"Unerträglich": OB Dieter Reiter übt scharfe Kritik an Coronaprotesten
München - Nach einer zunächst friedlichen Versammlung von Gegnern der Corona-Politik am Mittwochabend sind insgesamt rund 1.000 Teilnehmer unangemeldet durch die City gezogen. Es kam zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, die Schwierigkeiten hatte, die Lage unter Kontrolle zu bringen.
Am Tag nach der Demo ist der Ärger groß. OB Dieter Reiter (SPD) verurteilt die Vorfälle im Umfeld der Corona-Demo am Mittwochabend in der Innenstadt. Er sehe die Entwicklung "mit Sorge", sagte er.

Reiter: Teils "unerträgliche" Vorkommnisse auf Corona-Demo
"Wenn auf Demonstrationen Gewalt ausgeübt wird, Infektionsschutzauflagen, die dem Schutz aller dienen, grob missachtet und als ,diktatorische Maßnahmen’ bezeichnet werden und der Holocaust verharmlost wird, dann ist das unerträglich und überschreitet die Grenze legitimer Kritik an Coronamaßnahmen bei weitem", sagte der OB. Und: "Wir werden entschieden gegen alle demokratiefeindlichen Aktivitäten aus dem Bereich der Coronaleugner vorgehen." Reiter rief alle Münchner auf, "an derartigen Versammlungen keinesfalls teilzunehmen".
Unterstützung bekam der OB von den Grünen. "Es ist dringend geboten, dass sich KVR und Polizei schnell zusammensetzen und überlegen, wie man so etwas in Zukunft verhindern kann", sagte Grünen-Sicherheitspolitiker Dominik Krause der AZ.
Auf der Demo waren auch Neonazis und Reichsbürger
"Bei anderen Versammlungen werden die Auflagen mit aller Härte durchgesetzt – dass man das hier sehenden Auges nicht getan hat, ist überhaupt nicht nachvollziehbar."
Rund 3.700 Kritiker der Pandemiepolitik, der Veranstalter spricht von 10.000, hatten sich am Mittwochabend auf der Ludwigstraße versammelt. Darunter auch Neonazis und Reichsbürger.
Demonstranten umgehen Auflagen
Angemeldet war eine stationäre Kundgebung. Gegen Ende machten sich zwei Gruppierungen von jeweils rund 500 Personen auf und zogen durch die Stadt. Die einzelnen Gruppen und Grüppchen riefen Parolen, sie marschierten mit Fahnen und Transparenten trotz fließenden Verkehrs über den Altstadtring, angrenzende Straßen und Plätze zum Stachus, weiter über die Sonnenstraße zum Sendlinger Tor.
Das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei setzte sich in der City fort. Um Absperrungen zu entgehen, bogen Demonstranten in Einkaufspassagen ab. Die Polizei versuchte wiederholt, vor den Zug zu kommen.
Die Polizei stellt dutzende Anzeigen aus
Erst in der Sendlinger Straße gelang es, den bis dahin aus knapp 80 Personen bestehenden Zug zu stoppen. Insgesamt waren rund 400 Polizisten im Einsatz. 18 Personen wurden wegen erkennbarer Verstöße gegen die Maskenpflicht angezeigt. 28 wurden wegen Beleidigungs- oder Körperverletzungsdelikten festgenommen. Ein Pilot, der eine Drohne über die Versammlung steuerte, wurde wegen eines Verstoßes gegen das Luftverkehrsgesetz angezeigt.
Gegen den Versammlungsleiter wird wegen der Durchführung einer nicht angezeigten Versammlung ermittelt. Der Veranstalter sei überfordert gewesen, kritisierte Polizeisprecher Andreas Franken das Geschehen am Abend. Das Ordnerkonzept habe nicht funktioniert.
Veranstalter kündigt weitere Demos an
Zusätzlich erschwert habe den Einsatz der Versammlungsort in der Maxvorstadt. Das Präsidium drängt daher darauf, dass künftig ähnlich große Kundgebungen auf die Theresienwiese verlegt werden. Dort könne die Polizei bei Verstößen besser eingreifen, so Franken.
Veranstaltungsleiter Melchior Ibing kündigte weitere Mittwoch-Demos an. Das Bündnis um "München steht auf" werde "den immer stärker werdenden Eingriff der Politik in Grundrechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger nicht weiter hinnehmen".
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