TUM-Studenten entwickeln lebensrettende Defibrillator-Drohne

Studierende der TU München haben eine Drohne entwickelt, die schneller als ein Krankenwagen Erste Hilfe bringt. Warum der Name des Flugobjekts an eine Horrorfigur erinnert.
Hüseyin Ince
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Silencio Gamma, das vorläufige Endprodukt aus fast drei Jahren Entwicklung. Das nächste Modell soll acht statt vier Propeller haben.
horyzn 2 Silencio Gamma, das vorläufige Endprodukt aus fast drei Jahren Entwicklung. Das nächste Modell soll acht statt vier Propeller haben.
Fräsen, kleben, witzeln: Batuhan Yumurtaci mit Kommilitoninnen.
horyzn 2 Fräsen, kleben, witzeln: Batuhan Yumurtaci mit Kommilitoninnen.

München - Flugdrohnen haben nicht das allerbeste Image. Entweder, sie sind bekannt als die nervigen Spielzeuge, die vielleicht eine Kamera an Bord haben, die einen filmen könnte. Oder deutlich schlimmer: Mit einigen Modellen kann Krieg geführt werden. Sie werfen Bomben oder schießen Raketen ab, töten also Menschen.

Projekt "Horyzn": Notfallflieger soll Leben retten

58 Studierende der TU München aus 21 Nationen und acht Studiengängen nutzen die Möglichkeiten einer unbemannten Drohne, um das genaue Gegenteil von Tod zu erreichen: Sie haben unter dem Projektnamen "Horyzn" Ende 2019 in 340 Tagen einen Notfallflieger entwickelt, der künftig Menschenleben retten könnte, vor allem auf dem Land - wo Notärzte oft weitere Wege haben.

Prototyp "Silencio Gamma" hat zwölf Kilometer Reichweite

Ihre Drohne hat statt Bomben einen Defibrillator an Bord, der von jedem bedient werden kann, um Patienten mit einem Herzstillstand wiederzubeleben. Der aktuelle Prototyp: "Silencio Gamma".

"Die Drohne wiegt drei, ein Defibrillator etwa 0,5 Kilogramm. Derzeit haben wir eine Reichweite von zwölf Kilometern", sagt Barlas Türkyilmaz, zuständig für den Flugzeugentwurf.

Defi-Drohne soll vier Minuten schneller als ein Krankenwagen sein

Die batteriebetriebene Drohne soll also im Umkreis von etwa sechs Kilometern eingesetzt werden können. "Die Reichweite können wir vergrößern, falls es notwendig ist", sagt Türkyilmaz.

Fräsen, kleben, witzeln: Batuhan Yumurtaci mit Kommilitoninnen.
Fräsen, kleben, witzeln: Batuhan Yumurtaci mit Kommilitoninnen. © horyzn

Ein Krankenwagen braucht bundesweit rund neun Minuten, bis er nach einem Notruf am Einsatzort ankommt. Laut den Studierenden der TU braucht die Drohne deutlich kürzer: etwa fünf Minuten, bis der Defibrillator beim Patienten ankommt.

"Silencio Gamma": "Die erste Drohne ihrer Art"

Vor Ort kann die Drohne aus etwa zehn Metern Höhe per Seilwinde einen Defibrillator zu Ersthelfern herunterlassen und fliegt wieder zurück zum Startpunkt.

Das Gerät fliegt grundsätzlich autonom. Nur das Ablassen des Defibrillators muss eine Flugeinsatzzentrale lenken, die per Kamera den idealen Fleck aussucht, wo die Seilwinde aktiviert werden kann.

Die Überlebenschance für Patienten mit Herzstillstand verdreifache sich dadurch, erklärt die Studentin Sonja Dluhosch, "es ist die erste Drohne ihrer Art", sagt sie. Da stellt sich natürlich die Frage, wie viele Menschen in Deutschland eigentlich pro Jahr einen Herzstillstand erleiden. Das haben die Studierenden herausgefunden, bevor sie das Fluggerät entwickelten: Es sind etwa 75.000. Überlebensrate: ernüchternde elf Prozent.

Defibrillator-Drohne: Bedarf besteht vor allem im ländlichen Raum

Das Fluggerät ist besonders schnell zur Stelle, weil es aus seinem Drohnenport senkrecht in die Luft starten und dann mit rund 125 km/h wie ein Flugzeug weiterfliegen kann. "Dass vor allem in ländlichen Gebieten ein Bedarf an schnell verfügbaren Defibrillatoren herrscht, haben wir aus Gesprächen mit der Münchner Einsatzleitstelle erfahren", sagen die Studierenden bei einer Presseveranstaltung am Donnerstagnachmittag.

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Ursprünglich sollten auch Blutkonserven oder Medikamente schnellstmöglich transportiert werden. Jetzt spezialisieren sich die jungen Entwickler auf Defibrillatoren.

Defi-Drohne: Nächster Prototyp heißt Frankenstein

Derzeit hat Silencio Gamma vier Propeller. Die nächsten Prototypen werden acht Rotoren haben und Frankenstein heißen. Den Grund erklärt Softwareentwickler Batuhan Yumurtaci: "Das erste Modell haben wir aus Teilen zusammengebastelt, die aus allen möglichen Uni-Laboren stammten", erzählt er, "außerdem fanden wir den Namen deshalb passend, weil wir mit einem schnellen Defibrillator Menschen ins Leben zurückzuholen." Bis 2023 wird eifrig bis zur Produktreife weiterentwickelt. Erst dann kann Frankenstein irgendwann Leben retten.

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