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Unter Druck: Markus Söder, die CSU und die Angst vor der Machtverschiebung

Trotz der triumphalen Wiederwahl zum Partei-Vorsitzenden: Markus Söder hat in der CSU nicht nur Freunde. Ein Kommentar
Ralf Müller |
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Hat gleich zwei schwierige Wahlen vor sich: CSU-Chef Markus Söder.
Hat gleich zwei schwierige Wahlen vor sich: CSU-Chef Markus Söder. © Peter Kneffel / dpa

München - Zur bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober stehen besonders zwei Parteien unter Druck: die FDP, weil alle Umfragen der jüngeren Zeit ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde vorhersagen, und die CSU.

Für die Christsozialen geht es nicht darum, die Staatskanzlei nach 77 Jahren an der Macht in andere Hände zu geben, sondern um Image, Prestige und Zukunftsperspektiven. Es droht eine gelinde Schlappe und eine Machtverschiebung in Richtung des Koalitionspartners Freie Wähler. Keine schöne Vorstellung für die machtgewohnten Christsozialen.

Die Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger könnte Markus Söder einige Prozente kosten

Sicher, es muss nicht dazu kommen. Aber es ist schon auffällig, wie sich die Zustimmungskurve der CSU von 40 Prozent und mehr auf zuletzt 36 Prozent herunter entwickelt hat. Hauptgrund dafür – darin besteht allgemeine Einigkeit – sind die Turbulenzen der Flugblatt-Affäre um Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (FW), die auch die CSU einige Prozente kosten können.

Hat Söder dabei Fehler gemacht? Hat sich die frühzeitige Koalitionsaussage zugunsten der Freien Wähler insoweit gerächt, als deren Chef Aiwanger dem Oberchef Söder auf der Nase herumtanzen konnte? Man könnte es so sehen.

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Gäbe es einen zweiten Söder in der CSU, würde es eng für den Parteichef

Doch Söder sitzt fest im Sattel, wie der vergangene CSU-Parteitag gezeigt hat. Superehrgeizige Wettbewerber, die im Falle eines miesen Ergebnisses den ersten Stein werfen könnten, sind nicht in Sicht. Söder kann froh sein, dass er eine Ausnahmeerscheinung mit überdurchschnittlichem Machtinstinkt ist. Säße ihm einer wie er selbst im Nacken, er würde wohl kaum ein mieses Wahlergebnis überstehen.

Was ist überhaupt ein mieses Wahlergebnis für die CSU? Den Traum von einer Vier vor dem Ergebnis träumen wohl nur noch ganz wenige, obwohl dies einige Umfragen vor nicht allzu langer Zeit sogar ermittelt haben. Aber das war in der Zeit vor der Flugblattaffäre. Jetzt wäre man in der CSU schon zufrieden, wenn man nicht unter 37,2 Prozent – dem Resultat der vergangenen Wahl von 2018 – abrutschen würde.

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Auch vor der Europawahl 2024 muss die CSU bangen

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Schon richten viele CSU-Politiker einen bangenden Blick auf die Europawahl im Sommer 2024. Mit mehr als 40 Prozent lief es 2019 für die CSU noch ganz gut, aber nur deshalb, weil sie mit Parteivize Manfred Weber einen Spitzenkandidaten nicht nur für Deutschland, sondern die ganze EU stellen konnte. Mit der Kandidatur Webers einherging das Versprechen, mit ihm einen Bayern zum Präsidenten der EU-Kommission zu küren. Doch es lief bekanntlich anders. Die CDU-Schwesterpartei unterlief das CSU-Projekt.

Somit wird die Europawahl 2024 eine ganz schwierige Kiste für die CSU und auch hier steht wieder der Parteichef in der Verantwortung. Sollte es weiter abwärts gehen, könnten seine Gegner Söder als Parteichef des Niedergangs charakterisieren. Man sollte sich durch die triumphale Wiederwahl zum Parteichef nicht täuschen lassen: Söder hat in der Partei längst nicht nur Freunde.

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  • lirumlarum am 28.09.2023 14:47 Uhr / Bewertung:

    Es ist wahltaktischer Usus, beim Konkurrrenten aus der anderen Richtung jedes Wort auf die Gold- nein: Platinwaage zu legen und zu versuchen, damit möglichst viel schlimme Absichten unterzuschieben. Also wenn ich von z.B. Grünen, Baerbock, Faeser, Lang, Habeck, Esken... jedes Wort auf die Waage läge, wäre sie innerhalb von 10 Minuten funktionsunfähig. Das eigentlich Skandalöse an der CDU sind immer noch Merkelsche grünlinke U-Boote, die rein aus Karrieregründen die konservativ-liberale Partei geheuschreckt haben, um diese zu ihrer umzumodeln, so daß man immer noch befürchten muß, daß man Grün bekommt, wenn man CDU wählt. Statt zurück zu rudern, muß Merz, wie Aiwanger, zu dem stehen, was er wirklich meint. Er hat nichts zu verlieren, aber - das hängt von Überzeugung und Vertrauen künftiger Wähler ab - vielleicht zu gewinnen. Das gelingt aber nur, wenn er sich von Pseudowoken nicht mehr zurückstutzen läßt, sondern Risiko und wahltaktische Giftpfeile abprallen läßt.

  • Geradeaus-Denker am 28.09.2023 19:22 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von lirumlarum

    Eine wunderbare Zusammenfassungvdes Inhalts- und Fakten-Freien Kulturkampfes.

  • lirumlarum am 28.09.2023 14:33 Uhr / Bewertung:

    Merz riskiert mittlerweile viel, wird aber, wie zu "Muttis" Glanzzeiten von ihren Zöglingen immer wieder auf die stille Treppe zurück gepfiffen. Regierende und deren Hofjounaillen bringen Merz in konzertierter Aktion bei jeder unbequem-regierungsentlarvenden Aussage manipulativ mit Populismus und AfD in Verbindung. Wie billig, durchschaubar und perfide. Selbst wenn auch die AfD diese Ansicht verträte, würde sie dadurch nicht unwahrer. Wo bleiben da Kuban, Bosbach, Wendt, Middelberg, Maaßen, Amthor, Linnemann? Warum unterstützen sie Merz nicht stärker und öffentlicher? Merz unterstützt mittlerweile öffentlich Söder, aber wo bleibt dieser, wenn es Merz nicht mehr gelingt, die merkelschen grünen Heuschrecken vom Kragen zu schütteln?

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