Interview

Immobilienexperte Thomas Aigner warnt die Stadt München: "Soll das Bauen lieber den Privaten überlassen"

Immobilien in München galten lang als Gelddruckmaschine. Nun sind diese Zeiten offenbar vorbei. Thomas Aigner ist Experte für Immobilien und nennt die Folgen.
Autorenprofilbild Christina Hertel
Christina Hertel
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
11  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
In München wird immer weniger gebaut. Das hat auch negative Folgen für Mieter.
In München wird immer weniger gebaut. Das hat auch negative Folgen für Mieter. © picture alliance/dpa

München - Mit dem Verkauf von Immobilien wird viel weniger Geld gemacht als noch vor einem Jahr. Das zeigt eine Analyse von Aigner Immobilien. Demnach wurden mit dem Verkauf von Wohnungen, Häusern, Gewerbeobjekten und Bauland Anfang des Jahres rund 984 Millionen umgesetzt.

Klingt nach jeder Menge Asche? Ist aber tatsächlich nur die Hälfte des Umsatzes im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor. Der Chef des Unternehmens, Thomas Aigner, erklärt, warum sich Mieter darüber nicht freuen sollten und warum die Stadt lieber nicht selbst bauen sollte.

In München werden weniger Immobilien gekauft – eine schlechte Nachricht für Mieter

AZ: Herr Aigner, mit Immobilien wird weniger Geld umgesetzt – ist das eine gute Nachricht für Mieter?
THOMAS AIGNER: Nein, denn das heißt nicht, dass Immobilien billiger werden, sondern dass weniger Immobilien verkauft werden. Das deutet darauf hin, dass sich weniger Menschen eine Immobilie leisten können – obwohl sie vielleicht gespart und ein gutes Einkommen haben.

Und diese Menschen drängen nun auf den Mietmarkt und dort nehmen sie womöglich denen die Wohnung weg, die sich auch früher keinen Kauf hätten leisten können.

Thomas Aigner ist Experte für den Münchner Immobilienmarkt und Geschäftsführer von Aigner Immobilien.
Thomas Aigner ist Experte für den Münchner Immobilienmarkt und Geschäftsführer von Aigner Immobilien. © Aigner Immobilien

Woran liegt es, dass sich weniger Menschen eine Wohnung leisten können?
Die Zinsen sind gestiegen, gleichzeitig sind die Baukosten unkalkulierbar geworden, unter anderem weil es einen Mangel an günstigen Arbeitskräften und Baumaterial gibt.

Es fehlt den Bauherren an Planungssicherheit. Sie wissen nicht, welche Regeln es zukünftig gibt, zum Beispiel bei den energetischen Standards.

Immobilienmarkt in München: Zu hohe Zinsen, zu teurer Wohnraum

Also wird weniger gebaut?
Ja. Bevor der Bau von Wohnungen beginnt, müssen Investoren in der Regel einen gewissen Anteil der Wohnungen verkauft haben, um von den Banken Kapital zu bekommen. Wir beobachten, dass geplante Projekte doch nicht realisiert werden, weil die Investoren die Vorverkaufsquote nicht erreichen.

Welche Projekte betrifft das?
Das sind kleinere Bauträger, aber es wird definitiv weniger gebaut. Es ist viel Angst in der Branche da.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Wie viel müsste mehr gebaut werden?
Das ist schwierig zu sagen. Aber die Stadt weist nur ganz wenige Baugebiete aus. Dieses Thema hat die Stadt die letzten Jahre lieblos bearbeitet. Deren Politik sieht so aus, dass sie bestehende Mietshäuser kauft, wo Menschen leben, die durch das Mietrecht ohnehin geschützt sind. Stattdessen müsste die Stadt neuen Wohnraum schaffen und Bauland im großen Stil ausweisen.

Neubauten im München Umland: Ist das die Lösung?

Wo denn?
Die Gebiete der SEM Ost und Nordost sind sicher nicht die falschen Ecken. Gleichzeitig müsste im Umland mehr gebaut werden. Man kann noch immer oft aus der S-Bahn aussteigen und links und rechts vom Bahnhof ist alles frei.

Doch ob Umlandgemeinden Baugebiete ausweisen - darauf hat die Stadt München doch keinen Einfluss.
Deshalb müsste das kommunale Planungsrecht verändert werden. Die Hoheit sollte nicht mehr bei einzelnen Kommunen liegen, sondern bei einer Metropolregion, die den gesamten Großraum betrachtet.

Sollte auch die Stadt mehr bauen?
Die Stadt sollte das Bauen lieber den Privaten überlassen. Denn die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind ohnehin überlastet. Lieber sollte die Stadt das Geld in die Planungen stecken.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
11 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Gisi2020 am 19.06.2023 11:21 Uhr / Bewertung:

    Er hat lange genug daran verdient, und möchte natürlich, dass es immer so weiter geht, nämlich mit den Preisen nach oben.

  • Tthomas am 18.06.2023 19:08 Uhr / Bewertung:

    Bei dem Zuzug, werden bald Zelte aufgestellt werden müssen. Aber uns gehts ja noch gut, wenn ich da nach Indien schaue.

  • Noredundgreen13 am 18.06.2023 18:59 Uhr / Bewertung:

    Na, dass der Hr. Aigner auch die freien Flächen links und rechts von der S-Bahn zubetonieren möchte, verwundert jetzt nicht. Aber mit was verdient er dann sein Geld, wenn jeder qm zubetoniert ist?

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.