Der Schreck der Telefonbetrüger: Wie ein Rentner gleich vier Mal dreiste Kriminelle hereinlegte
Pullach - Es ist eine miese Masche, die einen Boom erlebt – Telefonbetrug. Nach dem Motto: "Rate mal wer hier spricht", geben sich Kriminelle am Telefon als Verwandte in einer Notlage aus und stellen Forderungen. Viele Senioren fallen durch die geschickte Gesprächsführung der Betrüger darauf herein – und der Schaden ist groß.
Einer, der die Kriminellen überlisten konnte, ist Bruno Schmaus (76) aus Pullach – und das schon vier Mal.
Am Telefon gab er sich als "klappriger alter Mann" aus
Es war Sommer 2014, als das Telefon bei Bruno Schmaus klingelte und sich ein Mann meldete. Zunächst dachte Schmaus, es handle sich um einen früheren Studienkollegen aus Würzburg. Als der sich jedoch als sein Sohn ausgab, der gerade dabei sei, eine Wohnung in München zu kaufen, wusste Schmaus direkt: Hier handelt es sich um einen Versuch von Enkeltrickbetrug.
Der angebliche Sohn sagte, er sei gerade bei einem Notar und brauche dringend Bargeld für diesen. Die ausgeklügelte Geschichte ließ Schmaus aber recht unbeeindruckt – er schmiedete sofort einen Plan, spielte mit und hielt das Gespräch so lange wie möglich am Laufen. Der 76-Jährige erzählt, wie er sich ganze zwei Stunden als "klappriger alter Mann" ausgab und den Anrufer in der Leitung hielt. Weil Schmaus zudem davon ausging, von den Kriminellen beobachtet zu werden, irrte er scheinbar desorientiert in der Wohnung umher.
Übergabe platzt: Wegen falscher Adresse?
Unter dem Vorwand, vor lauter Gerede etwas trinken zu müssen, legte er den Hörer beiseite und alarmierte mit seinem Handy die Polizei. Um Zeit zu gewinnen, teilte er dem Gesprächspartner dann mit, er müsse erst das Geld von der Bank holen. So konnte er in Ruhe auf das Eintreffen der Polizei warten.
Als die Beamten dann klingelten, war Bruno Schmaus erst einmal verunsichert und sprach mit ihnen nur durch das gekippte Fenster. Rein durften sie erst, als er sich ganz sicher war, dass sie "echt" waren. Die Polizisten konnten nun mithören, wie Schmaus erneut mit dem Gauner sprach. Er vereinbarte eine Übergabe – zu einer Festnahme kam es schlussendlich jedoch nicht. Schmaus vermutet, die Täter haben sich in der Adresse vertan. Doch in diesem Moment hatte der Betrüger-Schreck Blut geleckt.
Rentner hat Spaß beim Betrügen von Betrügern
Nach wenigen Wochen klingelte das Telefon erneut – wieder ein Versuch von Telefonbetrug. Diesmal war es eine angebliche Tochter, die eine Wohnung kaufen wollte. Bruno Schmaus fackelte nicht lange. Er erzählte seiner "Tochter" wie schön es doch wäre, in ihre neue Wohnung mit einzuziehen. "Ich habe mir alle möglichen Sachen einfallen lassen", sagt er. Schmaus hielt auch diese Anruferin lange am Telefon.
Weil er glaubte, wieder beobachtet zu werden, führte er erneut eine Show vor – diesmal als konfuser Rentner, der den Schlüssel für seine Geldkassette hinter dem Schrank verloren hat. "Verzweifelt" versuchte er, diesen mit einem Stock hervorzuholen. "Hätte mich jemand von draußen beobachtet, der hätte gedacht, ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank", erzählt der Rentner vergnügt. Mit der gleichen Ausrede wie beim ersten Mal legte er den Hörer weg und alarmierte die Polizei. Diesmal war sein Plan erfolgreich und bei der geplanten Übergabe konnte eine 17-jährige Polin festgenommen werden.
Geschichten der Betrüger werden immer drastischer
Der dritte Anruf bei Schmaus erfolgte im Februar diesen Jahres. Hier war die ausgedachte Geschichte besonders gemein, ein typischer Schockanruf: "Papa, Papa, bitte hilf mir!", flehte sein "Sohn", der in Gefahr zu sein schien, und das Telefon an einen angeblichen Polizisten übergab, der Schmaus von einem Unfall berichtete.
Sein "Sohn" sei involviert, ein kleines Mädchen ums Leben gekommen. Da der "Sohn" nun in Untersuchungshaft sitze, müsse eine Kaution von 150.000 Euro gestellt werden. Was die Betrüger allerdings nicht wussten – Bruno Schmaus' Sohn, und zwar der echte, saß in diesem Moment neben ihm, hörte alles mit an und rief die Polizei. Eine 36-jährige Tschechin wurde gefasst.
Und noch ein weiteres Mal ließ sich Bruno Schmaus nicht überlisten. Anfang 2020 meldete sich ein Mann, der ihm Teppiche zum Schnäppchenpreis anbot. Doch auch hier ahnte Schmaus, dass etwas nicht stimmt.
Er vereinbarte ein Treffen und benachrichtigte die Polizei. Als der Verkäufer eintraf, wollte er Bruno Schmaus einen minderwertigen Teppich für 16.000 Euro andrehen. Der 76-Jährige verwickelte den Mann in ein Gespräch über den Preis, bis die Beamten vor Ort waren. Es zeigte sich, dass der Mann keinen Gewerbeschein vorweisen konnte, bereits aktenkundig war und die Masche schon mehrmals versucht hatte. Ein erneuter Erfolg für Schmaus und die Polizei.
Cleverer Rentner war einst selbst Betrugsopfer
Bruno Schmaus wusste schon früh über die verschiedenen Arten von Betrug Bescheid. Der alleinerziehende Vater erzählt, dass er einst selbst Opfer eines Dating-Betrugs gewesen ist – und seitdem besonders auf der Hut.
Schmaus arbeitete viele Jahre in der Straßenplanung. Sein Herz schlug aber immer für die Kunst: Er ist leidenschaftlicher Gedichteschreiber. Einmal habe er zur Weihnachtszeit ein Gedicht als Kontaktanzeige aufgegeben und danach einen Wäschekorb voller Briefe erhalten. "Das war ein besonderes Weihnachtsfest, als ich mit meinen Söhnen alle Briefe geöffnet und gelesen habe."
Außerdem habe er schon als Kind im Dorftheater mitgespielt und während seiner Zeit in der Bundeswehr zwei Filme im Stile Charlie Chaplins gedreht. Nun wartet er schon voller Eifer auf den nächsten verdächtigen Anruf um, um seine Fertigkeiten wieder unter Beweis zu stellen – und noch mehr Betrüger ins Netz zu bekommen.
Trickbetrug und Schockanruf: Das raten Experten
Der Verein "Weißer Ring" bietet umfassende Hilfe für Menschen an, die Opfer von Kriminalität geworden sind. Auf ihrer Internetseite raten die Experten, bei fremden Anrufern immer möglichst misstrauisch zu sein, bei aufkommender Unsicherheit am besten sofort aufzulegen und gegebenenfalls die Polizei zu alarmieren. Außerdem sollten auf keinen Fall Geld oder Wertsachen an Fremde übergeben werden. Opfer-Telefon: 089 116 006