Viele Besitzer wollen ihre Immobilie loswerden – nur keiner will sie kaufen

Auch im Umland ist der Trend endgültig zu beobachten. Die hohen Mietpreise hält ein Starnberger Fachmann für sozialen Sprengstoff.
Hüseyin Ince
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Auch bei den Mieten mittlerweile ganz oben mit dabei: Die Gemeinden rund um den Starnberger See, wie hier beispielsweise Aufkirchen. (Symbolbild)
Auch bei den Mieten mittlerweile ganz oben mit dabei: Die Gemeinden rund um den Starnberger See, wie hier beispielsweise Aufkirchen. (Symbolbild) © imago/blickwinkel

München - Seit einigen Monaten geschieht im Münchner Stadtgebiet ja eine Art Wunder. Wer hätte vor fünf Jahren damit gerechnet: Nach einer gefühlten Ewigkeit steigender Immobilienpreise fallen sie. Bis zu zehn Prozent weniger kosten Apartment, Haushälfte und Co. Und die Frage war, nicht ob, sondern wann diese Entwicklung sich auf das Münchner Umland auswirken würde.

Sinkende Kaufpreise im Münchner Umland – bis auf einen Ort

Auch dort ist es nun endgültig so weit. Ob Ebersberg, Dachau oder Erding: Fast überall sinken die Kaufpreise, mit einer einzigen Ausnahme, nämlich in Starnberg. Das zeigt der neueste Marktbericht des Immobiliendachverbands Süd (IVD). "Es hat sich komplett zum Käufermarkt gewandelt", sagt IVD-Chef Stephan Kippes.

Während bis vor Corona und Ukraine-Krieg um viele Häuser oder Apartments eine inoffizielle Versteigerung ausbrach, haben Interessenten jetzt oft die freie Wahl. Die Verkäufer wollen offenbar vom immer noch hohen Preisniveau profitieren. Besonders auffällig ist der Überschuss an Angeboten im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. "Hier nahm die Zahl der Kaufangebote um schwindelerregende 78 Prozent zu", sagt Kippes.

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Viele Kaufobjekte – vor allem im Münchner Umland – seien sechs Monate und länger auf dem Markt. Doch keiner will sie haben. Das bestätigen auch Immobilienmakler aus der Region. "Oft versuchen wir, den Verkäufer zu einem niedrigeren Preis zu überreden, den Kaufinteressenten auch finanzieren können", berichtet Maximilian Hofer von "Karl Kainz Immobilien". Ein Argument dagegen sei dann häufig: "Aber der Nachbar hat's doch auch so teuer verkauft", berichtet Immobilienfachfrau Sandra Schwarzmann aus Ebersberg.

Immobilien im Münchner Umland: Die Preise im Vergleich

In Zahlen sieht das Ganze so aus: Die meistgehandelte Immobilie ist und bleibt die Eigentumswohnung im Bestand. Durchschnittlich kostet sie im Stadtgebiet München noch am meisten, mit 8.500 Euro je m² – ein Minus von 17 Prozent im Vergleich zum Frühjahr 2018. Auf dem zweiten Platz folgt in der Region München: Grünwald, mit 8.180 Euro je m². Dahinter Ottobrunn, Starnberg, Tutzing und Oberhaching. Hier kostet der m² zwischen 6.700 und 6.510 Euro. Am günstigsten kauft man in Markt Indersdorf, mit 3650 Euro je m².

Doch das Münchner Kaufpreiswunder hat eine große Schattenseite. Der Mietmarkt wirkt völlig entfesselt. Zuletzt wurden Neubauten rund um Laim und Pasing über Portale wie Immoscout kalt für bis zu 30 Euro je m² angeboten. Der Hauptgrund hierfür bleibt die verschärfte Nachfrage auf einem ohnehin angespannten Mietmarkt.

München ist voll, zu voll für die vielen Miet-Interessenten.
München ist voll, zu voll für die vielen Miet-Interessenten. © imago images/Heinz Gebhardt

Denn es drängen Mieter dazu, die in Zeiten früherer, niedriger Zinsen gerade noch gekauft hätten, aber jetzt darauf verzichten. Manche warten ab, ob der Preis nicht noch weiter fällt. Andere wiederum können sich den notwendigen Kredit nicht mehr leisten.

Hier ist es noch teurer als in München

In der aktuellen Mietpreis-Statistik ist München gar nicht mal das teuerste Pflaster der Region. Die Tabelle wird angeführt vom südlichen Vorort Grünwald. Im Schnitt kostet hier der Quadratmeter Miete auf dem freien Markt 23,40 Euro. Sprich: 2.340 Euro Kaltmiete für eine Hundert-Quadratmeter-Wohnung. München ist hier nicht einmal auf Platz zwei bei den aktuellen Mieten (18,70 je m²), sondern Pöcking: 19 Euro je m².

So haben sich die Kauf- und Mietpreise verändert.
So haben sich die Kauf- und Mietpreise verändert. © IVD

Die Durchschnittspreise auf dem Mietmarkt haben bekanntlich viele Ausschläge. Und die Frage stellt sich langsam, welche Berufsgruppen denn 2.340 Euro netto im Monat verdienen, um sich als Familie die Kaltmiete in Grünwald oder München zu leisten. Schließlich ist man da in so mancher Wohnung schnell bei 3.000 Euro Warmmiete. Immobilienexperte Thomas Blasig aus Starnberg sieht daher in den Mietpreisen sogar sozialen Sprengstoff.

Baumaterialien werden immer teurer

Grund für die verschärfte Situation auf dem Mietmarkt ist laut IVD-Chef Kippes auch die Inflation. Bei Baumaterialien sei sie extrem. Das teuerste Beispiel: Flachglas kostet fast 50 Prozent mehr als noch vor der Pandemie. Daher werde weniger gebaut oder Bauprojekte würden pausiert, viele Baugruben füllen sich mit Wasser. Hinzu kommen Bauprojekte, die zwar eine Genehmigung haben, aber nie gebaut wurden. Wären sie alle gebaut worden, gäbe es in München heute in etwa 33.000 Wohneinheiten mehr.

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22 Kommentare
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  • Heide Fröttmaninger am 22.06.2023 18:18 Uhr / Bewertung:

    Görlitz soll ein Mieterparadies sein, was die Preise betrifft (Durchschnittsmiete lt. Mietspiegel 2023: 6,07 €/qm). Falls ich mir München einmal nicht mehr leisten kann und den Rücken kehren muss, steht das ganz oben auf meiner Liste.

  • Urmel_auf_Eis am 21.06.2023 20:26 Uhr / Bewertung:

    M.E. geht es hier auch um die Wertigkeit. Was ist mir der Besitz oder die Miete eines Objektes wert? Kann ich mir das leisten? Spar ich an anderer Stelle, um mich dann doch wohlzufühlen?
    Auch wird die Langfristigkeit außer Sicht gelassen.
    Ich habe keine Lust, jedes Jahr umzuziehen, nur weil es woanders gerade günstiger ist.
    Und sowas kostet auch Zeit und Geld.
    Wer in München neu anfangen will oder muß, hat momentan wirklich ein Problem.
    Aber: Muß er/sie auch unbedingt hierher kommen?
    Wer es am Ende wirklich will, muß halt zahlen.

  • Kohlestrom Kolumbien am 21.06.2023 17:28 Uhr / Bewertung:

    Grüne und Sozen vergiften seit Jahren das Klima mit leeren Versprechen zum Mieterschutz. Was passiert in München, nichts. Zwangssanierungen, Heizungsverbote, Luxussanierungen und der Bürger steht auf der Straße. Wenn der Souverän dann wohnungs- und mittellos ist wählt er radikal und nicht rational. Hier ist noch viel Raum für AfD Wachstum. Den Grünen geht es auch nur noch um ihre fetten Posten. 2025 wird dann das Geheule gross sein, wie das nur soweit kommen konnte. Wollte man in der Weimarer Republik auch nicht wahr haben.

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