Streit um IAA: Automesse entzweit die Stadtpolitik
München - "Mit dem Open Space liefern wir Ihnen ein außergewöhnliches Format, bei dem Sie Endkonsumenten an den prominentesten Plätzen der Münchner Innenstadt von sich überzeugen können."

So bewirbt der Verband der Automobilindustrie (VDA), der die IAA veranstaltet, auf seiner Webseite die Open Spaces. Das sind die öffentlichen Plätze, auf denen sich die Autohersteller während der Messe präsentiert haben. Dass die Münchner Innenstadt zu einer riesigen Werbefläche werden würde, war also kein Geheimnis. Darauf weist SPD-Stadträtin Lena Odell hin, als das Gremium gestern mehr als drei Stunden über die IAA diskutierte.
Die riesigen Open Spaces bei der IAA: Wie konnte es dazu kommen?
Der Stadtrat hätte es wissen können, sollte das bedeuten. Trotzdem ist über die Open Spaces ein Streit entbrannt: Denn so recht konnten sich der Stadtrat, die Verwaltung, aber auch der Münchner Oberbürgermeister offensichtlich nicht mehr erinnern, wie es kam, dass am Odeonsplatz und auf dem Königsplatz so riesige Aufbauten stehen durften.
Hat der Stadtrat das tatsächlich so beschlossen? Oder hat die Verwaltung geschlampert - und hat sich die IAA zu Unrecht zu viel des öffentlichen Raumes angeeignet?

Für viele Gegner ist klar: Verantwortlich dafür ist der Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Das Bündnis #noiaa hat sogar seinen Rücktritt gefordert. Auch Stadträte greifen ihn an.
Dominik Krause (Grüne) ließ durchblicken, dass das Nutzungskonzept, das der Stadtrat (allerdings in nicht-öffentlichen Sitzungen) beschloss, nicht dem entsprach, was die Autobranche am Ende auf den öffentlichen Plätzen aufbauten. Der Wirtschaftsreferent hätte sich darum besser kümmern müssen, findet Krause.
Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner in der Kritik
Auch Stefan Jagel von der Linken betonte, dass er ein großes Misstrauen gegenüber dem Wirtschaftsreferenten habe - zum einen, weil Baumgärtner in seinen Unterlagen ein fast ausschließlich positives Fazit über die IAA zog, zum anderen, weil sich auch die Linke über die Dimensionen der Open Spaces wunderte. Deshalb forderte die Linke gemeinsam mit der ÖDP, dass Ausstellungsflächen in der Innenstadt beim nächsten Mal abgeschafft werden. Allerdings fand dieser Vorschlag keine Mehrheit.
Denn ohne die Open Spaces gäbe es auch keine IAA in München mehr. Denn dass sich die Autobranche in der ganzen Stadt zeigen durfte, war eine Bedingung, dass sich die Messe überhaupt für München entschieden hat. CSU, SPD aber auch die Grünen waren sich einig, dass man das Event nicht aufgeben will. Schließlich, so der Tenor, hängen an der Autobranche in München Tausende Arbeitsplätze - und damit Gewerbesteuereinnahmen.
Open Spaces bei der IAA: Wurden Stadtratsbeschlüsse missachtet?
Eine gründliche Aufarbeitung soll es aber geben. Das forderte auch die grün-rote Stadtratsmehrheit. Es soll geklärt werden, ob Stadtratsbeschlüsse missachtet worden sind. Außerdem soll die Stadt einen runden Tisch mit Vertretern der IAA und der Messe einberufen, um Vorschläge für Verbesserungen zu erarbeiten.
Der Münchner OB Dieter Reiter (SPD) stellte allerdings schon jetzt klar: Mehr als die Größen der Flächen hat der Stadtrat damals nicht geregelt. Es habe bis auf den Platz vor der Feldherrnhalle keine Höhenbeschränkungen und auch sonst keine Reglementierungen gegeben. Der Stadtrat, so stellte es auch die Chefin der SPD-Fraktion Anne Hübner dar, hätte sich mehr einbringen müssen. Gerade mal drei Anträge habe es zur IAA gegeben. "Kein einziger hat sich mit den Open Spaces beschäftigt", sagte sie.
Verträge zu Open Spaces wurden von VDA und Messe unterzeichnet
Eine Aussage, die für neuen Streit mit ihrem Koalitionspartner, den Grünen, sorgen könnte. Denn, wie es aus Stadtratskreisen heißt, stimmten die in einer der letzten nichtöffentlichen Sitzungen des alten Stadtrates gegen die Open Spaces. Offenbar hatten die Grünen schon damals Bedenken. Und die sind geblieben: "Dass man die Kontrolle über den öffentlichen Raum an die IAA abgibt, darf nicht mehr passieren", sagte Grünen-Stadträtin Gudrun Lux. Schließlich habe sich die Stadt eine Verkehrswende vorgenommen.
Fakt ist: Die Verträge, die auch die Ausgestaltung der Open Spaces geregelt haben, unterzeichneten der VDA und die Messe. Die Stadträte kennen sie nicht - und angeblich nicht einmal Wirtschaftsreferent Baumgärtner. Verteidigt wurde der von seiner Partei, der CSU. Aber auch er selbst blieb dabei: Die IAA habe sich zu einem "Magneten" für München entwickelt, der Touristen aus aller Welt anzieht. "Ist es notwendig, diesen Erfolg zu zerreden?", fragte er.
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