Tödliche U-Bahn-Schubserei: Angeklagter entschuldigt sich
München - Es ist eine Szene, wie sie sich tausende Male jeden Tag in der Münchner U-Bahn abspielt. Eine Bahn fährt ein, ein Knäuel von Menschen will in den Waggon. Doch am 3. Juni des vergangenen Jahres endet diese alltägliche Szene tödlich. Ein 87-Jähriger bekommt einen Stoß ab und fällt nach hinten um.
Die Kopfverletzungen sind so gravierend, dass das Opfer wenige Wochen später an den Folgen stirbt. Der Mann, der ihn gestoßen hat, sitzt seit Donnerstag auf der Anklagebank. Der 37-jährige Lagerlogistiker muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten.
Gleich zu Beginn des Prozesses entschuldigt sich Martin S. für den Vorfall: "Es tut mir wahnsinnig leid. Ich wollte zu keiner Zeit, dass das so ausgeht und dass das passiert." Und er fügt an, dass ihm der Tod des Opfers "schwer zu schaffen macht".
Angeklagter kann sich nur noch "schemenhaft" erinnern
Die Ermittler haben den Fall so rekonstruiert: Gegen 13:43 Uhr standen sowohl der Angeklagte als auch sein Opfer auf dem Bahnsteig am Marienplatz. Beide wollten mit der U3 in Richtung Moosach fahren. Als die U-Bahn einfuhr, kam es zunächst zu einem kurzen Streit zwischen den beiden. Martin S. soll zu dem 87-Jährigen "Geh weg, du Penner" gesagt haben.
Als sich dann die Türen der U-Bahn öffneten, hat Martin S. laut Anklage mit einer gezielten Ausholbewegung geschubst. Weil es ihm nicht schnell genug ging, glauben die Ermittler. Dass sein Opfer ein alter Mann war, dessen Schutzreflexe nicht mehr gut funktionieren, habe Martin S. dabei erkannt. Der 87-Jährige fiel ungebremst auf den Hinterkopf, erlitt ein Schädelhirntrauma mit Blutungen.
Immerhin half Martin S. dem Gestürzten auf, setzte ihn gemeinsam mit einem anderen Mann auf eine Bank. Doch dann soll er versucht haben zu fliehen. Ein Zeuge zerrte ihn wieder aus dem Waggon.
In der Darstellung von Martin S., die sein Anwalt Michael Pösl verliest, klingt das Geschehen viel harmloser. Der 87-Jährige habe jünger gewirkt, es sei auch kein gezielter Stoß, sondern lediglich eine "Wischbewegung" gewesen, die den Mann zu Fall brachte. Und danach in die U-Bahn zu steigen, war nicht seine Idee gewesen, sondern die seiner Ex-Lebensgefährtin.
Allerdings kann sich Martin S. nur noch "schemenhaft" erinnern. Der Junkie, dem die Ärzte schon 40 Mal wegen einer Überdosis das Leben retten mussten, hatte zum Tatzeitpunkt reichlich Psychopharmaka und Methadon im Blut.
Lesen Sie hier: 13-Jährige missbraucht: Über sechs Jahre Haft