"Umdenken statt Abbrechen": Die neue Anti-Abriss-Allianz

"Umdenken statt Abbrechen" fordert das Denkmalnetz Bayern von der Politik – zusammen mit 40 weiteren Gruppen in ganz Deutschland.
Eva von Steinburg
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Die Genossenschaft "Verein für Volkswohnungen" will die Sendlinger Wohnanlage an der Fall-/Zechstraße teilweise abreissen.
Die Genossenschaft "Verein für Volkswohnungen" will die Sendlinger Wohnanlage an der Fall-/Zechstraße teilweise abreissen. © Denkmalnetz Bayern

München - Sie verlangen "eine neue Umbaukultur". Ein breites Bündnis von Denkmalschützern, Umweltverbänden, Kulturverbänden und Sozialverbänden, darunter sind "Architects 4 Future" und das "Denkmalnetz Bayern". Für Bauten, die nur schwer wieder herzurichten sind, soll es in Zukunft eine staatliche finanzielle Förderung geben. "Um Abriss zu vermeiden und so das Klima zu schützen", fordert am Dienstag die neugegründete bundesweite Anti-Abriss-Allianz.

Das bedrohte Café Kustermann in Solln wurde gerettet

In München hat das Denkmalnetz Bayern das Café Kustermann in Solln bereits "gerettet". Die alte Schlosswirtschaft in Planegg jedoch verloren (AZ berichtete). Der Bau wurde abgebrochen, obwohl das Denkmalnetz auf Akteneinsicht geklagt hatte.

Vom Abriss gefährdet sind in München aktuell das Moosacher Botanikum in der Feldmochinger Straße, der Studiobau des Bayerischen Rundfunks nahe dem Hauptbahnhof und einige Bauten aus den siebziger Jahren im Tucherpark München, sagt Elke Wendrich, Sprecherin des Denkmalnetz Bayern.

2012 haben 450 engagierte Menschen dieses Netzwerk in München gegründet, um sich über abrissgefährdete Denkmäler auszutauschen und Informationen zu bündeln. Damit sind sie Vorbild für Gründungen in Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern geworden.

Abriss von Genossenschaftswohnungen: Beim Neubau bleibt die Miete nicht günstig

Sie haben den Abriss-Atlas-Deutschland mitbegründet, der die gefährdeten Gebäude dokumentiert. Karin Nobs vom Denkmalnetz hat diesen Fokus: Der Wohnanlage Fall-/Zechstraße in Sendling droht ein Teilabriss. Denn es gibt einen "Instandhaltungsstau" bei den 152 Wohnungen, 1911 vom "Verein für Volkswohnungen" gebaut. "Der Vorstand der Genossenschaft hält es für wirtschaftlicher, die alte Wohnanlage durch einen Neubau zu ersetzen. Dann könnte die günstige Miete aber nicht gehalten werden", sagt Karin Nobs.

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Die Sorge ist groß, dass an der Zechstraße ein wichtiges Stück "baukulturelle Geschichte" vernichtet wird. Denn: "Die Anlage ist abwechslungsreich gegliedert. Im Hinterhof steht sogar noch das alte Badehaus", sagt Karin Nobs. Die Häuser in Sendling gelten als stadtbildprägende Einheit. "Sanierung ist immer ökologischer und oft günstiger als ein Neubau", sagt die Denkmalschützerin.

Anti-Abriss-Allianz hat sieben Forderungen an die Politik

Als Mitglied der bundesweiten Anti-Abriss-Allianz hat das Denkmalnetz Bayern am Dienstag sieben Forderungen an die Politik gerichtet: Alte Bauten sanieren, Abrisse erst prüfen, Leerstand nutzen, Machbarkeitsstudien erstellen, Gesetze angleichen, besondere Bauten erhalten, herausfordernde Fälle finanziell fördern.

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Ein Abriss zerschneidet soziale Strukturen in der Stadt

Begründung: Die Praxis von Abriss und Neubau sei "nur vermeintlich alternativlos". Abriss vermeiden heißt Klima schützen. 7,7 Tonnen Abrissschutt fallen übrigens pro Person pro Jahr an. Das ist ein gut gefüllter Schuttcontainer für jeden Münchner. Damit geht nicht nur graue Energie verloren (Beton), sondern auch "goldene Energie", das kulturelle Erbe. Leon Beck von Architects 4 Future findet: "Ein Abriss im Quartier zerschneidet gewachsene soziale Strukturen und unterbricht das Kontinuum der Stadt."

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  • tutnixzursache am 13.02.2025 09:06 Uhr / Bewertung:

    Städte sind überwiegend durch Umbau, Abriss und Neubau gewachsen. Dabei wurde altes, nicht mehr passendes erweitert, verbessert, vergrößert, modernisiert. Denkmalchutz ist leider immer häufiger "Denk mal" Schutz... man will ganze Siedlungen unter "Schutz" stellen, veraltete Schulgebäude aus den 70er Jahren können nur mit erheblichem (finanziellen) Aufwand renoviert werden, Einfamilienhäuser dürfen plötzlich (trotz bestehender Abrissgenehmigung) nicht mehr abgerissen werden.
    Denkmalschutz sollte sich auf wirklich wichtige Gebäude konzentrieren und nicht die Modernisierung und das Wachstum einer Stadt behindern. Städte sind lebendige Organismen und keine Museums-Dörfer. Und es ist allemal besser, eine bestehnede Bebauung entweder zu erweitern (z.B mehr Etagen) oder durch eine neuere, moderne Bebauung mit mehr Wohneinheiten zu ersetzen als ständig neue Bodenflächen zu versiegeln weil man eine 3-stöckige Bebauung nicht durch eine 5- oder 6-stöckige ersetzen darf.

  • gubr am 12.02.2025 16:45 Uhr / Bewertung:

    Es ist wieder die gleiche Denkweise, die nur aus Schwarz und Weiß besteht. Ich bin auch dafür, dass historische und architektonisch wertvolle Gebäude erhalten werden müssen. Damit meine ich aber Gebäude vor der Weltkriegszeit oder die im Stil dieser Bauten nachgebaut wurden. Wenn ich aber sehe, was diese Leute alles retten wollen, dann kann ich das mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehen. Den Gebäuden eine vernünftige Wärmedämmung zu verpassen ist kaum möglich und sowieso nagt der Zahn der Zeit an allem inkl. der Bausubstanz. Retten macht da wenig Sinn.
    Da wäre ich eher für Vorschriften, die Neubauten architektonisch an die alten Gebäude anzupassen, damit das Stadtbild erhalten bleibt. Daran denkt aber anscheinend niemand.

  • AufmerksamerBürger am 12.02.2025 17:28 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von gubr

    Danke für den ausgezeichneten Kommentar!
    Die Umsetzung scheitert vermutlich am Mitdenkvermögen der Verantwortlichen.

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