblattaffäre. Jetzt wäre man in der CSU schon zufrieden, wenn man nicht unter 37,2 Prozent – dem Resultat der vergangenen Wahl von 2018 – abrutschen würde.
Auch vor der Europawahl 2024 muss die CSU bangen
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Schon richten viele CSU-Politiker einen bangenden Blick auf die Europawahl im Sommer 2024. Mit mehr als 40 Prozent lief es 2019 für die CSU noch ganz gut, aber nur deshalb, weil sie mit Parteivize Manfred Weber einen Spitzenkandidaten nicht nur für Deutschland, sondern die ganze EU stellen konnte. Mit der Kandidatur Webers einherging das Versprechen, mit ihm einen Bayern zum Präsidenten der EU-Kommission zu küren. Doch es lief bekanntlich anders. Die CDU-Schwesterpartei unterlief das CSU-Projekt.
Somit wird die Europawahl 2024 eine ganz schwierige Kiste für die CSU und auch hier steht wieder der Parteichef in der Verantwortung. Sollte es weiter abwärts gehen, könnten seine Gegner Söder als Parteichef des Niedergangs charakterisieren. Man sollte sich durch die triumphale Wiederwahl zum Parteichef nicht täuschen lassen: Söder hat in der Partei längst nicht nur Freunde.